Hundert Tage nach der Initiative von gut 140 Staaten auf der Weltklimakonferenz zu einem Stopp der Entwaldung bis 2030 fordern Umweltschützer, die Erklärung schnell mit einem verpflichtenden Vertrag abzusichern.
Schon 2014 habe es eine ähnliche Vereinbarung gegeben, doch sei die Waldzerstörung weitergegangen, sagte Susanne Winter, Wald-Expertin der Umweltorganisation WWF, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Der Erklärung von Glasgow droht nun ein ähnliches Schicksal. Daher muss sie zügig mit verbindlichen Abkommen abgesichert werden."
WWF beklagt falsche Schwerpunktsetzung
Winter beklagte, der am 2. November in Schottland veröffentlichte Text enthalte zu wenig konkrete Schritte – etwa dazu, wie die artenreichen Naturwälder, die auch besonders viel klimaschädliche Treibhausgase speichern, geschützt werden sollen. Stattdessen liegt der Fokus auf dem Waldwachstum, der aber auch schnellwachsende Holzplantagen umfasst. Diese Holzplantagen habe der WWF aber als viertstärksten Treiber der Waldzerstörung identifiziert. "Zudem sind sie für den Artenschutz häufig wertlos", resümierte die Expertin.
Seit 1990 sind nach UN-Angaben schon etwa 420 Millionen Hektar Wald verloren gegangen – umgerechnet etwa das 1600-fache der Fläche des Saarlands. Zwei Drittel der Entwaldung spielt sich in den Tropen und Subtropen ab. Die größten Netto-Verluste gab es in den vergangenen zehn Jahren in Brasilien, der Demokratischen Republik Kongo, Indonesien, Angola, Tansania sowie in Paraguay, Myanmar und Kambodscha.
Winter sagte, das Beispiel Brasilien zeige, wie dringend ein verbindlicher Pakt zum Entwaldungsstopp sei. Dort habe die Regierung gerade das Budget der Umweltbehörde zur Bekämpfung von Waldbränden massiv gekürzt. "Das steht im direkten Widerspruch zur Erklärung von Glasgow, die Brasilien ebenfalls unterzeichnet hat."
Wichtige Landschaften gesetzlich noch nicht erfasst
Nachbesserungen forderte Winter beim Gesetzesvorschlag der EU-Kommission, Importe von Waren, für deren Produktion Wälder zerstört wurden, bald zu verbieten. Der Entwurf zeige in die richtige Richtung, habe aber noch entscheidende Schwächen. "So sollen viele Ökosysteme wie Savannenwälder, Graslandschaften, Feucht- und Moorgebiete oder Mangroven zunächst nicht einbezogen werden, wodurch ein großer Teil der Naturzerstörung durch das Gesetz nicht gestoppt oder in andere Gebiete verlagert würde", rügte sie.
Zudem seien viele wichtige Produkte bisher nicht erfasst – darunter zum Beispiel Kautschuk, Mais, zahlreiche Holzprodukte oder Stahl. Neben wirksamen Kontrollen sei es besonders wichtig, dass Verstöße zügig gerichtlich verfolgt werden können. Daran hapere es im Entwurf noch.
Dem Vorhaben drohe ein ähnliches Schicksal wie der Holzhandelsverordnung EUTR, sagte Winter. "Sie soll seit 2013 die Einfuhr illegaler Holzprodukte stoppen, scheitert jedoch kläglich daran, weil kaum kontrolliert wird und bei erwiesenen Verstößen meist nur läppische Strafen verhängt werden."
Wälder sind nach einem UN-Bericht Lebensraum für 80 Prozent aller Amphibienarten, 75 Prozent aller Vogelarten und 68 Prozent aller Säugetierarten. Haupttreiber der Waldzerstörung ist die Produktion von Nahrungsmitteln, insbesondere großflächige Ackerwirtschaft und Rinderhaltung.
Weiterlesen auf oekotest.de: