Angefangen hat alles oft mit einem kleinen Regal, in dem Kaffee aus Nicaragua, Wein aus Algerien und ein paar andere fair gehandelte Produkte angeboten wurden. Damals, in den 80er-Jahren, wurden sie als Ökos abgestempelt.
Heute gelten sie als Trendsetter: die Betreiber von Weltläden, die nur fair gehandelte Produkte vertreiben, und ihre Kunden. Inzwischen werden faire Produkte nicht nur in den Weltläden, sondern auch in vielen Supermärkten, Bio-Läden, Kaufhäusern und Drogeriemärkten angeboten.
Der Fairtrade-Umsatz wächst fast exponentiell
Fair ist in! 2019 kauften deutsche Verbraucher für 2,04 Milliarden Euro Produkte, die mit dem bekannten Siegel von Fairtrade International versehen waren. Nach Angaben des gemeinnützigen Vereins TransFair, der das Fairhandels-Siegel hierzulande vergibt, entspricht das einem Plus von rund 26 Prozent zum Vorjahr. Innerhalb von zehn Jahren hat sich der Umsatz von Fairtrade-Produkten fast verzehnfacht.
Damit gab jeder deutsche Konsument in diesem Jahr etwa 25 Euro für Produkte mit dem Fairtrade-Logo aus. Bei dem grün-blau-schwarzen Zeichen handelt es sich zwar nicht um das einzige Siegel für fairen Handel, aber um das bekannteste. Rund 7.000 Produkte in Supermärkten, Fachgeschäften, Discountern, Weltläden und natürlich Onlineshops sind damit ausgezeichnet.
Besonders gut haben sich hierzulande die Verkaufszahlen bei Kaffee entwickelt: Er legte 2019 um 12 Prozent zu. Daran haben auch Aldi, Rewe und Lidl einen Anteil – auch sie führen seit Längerem fair gehandelten Kaffee. 75 Prozent der (gemahlenen oder ganzen) Bohnen waren 2019 zudem bio-zertifiziert.
Fairtrade-Rosen freuten sich 2019 über einen um 19 Prozent höheren Absatz; faire Bananen über stolze 41 Prozent. Der Anteil fairer Bananen am Gesamtmarkt liegt inzwischen bei 20 Prozent, 63 Prozent davon sind außerdem bio. Fairtrade-Kakao, der z.B. in Schokolade wandert, macht inzwischen 17 Prozent des Gesamtmarkts aus. Doch es gibt noch viel mehr: Das Fairtrade-Angebot umfasst auch Eis, Fußbälle, Gewürze, Honig, Kosmetik, Reis, Schmuck und andere Produkte und Rohstoffe.
Wer bereit ist, einen höheren Preis für gerecht gehandelte Waren zu bezahlen, der kann – bei Produkten mit seriösen Fair-Trade-Siegeln (wie dem von TransFair e.V.) – davon ausgehen, dass der Aufpreis den Erzeugern in Afrika, Asien, Mittel- oder Südamerika zugutekommt: Menschen, die sonst in der globalen Wirtschaft eher das Nachsehen haben.
Fairtrade ist mehr als faire Löhne
Doch fairer Handel ist noch mehr: Die Importeure garantieren langfristige Handelsbeziehungen, auf die sich der Landwirt oder die produzierende Genossenschaft verlassen kann. Die nachhaltige und umweltschonende Bewirtschaftung des Landes spielt ebenso eine Rolle wie menschenwürdige Arbeitsbedingungen, das Verbot von Kinderarbeit und demokratische Beteiligungen bei Entscheidungen.
Zusätzlich zu einer angemessenen Vergütung, die immer mindestens den Weltmarkt-Preis abbildet, erhalten Produzenten einen Fairtrade-Bonus. Er soll der Gemeinschaft vor Ort zugutekommen und beispielsweise in medizinische Versorgungs- oder Bildungseinrichtungen investiert werden.
Fair verkauft sich besser denn je, trotzdem ist der Anteil der fair gehandelten Waren am deutschen Markt noch zu gering. Kaffee beispielsweise ist das umsatzstärkste Produkt mit dem Fairtrade-Siegel: Der Umsatz in Deutschland betrug 2019 fast 533 Mio. Euro, was aber nur einem Marktanteil von 5 Prozent entspricht. Für einen Latte Macchiato im Café zahlen wir 3,50 Euro und mehr. Die 6 bis 8 Euro, die ein Pfund fair gehandelter Kaffee kostet, sind manchem hingegen zu viel.
Fair für Bauern im Süden – und Norden
Und längst beschränkt sich die Diskussion über faire Produktionsbedingungen und Abnahmepreise nicht mehr nur auf die Bauern in Mittel- und Südamerika, Afrika oder Asien. In Deutschland wird auch über einen fairen Umgang mit den Produzenten auf der Nordhalbkugel diskutiert – häufig am Beispiel der Milchbauern, die durch Konzentrationsprozesse der Industrie benachteiligt werden.
Fair meint hier weniger Armutsbekämpfung, sondern in erster Linie eine Bezahlung, von der die Produzenten leben können. Zwischenzeitlich war der Milchpreis für die Erzeuger hierzulande auf 24 Cent gefallen, was viele Landwirte die Existenz kostete.
Fairtrade International wie auch deren deutsche Organisation TransFair e.V. lassen sich auf diese Diskussion allerdings nicht ein. "Die Ausdehnung des klassischen Fairen Handels auf den 'Norden' ist unserer Ansicht nach nur mit erheblichen finanziellen und personellen Ressourcen möglich", heißt es von TransFair, "Ressourcen, die Fairtrade, dem Mandat der Bewegung entsprechend, gezielt in die Stärkung der klassischen Zielgruppen des Fairen Handels im 'Süden' investiert: Kleinbauernkooperativen und Beschäftigte auf Plantagen."
Ein fairer Umgang mit den Produzenten von Lebensmitteln bleibt wichtig – und zwar für Bauern im Süden wie im Norden. An drei beispielhaften Rohstoffen – Kaffee, Kakao, Milch – erklären wir im Folgenden, warum.
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