Sie bieten weder Tieren noch Pflanzen eine Heimat, heizen die Siedlungen auf und sind ästhetisch hoch umstritten: Schottergärten. Immer mehr Städe (so zum Beispiel Bremen, Nürnberg und Erlangen) haben die großflächig mit Steinen, Kies, Geröll oder Splitt bedeckten Gartenflächen für Neubauten mittlerweile verboten.
In Baden-Württemberg sind Schottergärten grundsätzlich verboten. Und auch in den Bauordnungen der meisten anderen Bundesländer steht, dass nicht überbaute Flächen zu begrünen oder zu bepflanzen und wasseraufnahmefähig zu gestalten sind.
Wie aus einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei Kommunen hervorgeht, planen etwa die Städte Braunschweig und Achim systematische Kontrollen. Dabei sollen Kontrolleure den Besitzern Tipps für naturnahe Gartengestaltungen geben und, falls nötig, Verfahren zum Rückbau einleiten.
Anderswo mussten sich schon Gerichte mit der "Stein-oder-nicht-Stein"-Frage beschäftigen: So hat etwa das OVG Niedersachsen Anfang 2023 den Versuch eines Gartenbesitzers abgewiesen, eine Schotterfläche, in der nur wenige Pflanzen steckten, als zulässige "Grünfläche" einzuordnen.
Schottergärten sind ökologisch verheerend
Während sich über den ästhetischen Aspekt der als "Gärten des Grauens" im Internet zu unrühmlichen Ehren gekommenen Flächengestaltung letztlich streiten lässt, ist unstrittig, dass die Schottergärten ein Fiasko für die Artenvielfalt sind. Summt und brummt, flattert und wuselt es in einem vielfältig angelegten Garten, fühlen sich dem Naturschutzbund NABU zufolge noch nicht einmal Reptilien auf den monotonen Flächen wohl.
Was spricht gegen Schottergärten?
Kieselsteine und Schotter statt blühender Sträucher und Stauden: Schottergärten mögen vermeintlich aufwandsarm sein und manche finden sie schick. Doch sie stellen eine Gefahr für Mikroklima und Artenvielfalt dar.
"Da findet ein Flächenverbrauch im Kleinen statt", sagt Stefan Petzold vom Naturschutzbund (Nabu). Durch die Versiegelung könnten keine Pflanzen mehr wachsen, in der Folge fehle es Insekten und Vögeln an Nahrung.
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Artenvielfalt: Der wohl wichtigste Grund: Für viele Tiere – Bienen, Hummeln, Vögel und Schmetterlinge – sind lebendige, abwechslungsreiche Gärten wichtige Lebensräume. Wildtiere finden dort Nahrung und Unterschlupf, die versiegelte Betonlandschaften nicht bieten – ebenso wenig wie unbepflanzte Schottergärten. Deshalb sind möglichst vielfältige und naturnahe Gärten für die städtische Tierwelt überlebensnotwendig.
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Aufwand: Auch Schotterflächen kommen nicht ohne Pflege aus. Denn: Auch auf und zwischen den Steinen lassen sich früher oder später Flechten, Moose und Unkräuter nieder. "Nach drei bis fünf Jahren müssen viele Gärtner dann überlegen, so einen Garten komplett zu sanieren – also alle Steine runter und dann wieder frisch drauf –, oder es wird alles von vorn bis hinten mit Glyphosat eingesprüht", so Karin Greiner, Gartenexpertin des Radiosenders Bayern 1.
- Stadtklima: Schottergärten erwärmen sich im Sommer stärker als Gärten mit Grünflächen – auf Temperaturen von bis zu 70 Grad. Nachts geben die Steine ihre Wärme dann wieder ab und verhindern so, dass sich die Umgebung ausreichend abkühlen kann. Hinzukommt, dass voll- oder teilversiegelte Böden wie Schottergärten kaum Wasser speichern und dass auf Steinflächen keine großen Pflanzen wachsen können, die kühlenden Schatten spenden.
Steingarten als ökologisch wertvolle Alternative
Eidechsen, die sich in der Sonne wärmen. Käfer, die in Spalten und Ritzen leben. Wildbienen, die in den Blüten Nektar und Pollen sammeln: Ein Steingarten steckt voller Leben. Auf magerem Boden inmitten von Steinen gedeihen Pflanzen, die sich an die kargen Bedingungen bestens angepasst haben. Die zerklüftete, Wärme speichernde Umgebung bietet Tieren einen Rückzugsraum.
"Steingärten sind künstlich angelegte Biotope, die – je nach Region und Standort – eine natürliche Situation im Garten nachstellen", sagt Hans-Christian Eckhardt vom Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau NRW. Ob Küsten- oder Alpenlandschaft en miniature, am Hang oder als Fläche, mit Hügeln, Trockenmauer oder gar einem kleinen Wasserlauf – Gestaltungsmöglichkeiten gibt es viele.
