Bioplastik: Wie umweltfreundlich und nachhaltig sind Biokunststoffe?

Autor: Benita Wintermantel | Kategorie: Freizeit und Technik | 22.10.2018

Bioplastik: Wie umweltfreundlich und nachhaltig sind Biokunststoffe?
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Bioplastik ist in Form von Einkaufstüten, Joghurtbechern und Flaschen auf dem Vormarsch. "Bioplastik", das klingt erst mal nach einer guten Alternative zu herkömmlichem Kunststoff. Ist der Biokunststoff aber wirklich so umweltfreundlich? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um Bioplastik.

  • Als Bioplastik werden zum einen Kunststoffe bezeichnet, die biologisch abbaubar sind, zum anderen Kunststoffe, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden (Biopolymere). 
  • Verbraucher:innen sollten sich vom "Bio" in Bioplastik nicht täuschen lassen. Weniger als 40 Prozent der biobasierten Kunststoffe sind tatsächlich biologisch abbaubar.
  • Bioplastik-Verpackungen dürfen nicht in die Biotonne, sondern gehören in den Restmüll. Das gilt auch für die Biomüllbeutel für den Biomüll.

Kunststoff begegnet uns überall, vor allem in Form von Verpackungsmaterial: Plastikschalen fürs Obst, Einkaufstüten, Joghurtbecher. Plastik ist außerordentlich billig, vielseitig verwendbar – und hält ewig.

Der Preis unseres Plastik-Konsums: Die Verschmutzung der Meere und der Umwelt mit Plastikmüll nimmt verheerende Dimensionen an. Plastik aus Pflanzen und biologisch abbaubar zu produzieren, klingt nach einer äußerst nachhaltigen Idee. Sind Bio-Kunststoffe also wirklich eine Lösung?

Was bedeutet Bio-Kunststoff?

Bei Lebensmitteln ist klar, wofür Bio steht: Die Produkte kommen aus biologischem Anbau. Bei Bio-Kunststoff ist das etwas komplizierter und der Begriff ist nicht genau definiert: Bio-Kunststoff wird entweder aus biologischen Rohstoffen hergestellt – oder er ist biologisch abbaubar.

Nur eines der beiden Kriterien muss erfüllt sein, damit Kunststoff sich Bio-Kunststoff nennen darf. Es gibt allerdings auch Kunststoffe, die beide Kriterien erfüllen.

Oft ist Bioplastik gar nicht "bio": weder nachhaltig noch umweltverträglich.
Oft ist Bioplastik gar nicht "bio": weder nachhaltig noch umweltverträglich. (Foto: Shutterstock / MikeDotta)

Was sind biobasierte Kunststoffe?

Produkte aus Bio-Plastik bestehen teilweise aus erneuerbaren Rohstoffen, d.h. aus Biomasse, zum Beispiel Mais, Zuckerrohr oder Cellulose. Der Anteil der erneuerbaren Rohstoffe am Gesamtprodukt ist nicht definiert. Das bedeutet: Biobasierte Kunststoffe können zum einen Teil aus Biomasse, zum anderen aus fossilen Rohstoffen (Polymeren) bestehen. Man spricht hier von "Blends".

Inzwischen gibt es drei Generationen von nachwachsenden Rohstoffen für Biokunststoffe:

  1. Generation: traditionelle Feldfrüchte wie Mais, Kartoffeln oder Zuckerrohr
  2. Generation: Zellulosekulturen, landwirtschaftlicher Abfall
  3. Generation: Algen, Bakterien 

Was sind biologisch abbaubare Kunststoffe?

Das Ausgangsmaterial biologisch abbaubarer Kunststoffe spielt keine Rolle, sie müssen aber zu mindestens 90 Prozent biologisch abbaubar sein. Dann dürfen sie auch die Zertifizierung DIN EN 13432 tragen. Diese Norm besagt: Innerhalb von zwölf Wochen muss sich das Material zu mindestens 90 Prozent zersetzt haben.

Biologisch abbaubare Kunststoffe müssen nicht unbedingt aus nachwachsenden pflanzlichen oder tierischen Rohstoffen hergestellt sein. Es gibt auch Kunststoffe aus fossilen Ressourcen, die biologisch abbaubar sind.

Welche Arten von Bioplastik gibt es?

Damit gibt es drei unterschiedliche Arten von Bioplastik:

  • erdölbasiert + biologisch abbaubar (PCL, PBAT, PBS)
  • biobasiert + biologisch abbaubar / kompostierbar (PLA, PHA, TPS)
  • biobasiert + nicht biologisch abbaubar (CA, Bio-PE, PEF)

Konventionelles Plastik auf Erdölbasis ist nicht biologisch abbaubar und ist mit den Kürzeln PE, PP oder PVC gekennzeichnet.

PLA steht für Polylactid und zeigt, dass dieser Bio-Kunststoff biologisch abbaubar ist.
PLA steht für Polylactid und zeigt, dass dieser Bio-Kunststoff biologisch abbaubar ist. (Foto: Shutterstock / photokup)

Was sind die Vorteile von Biokunststoff?

  • Biobasierte Kunststoffe schonen die knappen Erdölreserven, Herstellung und Entsorgung sparen CO2.
  • Diese Produkte haben dieselben Eigenschaften wie die aus herkömmlichem Kunststoff, sie sind genauso stabil und genauso lange haltbar.

Was sind die Nachteile von Biokunststoff?

