Fast 350 Messstationen zeichneten am gestrigen Neujahrstag den Schadstoffgehalt der Luft auf. Über die Hälfte davon schlug Alarm: An 180 Stationen in Deutschland war am 1. Januar 2020 die Luft dicker, als es die EU-Grenzwerte vorsehen. Feinstaub-Alarm! Das legen Zahlen des Umweltbundesamtes (UBA) nahe. Die Anzahl der Überschreitungen lag damit um ein Vielfaches höher als vor einem Jahr: Am Neujahrstag 2019 wurden die Grenzwerte nur an rund zehn Prozent der Stationen überschritten.
Gemessen wurde die Belastung mit Feinstaub PM10, der schwebende Partikel mit einem Durchmesser von maximal zehn Mikrometern bezeichnet. Dazu zählen nicht nur die Verbrennungsreste von Silvesterböllern, sondern auch Hausstaub, Pollen, Schimmelsporen und viele Abgase.
Feinstaub-Grenzwerte bereits an Neujahr überschritten
Die Europäische Union sieht seit 2005 vor, dass ein Grenzwert von 50 µg/m³ (Mikrogramm pro Quadratmeter Luft) an Feinstaub PM10 im Tagesmittel nicht überschritten werden darf – und wenn, dann nur an 35 Tagen im Jahr. Einen Tag ihres Jahreskontingents hatten die meisten deutschen Städte damit bereits am 1. Januar "verballert".
Besonders betroffen waren Städte in Nordrhein-Westfalen: Aus Gelsenkirchen, Essen, Dortmund und Oberhausen wurden für Neujahr Tagesmittelwerte zwischen rund 220 und 350 µg/m³ gemeldet, der tolerierte Grenzwert also bis um das Siebenfachen überschritten. Auch in Bremen standen zahlreiche Messstationen auf Rot und maßen rund 200 µg/m³ Feinstaub. In Bayern war die Luft vor allem in Nürnberg, München und Fürth stark verschmutzt.
4.200 Tonnen Feinstaub durch Feuerwerk
Der Grund: Silvesterfeuerwerke. Jedes Jahr werden zum Jahreswechsel laut Umweltbundesamt durch Feuerwerke rund 4.200 Tonnen Feinstaub freigesetzt. Die Feinstaubmenge, die so in die Luft gelangt, entspricht damit rund 25 Prozent der Menge, die jährlich durch das Verfeuern von Holz entsteht, und ca. zwei Prozent des gesamten Feinstaubs, der jährlich in Deutschland freigesetzt wird.
Keine Kleinigkeit, warnt doch die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass bis zu 85 Prozent aller Stadtbewohner in Europa zu hohen Feinstaubwerten ausgesetzt seien (wobei die WHO von einem strengeren Grenzwert ausgeht als das Umweltbundesamt). Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass Europäer damit ihre Lebenserwartung um rund acht Monate verkürzen.
Feinstaub kann tief in den Körper eindringen
Dabei stellt Feinstaub erwiesenermaßen eine Gefahr für die Gesundheit dar: Die kleinen und kleinsten Feinstaubpartikel, die nur wenige Mikrometer messen, gelangen über die Atmung in den Körper. Je kleiner der Feinstaub, desto gefährlicher, weil er tiefer in den Körper eindringen kann. Dort können die Partikel verschiedene Reaktionen verursachen: So werden Asthma, Allergien, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen mit Feinstaub in Verbindung gebracht, Rußpartikel sind sogar als krebserregend eingestuft.
Auch fast kein Feinstaub ist noch zu viel. Das Umweltbundesamt schreibt in einer Broschüre aus dem Dezember 2019: "Es wird sogar vermutet, dass es für Feinstaub keine Schwelle gibt, unterhalb derer keine schädigende Wirkung mehr zu erwarten ist." Nach aktuellem Forschungsstand sei Feinstaub damit der Schadstoff mit den massivsten gesundheitlichen Auswirkungen, wie auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) auf seiner Website schreibt. Dazu kommt: Rußpartikel, ein Teil des Feinstaubs, sind auch noch schädlich fürs Klima.
Wer trotzdem nicht auf eine Lichtshow zu Silvester verzichten will, findet hier Tipps für umweltverträgliches Feuerwerk:
Was ist Feinstaub genau?
Unter Feinstaub versteht das Umweltbundesamt kleinste Teilchen in der Luft, die nicht sofort zu Boden sinken, sondern eine gewisse Zeit in der Atmosphäre verbleiben. Die winzigen Partikel sind mit bloßem Auge nicht wahrzunehmen. Vom Menschen geschaffene Feinstaubquellen sind nicht nur Feuerwerkskörper, sondern vor allem Kraftfahrzeuge, Heizwerke, Abfallverbrennungsanlagen, Öfen und Heizungen sowie die Landwirtschaft.
Im Straßenverkehr wird Feinstaub nicht nur von Verbrennungsmotoren – vorrangig von den umstrittenen Dieselmotoren – erzeugt, sondern auch durch Bremsen- und Reifenabrieb sowie durch das Aufwirbeln von Staub auf der Straßenoberfläche.
Quellen: Umweltbundesamt, BUND, WHO
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