Das EU-Parlament hat heute grünes Licht für eine neue Richtlinie gegeben, die unter anderem zahlreiche Umweltaussagen auf Produkten verbietet. Die mit einer stark überwiegenden Mehrheit angenommene Richtlinie soll Verbraucher in der EU zukünftig vor missverständlicher Werbung schützen und so dabei helfen, bessere Kaufentscheidungen zu treffen.
Dazu wird die EU-Liste der unlauteren Geschäftspraktiken gezielt erweitert, um in Zukunft auch Behauptungen abzudecken, die mit Greenwashing zusammenhängen. Die neuen Vorschriften zielen auf allgemeine Aussagen wie "umweltfreundlich", "natürlich", "biologisch abbaubar", "klimaneutral" oder "öko" ab: Diese sind in Zukunft verboten, sofern sie von den Herstellern nicht nachgewiesen werden können.
Unbelegte Umwelt-Aussagen werden verboten
Die neue Richtlinie legt auch fest, dass Hersteller künftig nicht mehr behaupten dürfen, ein Produkt habe aufgrund von Emissionsausgleichssystemen eine neutrale, reduzierte oder gar positive Auswirkungen auf das Klima. Zu solchen Emissionsausgleichssystemen zählen auch die umstrittenen Kompensationszahlungen, die Hersteller nutzen, um ihre CO₂-Bilanzen auszugleichen.
Die heutige Entscheidung des EU-Parlaments ist auch ein Erfolg für ÖKO-TEST – schließlich setzen wir uns schon lange dafür ein, dass solche missverständlichen Behauptungen vom Markt verschwinden.
"Dass das EU-Parlament sich so klar gegen Greenwashing mit leeren Umweltversprechen ausgesprochen hat, ist ein wichtiger Schritt", so Kerstin Scheidecker, Chefredakteurin von ÖKO-TEST. "Wir werten Produkte, die mit vermeintlicher Klimaneutralität werben, konsequent ab – weil es keine 'klimaneutralen' Produkte gibt." Sie bekräftigt: "Gut, dass die EU diesen falschen grünen Versprechen nun einen Riegel vorschiebt."
Auch andere Verbraucher-Organisationen fühlen sich durch die heutige Entscheidung bestätigt. "Das EU-Parlament hat heute für die Rechte der Verbraucher:innen und für den Schutz des Klimas gestimmt", so Manuel Wiemann von Foodwatch. "Hinter Klimaneutral-Labels steckt ein Riesenbusiness", wie er kritisiert. "Unternehmen müssen nicht ihre eigenen Emissionen reduzieren, sondern können durch günstige Zertifikate von fragwürdigen Klimaschutzprojekten ihre CO₂-Bilanz schönrechnen."
Nachhaltigkeitssiegel werden eingeschränkt
Selbst in Straßburg, wo die Richtlinie heute verabschiedet wurde, ist Begeisterung spürbar. Berichterstatterin Biljana Borzan (S&D, Kroatien) erklärte: "Dieses Gesetz wird das tägliche Leben aller Europäer verändern!" Sie fügte hinzu, dass es Unternehmen nicht mehr möglich sein werde, "die Menschen irrezuführen, indem sie beispielsweise behaupten, dass Plastikflaschen ökologisch sind, weil irgendwo Bäume gepflanzt werden, oder dass ein Produkt nachhaltig ist, ohne die Gründe dafür offenzulegen."
Doch die neue Richtlinie geht noch über das Verbot von Greenwashing-Behauptungen hinaus. Reguliert wird künftig auch die Verwendung von Nachhaltigkeitssiegeln, die nicht nur zu zahlreich sind, sondern sich auch kaum vergleichen lassen, wie das Parlament kritisierte. Künftig sollen deshalb in der EU nur noch Nachhaltigkeitssiegel erlaubt sein, die auf offiziellen Zertifizierungssystemen beruhen oder von staatlichen Stellen vergeben werden.
Die neuen Vorschriften haben zudem ein weiteres wichtiges Ziel: Sie sollen bewirken, dass Hersteller und Verbraucher mehr Gewicht auf die Langlebigkeit von Produkten legen. Künftig müssen deshalb die Garantie-Informationen deutlicher sichtbar sein, und es wird ein neues, einheitliches Etikett eingeführt, um Waren mit verlängerter Garantiezeit hervorzuheben.
Absichtlicher Verschleiß wird erschwert
Verboten ist es nach den neuen Vorschriften in Zukunft auch,
- unbegründete Aussagen zur Haltbarkeit zu machen,
- dazu aufzufordern, Verbrauchsgüter früher auszutauschen als unbedingt nötig (was z.B. bei Druckertinte häufig der Fall ist)
- sowie nicht reparierbare Waren als reparierbar anzupreisen.
Damit soll dem (absichtlichen) vorzeitigen Verschleiß von Produkten ("Obsoleszenz") ein Riegel vorgeschoben werden.
Als Nächstes muss die Richtlinie noch vom Europäischen Rat gebilligt werden. Danach wird sie im Amtsblatt veröffentlicht. Anschließend haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
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