- Wir haben zehn Fahrradtaschen (u.a. von Ortlieb und Vaude) in einen umfangreichen Praxistest geschickt.
- Außerdem haben wir untersuchen lassen, ob die Radtaschen problematische Inhaltsstoffe enthalten, die Gesundheit oder Umwelt gefährden könnten.
- Wir können nur zwei Taschen empfehlen, "sehr gut" ist sogar nur ein Modell.
Ganz gleich, ob man auf dem Fahrrad zur Arbeit oder zum Einkaufen fährt: In Ermangelung eines Kofferraums ist der Radler auf Körbe, Rucksack oder (Sattel-)Taschen angewiesen, will er nicht mit dem Fahrradanhänger – oder gleich mit dem Lastenrad – auf Tour gehen. Wer sein Gewicht nicht gerne auf dem Rücken trägt und mehr als einen kleinen Einkauf transportieren will, wird sich nach einer stabilen Fahrradtasche umsehen wollen. Gerade für Radtouren sind sie optimal.
Fahrradtaschen: Modelle für Alltag und Touren
Alltagstaugliche Fahrradtaschen sind im Hauptfach unterteilt, sodass Laptop oder Aktenordner vom restlichen Inhalt getrennt werden können. Das klassische Modell für Radreisen ist eher kastenförmig und kaum aufgeteilt. Üblicherweise sind Fahrradtaschen aus belastbarem Material gefertigt, das als wasserdicht oder zumindest wasserabweisend ausgelobt wird. "Wenn nicht, sollte auf alle Fälle eine Regenhülle dabei sein", rät René Filippek vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC).
Befestigt werden die Taschen am Gepäckträger über dem Hinterrad. Gerade beim Transport schwerer Gegenstände sollte darauf geachtet werden, dass der Gepäckträger ein bestimmtes Gewicht aushält. Standardträger sind für 25 kg ausgelegt, Reisegepäckträger schaffen auch 40 kg. "Je tiefer der Schwerpunkt der Tasche, und umso näher er an der Nabenmitte liegt, desto angenehmer fährt es sich", weiß Filippek. Eine Faustregel für das maximale Gewicht gibt es seiner Meinung nach aber nicht.
Fahrradtaschen im Test: Einmal "sehr gut", einmal "gut"
In unserem Test haben wir alltagstaugliche Fahrradtaschen überprüft, also keine Ausstattung für die Fahrradexpedition in die Anden. Getestet wurden zehn Modelle aus unterschiedlichen Materialien, die am Gepäckträger über dem Hinterrad montiert werden. In einem Praxistest ließen wir ihre Belastbarkeit und Wasserdichtheit prüfen, Labore analysierten problematische Inhaltsstoffe.
Schon im Praxistest zeigten gleich sechs der zehn getesteten Produkte Schwächen. Acht Fahrradtaschen strotzten nur so vor Schadstoffen. Nur je eine Fahrradtasche erreicht deshalb das Gesamturteil "sehr gut" beziehungsweise "gut".
Fahrradtaschen: Viele Nähte sind nicht wasserdicht
Wer Papiere, einen Laptop oder andere nässeempfindliche Utensilien transportiert, will sie in der Fahrradtasche vor Regen und Spritzwasser geschützt wissen. Deshalb haben wir gemessen, wie wasserdicht die Taschen jeweils sind. Dazu wurde der Taschenstoff in eine Apparatur eingespannt und dann über einen mit Wasser gefüllten Zylinder, die sogenannte "Wassersäule", solange Druck aufgebaut, bis sich auf der anderen Seite drei Tropfen durch das Material drückten.
Vor allem die Nähte einiger Modelle ließen dabei zu wünschen übrig: Während vier Taschen sowohl auf den Flächen als auch an den Nähten einer Wassersäule von 7000 mm und mehr standhielten, gingen fünf Produkte schon bei 100 bis 220 mm Wassersäule an den Nähten in die Knie. Zum Vergleich: Wer sich auf eine feuchte Parkbank setzt, baut unter seinem Allerwertesten einen Druck auf, der 2000 mm Wassersäule entspricht. Funktionsmaterialien gelten je nach Normierung ab 4000 mm Wassersäule als wasserdicht, erreichen aber auch Werte von 1.000 bis 3.000 cm.
Gepäckträgertaschen in der Belastungsprüfung
Keine lange Freude dürfte das billigste Modell im Test seinen Besitzern bereiten: Es bestand die Belastungsprüfung nicht. Danach war das Außenmaterial an einer Stelle durchgescheuert, innen war ein Bruch des Trägermaterials erkennbar. Die anderen Testprodukte absolvierten die simulierte tägliche Schüttelei auf holprigen Radwegen hingegen mit Bravour.
Fahrradtaschen-Test: Problematische Inhaltsstoffe
Keine der getesteten Fahrradtaschen war frei von Schadstoffen. Nur eine Tasche erreicht beim Testergebnis Inhaltsstoffe ein "gut".
Etliche Modelle fielen durch (stark) erhöhte Gehalte an bedenklichen Weichmachern aus der Gruppe der Phthalate auf, die unter anderem verdächtigt werden, die Fortpflanzungsorgane zu schädigen und wie ein Hormon zu wirken. In sieben von zehn Produkten ergab die chemische Analyse phosphororganische Verbindungen: Sie werden häufig als Flammschutzmittel für Kunststoffe eingesetzt, aber auch als Weichmacher. Einige sind möglicherweise krebserregend.