Einen Steingarten anzulegen ist nicht kompliziert. Eine Planung im Vorfeld ist aber wichtig, damit der Garten auch gut anwächst. Grundlage dafür ist nicht nur das optische Arrangement der Steine, sondern insbesondere eine Analyse des Standorts und eine dazu passende Wahl an Pflanzen. "Ein Alpinum gehört nicht in den Vollschatten", nennt der Gärtnermeister ein extremes Beispiel.
Angela Beck von der Gesellschaft der Staudenfreunde (GdS) empfiehlt, den Steingarten nach Möglichkeit nach Südosten auszurichten. "Ungeschützte, vollsonnige Südlagen sind problematisch, weil sich der Boden sehr schnell erhitzt und rasch austrocknet." Abhilfe schaffen künstliche Abschattierungen oder man baut eine Trockenmauer, die mit genügsamen Varianten von Mauerpfeffer und Hauswurz bepflanzt wird.
"Sedum- und Sempervivum-Arten sind niedrig bleibende Hungerkünstler mit schönen Blattrosetten und Blüten", sagt Beck. Aber auch Rotes Seifenkraut (Saponaria ocymoides), Büschelglocken (Edraianthus) und Filz-Flockenblume (Cyanus triumfettii) kommen an einer offenen Südlage zurecht. Silbrig-flauschig belaubte Katzenpfötchen (Antennaria dioica) ebenso, sie brauchen jedoch kalkfreien Boden.
Beim Steingarten muss der Boden auf Diät
Auf die Bodenvorlieben der Pflanzen einzugehen, kann eine Herausforderung sein. Eckhardt rät zu einer professionellen Bodenanalyse und dazu pH-Wert, Struktur und Nährstoffzusammensetzung entsprechend der Empfehlungen anzupassen. "Je besser der Boden vorbereitet ist, desto besser wachsen die Spezialisten", sagt er.
Ein häufiges Problem: Der Gartenboden ist zu nährstoffreich. Zur Abmagerung eignen sich Sand, Split und Lava. Abdeckmaterial und Steine können auch die Bodenqualität beeinflussen: Karbonatgestein wie Muschelkalk, Tuff und Dolomit gelten als ideale Begleiter für kalkliebende Pflanzen wie Alpen-Grasnelke (Armeria alpina), Alpen-Astern (Aster alpinus) und Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris).
"Der poröse oder zerklüftete Stein ist sehr beliebt, weil er sich schön bepflanzen lässt", erklärt Beck. "Allerdings ist er nicht sehr stabil und löst sich im Laufe der Jahre auf." Aber es gibt viele Alternativen: schweren, harter Granit etwa, kalkarmen Gneis oder weichen, farbigen Sandstein. Aus ökologischer Sicht empfiehlt die Expertin, Steine aus der Region zu verwenden, um Transportwege zu sparen und eine Anlage authentisch zu gestalten.
Wie viel Material benötigt wird, hängt von Größe und Aufbau der Anlage ab. Neben gestalterischen Elementen wie solitär stehenden Feldsteinen oder Findlingen, sanften Hügeln, Trockenmauern oder senkrecht aufgestellten Steinplatten braucht der Garten eine Drainage- und eine Abdeckschicht. "Kies und Schotter machen den Boden nach unten hin durchlässig und leiten Wasser ab. Als Mulch speichern sie Wärme und schützen den Boden vor Verdunstung", erklärt Eckhardt.
Steingärten sind ideal für kleine Gehölze
Für Struktur im Steingarten können aber nicht nur Steine, sondern auch zwergwüchsige Koniferen oder Hexenbesen sorgen. "Hexenbesen sind klein bleibende, langsam wachsende Gehölze, die aufgrund von Mutationen entstanden sind", erläutert Beck. "Durch ihren krüppeligen Wuchs wirken sie skurril, durch ihr Immergrün sind sie ein Gewinn." Ihre Tipps:
- Spanische Tanne (Abies pinsapo)
- Hinoki-Scheinzypresse Minima (Chamaecyparis obtusa)
- Rot-Fichte Ehinger (Picea abies)
- Schlangenhaut-Kiefer Schmidtii (Pinus leucodermis)
Einmal angelegt, erweist sich ein Steingarten in der Regel als pflegeleicht: "Die Pflanzen sind an karge Standorte und Trockenheit gewöhnt", sagt Gärtnermeister Eckhardt. "Sie brauchen keinen Dünger und wenig Wasser - und wenn sie einmal trockenfallen und sich zurückgezogen haben, kommen sie schnell wieder, wenn man sie gießt."
Wichtig sei es jedoch, das Gleichgewicht im künstlichen Lebensraum aufrecht zu erhalten. Dazu gehört Jäten von umliegenden Pflanzen, die sich in der Anlage ausgesät haben. Ein regelmäßiger Schnitt der Stauden kann sich als sinnvoll erweisen, damit sie die Steine nicht vollständig überwuchern.