In den vergangenen Wochen hat es in vielen Regionen Deutschlands nur selten geregnet. Müssen die Landwirte, die bereits in den vergangenen Jahren mit Dürre zu kämpfen hatten, um ihre Ernte fürchten? Noch sei die Lage nicht dramatisch, sagte Andreas Brömser, Agrarmeteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach, der Deutschen Presse-Agentur. Die meisten Pflanzen kämen noch ganz gut zurecht mit der Rest-Feuchte im Boden. Wenn es bis Ende Mai nicht regne, könne sich das aber ändern.
Noch zehren die Böden vom nassen Winter
Im Winter habe es eher überdurchschnittlich geregnet, sagte Brömser. "Die Böden waren gut mit Wasser aufgefüllt." Dann aber kam "ein außergewöhnlich trockener März". Regen im April habe die Situation zunächst wieder entspannt. "Unterhalb von 20, 30 trockenen Zentimetern ist ausreichend Feuchtigkeit im Boden aus dem vergangenen Winter."
Trockenheit habe vor allem dann Negativwirkung, wenn sie lange andauere, betonte auch Andreas Marx, Leiter des Mitteldeutschen Klimabüros und zuständig für den Dürremonitor des Helmholtz Zentrum für Umweltforschung. Zwar könnten in Regionen mit besonders trockenen Böden Verzögerungen beim Pflanzenwachstum auftreten. Das müsse aber zu diesem Zeitpunkt nicht bedeuten, dass auch die Erträge niedrig ausfallen.
Ein Beispiel sei das Jahr 2014 mit einem extrem trockenen April, aber überdurchschnittlich hohen Erträgen. Zudem sei die Situation in tieferen Bodenlagen deutlich entspannter als an der Oberfläche. Das gilt aber nicht für alle Gebiete in Deutschland.
Im Norden regnet es zu wenig
"Wenn man allerdings auf große Sträucher und vor allem Bäume schaut, ist die Situation anders", sagte Marx der dpa. Denn für den sogenannten Gesamtboden, der auch die tieferen, von den Baumwurzeln erfassten Bodenschichten berücksichtigt, weist der Dürremonitor dunkelbraune Punkte auf. Das betrifft etwa Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Teile Nordrhein-Westfalens.
Hier handele es sich allerdings nicht um ein neues Dürre-Ereignis, sondern um Bereiche, in denen seit 2018 die Bodenfeuchte zurückging und seitdem etwa in den Wintermonaten nicht ausreichend aufgefüllt wurde, erläuterte Marx. In den betroffenen Wäldern müsse bereits jetzt mit Schäden auch im Sommer 2022 gerechnet werden.
Seit rund vier Wochen beobachten die Meteorologen "eine sehr ungleiche Verteilung" der Niederschläge, wie Brömser ausführte: Im Norden falle seit Wochen so gut wie kein Regen, im Süden gab es immerhin Schauer und Gewitter. "Im Norden und in der Mitte liegt die Bodenfeuchte deutlich unter den Werten, die für Mitte Mai üblich sind." Im April etwa fielen im Nordosten Deutschlands teilweise nur 25 Liter Regen pro Quadratmeter und verstärkten das bereits bestehende Niederschlagsdefizit.
Für die Landwirtschaft sei das aktuell noch kein großes Problem, sagte DWD-Agrarmeteorologe Brömser: Getreide, das vor dem Winter gepflanzt wurde, habe bereits tiefe Wurzen, die feuchte Schichten im Erdreich erreichen könnten. Kritischer sei neu Gepflanztes wie Zuckerrüben, Mais oder Soja, denn deren Wurzeln seien noch nicht genug ausgeprägt: "Sie erreichen die feuchten Schichten nicht."
Drohen Waldbrände?
In den meisten Regionen sei die Waldbrandgefahr "mäßig". Die Blätter seien noch grün und nicht so brandanfällig. In den nächsten Tagen könnte der Waldbrandindex im Osten aber auf die höchste Stufe klettern, sagte Brömser.
Eine grundlegende Änderung sieht der Meteorologe kurzfristig nicht: Am Wochenende bleibe es trocken, Anfang nächster Woche könnte es Gewitter geben, aber dabei bleibt der Niederschlag naturgemäß lokal begrenzt. "Ein schöner Landregen ist nicht in Sicht."
Erst vor wenigen Tagen hatten die Vereinten Nationen (UN) ihren Dürrebericht vorgestellt. Er verdeutlichte, wie gravierend die Auswirkungen sind, wenn aus Trockenheit Dürre wird – nicht nur in den Ländern des Sahel.
So wurden in Europa im vergangenen Jahrhundert immerhin 45 größere Dürren verzeichnet, die Millionen Menschen betrafen und einen wirtschaftlichen Gesamtschaden von 26,4 Milliarden Euro verursachten. Inzwischen seien rund 15 Prozent der Landfläche und etwa 17 Prozent der Bevölkerung der EU von Dürre betroffen, so der UN-Bericht.
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