  • Für die Zersetzung von biologisch abbaubarem Plastik braucht es ideale Bedingungen, die der heimische Kompost nicht bietet.
  • Biobasierte Kunststoffe sind häufig nicht biologisch abbaubar.
  • Die lange Haltbarkeit von biobasierten Kunststoffen ist auch ein immenser Nachteil – sie sind für die Meere und die Umwelt insgesamt genauso schädlich wie andere Kunststoffe auch.
  • Der Anbau der Rohstoffe ist aufwändig und energieintensiv, zudem wird in der industriellen Landwirtschaft gedüngt und mit Pestiziden gearbeitet.
  • Ihr Anbau steht in Konkurrenz zum Anbau von Lebensmitteln.

    Das Fazit des WWF lautet: "Biokunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen sind nicht unbedingt umwelt- oder klimafreundlicher als fossilbasierte Kunststoffe."

    Dürfen Biomülltüten für Biomüll in die Biotonne?

    Die Bioplastiktüten für den Biomüll haben ein großes Problem: Sie suggerieren, dass sie mitsamt dem Biomüll in der Biotonne entsorgt werden dürfen. Dem ist aber nicht so. Moderne Müllverwertungssystem sind nicht auf Bioplastik ausgelegt: Sie benötigen vier Wochen, um Bio-Abfälle zu zersetzen – für den Abbau der Tüten braucht es jedoch deutlich mehr Zeit.

    Darf die Biomülltüte in den Biomüll?
    Darf die Biomülltüte in den Biomüll? (Foto: Shutterstock / photographyfirm)

    Das Umweltbundesamt spricht hier von einer Mogelpackung: "Bei der Kompostierung zerfallen viele biologisch abbaubare Kunststoffe nämlich nur unter den definierten Bedingungen von industriellen Kompostierungsanlagen. Auf den Komposthaufen zu Hause sollten sie nicht geworfen werden, da hier andere Feuchte- und Temperaturbedingungen herrschen und sie sich dort nicht oder nur mit einer deutlich längeren Zerfallszeit zersetzen."

    Deshalb gilt bei Bioplastiküten: Der Inhalt (der Biomüll) darf in die Biotonne oder auf den Kompost, die Tüte selbst muss über den Restmüll entsorgt werden.

    >> Zum Weiterlesen: Bio-Müllbeutel – für die Entsorgung in der Bio-Tonne geeignet?

    Wie soll ich Bioplastik entsorgen? Biotonne, Restmüll oder gelber Sack?

    Auf den ersten Blick lassen sich Produkte aus Biokunststoff nicht von herkömmlichen unterscheiden. Das macht es für den Verbraucher schwer zu wissen, wie er die Tüte oder den Becher korrekt entsorgt.

    Da die Materialien kaum zu unterscheiden sind, werden sie in der Kompostieranlage oft aussortiert. Falls das Produkt wirklich abgebaut werden kann, besitzt es übrigens keinerlei Wert für den Kompost, es enthält weder Nährstoffe noch Mineralien. "Deshalb scheidet die energetische Verwertung – das Verbrennen in der Müllverbrennung also – sogar besser ab", konstatiert das Umweltbundesamt und empfiehlt die Entsorgung über den Restmüll. "Die bei der Verbrennung freiwerdende Energie lässt sich so immerhin als Strom oder Wärme nutzen."

    Recycling ist bei Bioplastik nach wie vor schwierig, weil die Kunststoffe für die Recyclinganlagen kaum unterscheidbar sind.

    Wie gut sind Biokunststoffe für die Ökobilanz?

    Wie gut die Ökobilanz eines Produkts aus Bioplastik letztendlich ist, hängt maßgeblich davon ab, wo die Rohstoffe herkommen. Allermeist steckt in Produkten aus Bioplastik jede Menge Wasser, Energie und viel Chemie. All diese Faktoren sehen wir dem Joghurtbecher oder der Plastiktüte nicht an. Kritiker warnen hier vor Greenwashing und Verbrauchertäuschung.

    Bioplastik - wirklich "bio" oder Greenwashing?

    Sorgen die Joghurtbecher und Tüten aus biologisch abbaubarem Kunststoff nur für ein grünes Gewissen? Oder fällt ihre Ökobilanz wirklich besser aus? Das Umweltbundesamt ist der Meinung: "Unterm Strich muss man derzeit sagen: Biobasierte Kunststoffe sind noch längst nicht umweltfreundlicher als herkömmliche Kunststoffe."

    Und auch der Nabu äußerst sich kritisch: "Bisher ist noch kein ökologischer Vorteil gegenüber der klassischen Plastiktüte nachzuweisen. So ist "Bioplastik" leider bisher eher eine Gewissensberuhigung und ein Marketinginstrument."

    Hat Biokunststoff eine Zukunft?

    Es gibt aber gute Gründe, die Weiterentwicklung von Biokunststoffen weiter zu unterstützen. Erdöl ist endlich. Und jede Plastiktüte, die nicht aus dem endlichen Rohstoff Erdöl besteht, spart die Ressource Erdöl. Bei der Verbrennung setzen die Produkte nur so viel CO2 frei wie die Pflanze ursprünglich beim Wachsen in sich gespeichert hat. Deshalb gelten die Kunststoffe als klimaneutral.

    Noch ist Biokunststoff ein Nischenprodukt (unter 1 Prozent), der Ruf nach neuen und besseren Materialien wird jedoch immer lauter. Momentan liegen die Herstellungskosten deutlich über denen herkömmlicher Kunststoffe. Biokunststoff hat aber nur eine Zukunft, wenn er billig herstellbar ist, wenn die Produktion mit wenig Energie und Wasser auskommt und der Anbau der Rohstoffe für Bioplastik nicht mit dem Anbau von Nahrungsmitteln konkurriert.

    Bis es soweit ist, ist der Griff zum Stoffbeutel die nachhaltigste Einkaufshilfe! Wo immer Sie Verpackungsmüll vermeiden können, sollten Sie das tun.

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