Packtaschen mit schädlichen Schwermetallen
Auch im Fahrradtaschen-Test fielen wieder Produkte mit zinnorganischen Verbindungen auf. Diese sehr giftigen und in der Umwelt nur schwer abbaubaren Substanzen verschwinden nur langsam aus Verbraucherprodukten. Sie werden beispielsweise als Stabilisatoren für PVC eingesetzt, um für Hitze- und Lichtbeständigkeit zu sorgen.
Eine völlig unnötige Umweltbelastung sind die gefundenen giftigen Schwermetalle Cadmium, Blei und Chrom. Eine Gepäcktasche schrammte deshalb nur knapp an unserem Stempel "nicht verkehrsfähig" vorbei. Denn gemäß der REACH-Verordnung dürfen aus Kunststoffen hergestellte Gemische und Erzeugnisse nicht in den Verkehr gebracht werden, wenn ihr Cadmiumgehalt 0,01 Gewichtsprozent des Kunststoffs oder mehr beträgt – was hier der Fall war.
Fahrradtaschen im Test: Hersteller-Redaktionen
Allerdings lässt die Regelung Ausnahmen zu: Sie gilt nicht für Erzeugnisse, die vor dem 10. Dezember 2011 in Verkehr gebracht wurden und auch nicht für Recycling-PVC. Da dies nicht zu klären war und die Hersteller-Firma nicht auf unsere Mitteilung reagierte, bleibt es bei einer Abwertung von vier Noten für Cadmium.
Mehrere Hersteller (Basil, Burgers, Ortlieb, Vaude) ließen uns hingegen Reaktionen zukommen, in denen Sie zu den Ergebnissen des Praxistests und zu gefundenen Inhaltsstoffen Stellung beziehen. Sie finden die Reaktionen in der ePaper-Version dieses Tests.
Alternativen zur Gepäckträgertasche
Jedes Transportbehältnis, das auf dem Rad verwendet wird, hat seine Vor- und Nachteile. Neben der Fahrradtasche bieten sich folgende Tornister an:
- Ein Rucksack geht selbst dann, wenn das schnittige Velo keinen Gepäckträger besitzt, kann aber auf längeren Strecken unbequem werden und lässt den Träger am Rücken schwitzen.
- Eine Alternative können sogenannte Messenger-Bags sein – flexible Umhängetaschen mit Schultergurt, wie man sie von Fahrradkurieren kennt. Doch auch die Hängetasche ist nicht jedermanns Sache, kann sie doch beim Fahren verrutschen und muss dann wieder auf den Rücken geschoben werden. "Bessere Kuriertaschen haben einen weiteren Gurt, der die Tasche fixiert und auch während der Fahrt nachgezogen werden kann", so René Filippek vom ADFC.
- Bei Körben muss man aufpassen: Sie tragen nicht viel Gewicht, insbesondere, wenn sie am Lenker angebracht sind. Und: Körbe aus Bast sehen zwar anfangs schick aus, können aber schneller auseinanderfallen als ein Metallkorb.
Fahrradtaschen: Tipps für die richtige Wahl
Beim Kauf einer Hinterradtasche sollte Folgendes berücksichtigt werden:
- Achten Sie auf die Verarbeitung: Die Nähte der Fahrradtasche sollten nicht gespannt sein oder eng am Stoffrand entlang verlaufen, da sie sonst schnell reißen können. Reißverschlüsse sollten gut verdeckt und wasserdicht sein.
- Griff, Schultergurt oder beides? Wie wollen Sie die Tasche tragen, wenn sie vom Rad genommen wird?
- Hat die Radtasche verschiedene Fächer, beispielsweise um den Laptop getrennt von den eingekauften Lebensmitteln transportieren zu können?
- Der Gepäckträger sollte stabil mit mindestens zwei Streben befestigt sein und nicht wackeln. Andernfalls macht sich eine beladene Tasche bei Kurvenfahrten schlenkernd bemerkbar und gefährdet damit auch Ihre Sicherheit.
- Eine weitere Klemme, die die Tasche an den Gepäckträgerstreben hält, verleiht zusätzliche Stabilität.
- Damit das Rad beim Einhängen der Tasche nicht umfällt oder festgehalten werden muss, empfiehlt sich ein sogenannter Hinterbauständer in der Nähe des Hinterrads.
- Für Taschen, die vorne am Rad montiert werden, gibt es spezielle Gepäckträger und Gestelle, sogenannte 'Lowrider'. Beladene Taschen am Vorderrad wirken sich allerdings nachteilig auf das Fahrverhalten aus.
- Weitere Information bietet der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) auf seiner Webseite, u.a. in den Beiträgen "Richtig packen" und "Sicher fahren mit Gepäck".
Das rät ÖKO-TEST
- Für unter 20 Euro bekommen Sie keine qualitativ hochwertige Fahrradtasche: Das billigste Produkt in unserem Test war sowohl im Praxis- als auch im Schadstofftest "ungenügend".
- Überlegen Sie vor dem Kauf, was transportiert werden soll, und wählen Sie eventuell eine Tasche mit Unterteilung. Achten Sie bei Taschen, die nicht als wasserdicht ausgelobten sind, unbedingt auf eine zusätzliche Regenhülle.
- "Beim Kauf einer Fahrradtasche probiert man am besten aus, ob sie vernünftig ans Rad passt. Sie sollte so angebracht werden, dass man beim Fahren nicht mit der Ferse dagegen stößt. Gerade bei kleineren Rahmengrößen kann dies ein Problem sein." (René Filippek, ADFC)
Die Testsieger, die Testtabelle sowie das gesamte Ergebnis im Detail lesen Sie im ePaper.
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