Die vorherige Bundesregierung aus Union und SPD war noch am Versuch gescheitert, eine geeinte Moorschutzstrategie auf den Weg zu bringen. Nun hat eines der Herzensprojekte von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) die Kabinettshürde genommen. Und auch ihr grüner Kabinettskollege, Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, spricht von einem "echten Klimaschutzbooster". Hier ein Überblick.
Warum Moore so wichtig sind
Moore sind neben Wäldern ein Schlüsselfaktor für den natürlichen Klimaschutz - den Schutz des Klimas auf Basis natürlicher Ökosysteme. Es gibt in Deutschland rund 1,8 Millionen Hektar Moorböden. Sie machen nur 5 Prozent der Gesamtfläche des Landes aus, binden aber genauso viel Kohlenstoffdioxid (CO2) wie alle deutschen Wälder zusammen.
Ohne ihren Schutz sind die deutschen Klimaziele in Gefahr. Denn derzeit sind 92 Prozent der Moore in Deutschland entwässert – und damit nicht mehr in einem intakten Zustand. Das bedeutet nicht nur, dass sie kein zusätzliches CO2 binden: Moore verschärfen dadurch sogar die Klimakrise. Denn jährlich setzen geschädigte Moorböden 53 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre frei – was etwa 7,5 Prozent der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen entspricht.
Dass diese natürlichen Ökosysteme für den Klimaschutz wieder fit gemacht werden müssen, ist auch im Bundesklimaschutzgesetz verankert: Funktionieren Wälder und Moore nicht als Kohlenstoffspeicher, wird Deutschland bis 2045 nicht treibhausgasneutral werden können. Laut Gesetz sollen Ökosysteme bis 2030 jährlich 25 Millionen Tonnen Treibhausgase binden.
Wiedervernässung und Emissionsziel
Die Strategie sieht unter anderem vor, dass durch Wiedervernässung die jährlichen Emissionen bis 2030 um mindestens fünf Millionen Tonnen Treibhausgase sinken. Bislang nicht genutzte Moorflächen sollen auch künftig nicht genutzt und, wenn möglich, vollständig wiedervernässt werden.
Die Bundesregierung will außerdem – wie bereits beim Ausbau erneuerbarer Energien geschehen – gesetzlich verankern, dass der Moorschutz im öffentlichen Interesse liegt.
Was der Moorschutz für die Landwirtschaft bedeutet
Viele Moorflächen sind so entwässert, weil sie landwirtschaftlich genutzt werden, vor allem als Grünland für Milchkühe. In Kooperation mit Ländern und Landwirten will die Bundesregierung daher alternative Bewirtschaftsformen fördern. Dazu zählen etwa sogenannte Paludikulturen, also Verfahren zur nassen Bewirtschaftung mit heimischen Arten wie Torfmoosen oder Schilf.
Für Landwirte soll es finanzielle Anreize geben, die Wiederherstellung von Mooren voranzutreiben. Wie diese Anreize konkret aussehen, lässt die Strategie allerdings noch offen. Bis 2026 stehen dem Umweltministerium vier Milliarden Euro für den natürlichen Klimaschutz zur Verfügung. Welcher Anteil dieses Geldes nun in diese finanziellen Transformationsanreize fließen soll, ist noch unklar.
Photovoltaik-Anlagen auf nassem Moor
Die Strategie sieht vor, nasse Moore möglichst so zu nutzen, dass sie auch auf anderen Ebenen einen Mehrwert haben. So könnten wiedervernässte Flächen künftig als Standort für Photovoltaik-Anlagen dienen. "Eine solche Transformation der Landwirtschaft zahlt sich auch ökonomisch aus", heißt es in einer Zusammenfassung der beschlossenen Strategie.
Prinzip der Freiwilligkeit
Die flächendeckende Wiedervernässung soll vor allem auf freiwilligem Engagement von Landnutzern beruhen. "Ich bin mir sicher, dass viele mitmachen wollen", sagt Umweltministerin Lemke. Sie sei sich sicher, dass mit dem gewählten Kooperationsmodell die Ziele beim natürlichen Klimaschutz erreicht werden können.
Der Deutsche Bauernverband begrüßte dieses Prinzip und mahnte an, es zum Maßstab aller Maßnahmen zu machen. Die Umstellung dürfe nur "im Einvernehmen mit den Betroffenen" erfolgen, sagte Generalsekretär Bernhard Krüsken der dpa. Laut Bauernverband werden derzeit rund eine Million Hektar Moorfläche in Deutschland von Landwirten bewirtschaftet.
Umweltverbände teilweise enttäuscht
Insgesamt sei es ein "wichtiges Signal und längst überfällig", dass es nun endlich gelungen sei, eine nationale Strategie zum Moorschutz zu verabschieden, teilt der Naturschutzbund Deutschland Nabu auf dpa-Anfrage mit. Unzufrieden sei man aber über das Prinzip der Freiwilligkeit, auf das die Bundesregierung zur Wiedervernässung der Moore setze.
Auch sei das Ziel, jährlich lediglich fünf Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zu sparen, nicht ambitioniert genug. Das entspreche gerade einmal zehn Prozent dessen, was entwässerte Moore derzeit jährlich ausstoßen. Auch andere Verbände wie beispielsweise der BUND halten das Einsparziel für zu niedrig.
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