- Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat die Rote Liste für Säugetiere in Deutschland aktualisiert.
- Von den 97 untersuchten Säugetierarten und deren Unterarten sind knapp ein Drittel gefährdet.
- Luchs und Zwergwal könnten hierzulande bald aussterben, Kegelrobben und Wölfe dagegen erholen sich in ihrem Bestand.
Von der Alpenspitzmaus bis zum Zwergwal untersucht die aktualisierte Rote Liste für Säugetiere in Deutschland 97 Säugerarten und -unterarten auf ihre Gefährdung. Die letzte Rote Liste des BfN stammt von 2009. Seitdem hat sich die Situation vieler Säugetiere verschlechtert: Fast jedes dritte heimische Säugetier ist in seinem Bestand gefährdet. Weitere fast 20 Prozent der Tiere gelten hierzulande bereits als ausgestorben oder sind extrem selten.
Neue Rote Liste: Zwergwale und Luchse könnten bald aussterben
Drei Säugetiere wurden neu in die Kategorie "vom Aussterben bedroht" eingestuft: Luchse und Graue Langohren (eine Fledermausart) sind stark bedroht. Auch der Zwergwal könnte in Deutschland bald aussterben.
Zudem hat sich die Lebenssituation für Feldhase, Feldhamster, Iltis, Gartenschläfer (ein kleines Nagetier) und Schweinswal deutlich verschlechtert. BfN-Präsidentin Prof. Dr. Beate Jessel erklärt:"Zu den bestandsgefährdeten Arten zählen Arten des Offenlandes wie der Feldhase, der Meere wie der Schweinswal oder der Wälder wie die Bechsteinfledermaus. Ihre Vorkommen gehen zurück, weil die menschliche Nutzung ihrer Lebensräume weiter zunimmt".
Kegelrobben und Wölfe erholen sich laut Roter Liste
Insgesamt haben sich in den letzten zehn bis 15 Jahren aber auch die Bestände von 17 Säugetierarten erholt. Zu den "Gewinnern" zählen die Atlantische Kegelrobbe, die Wildkatze und der Fischotter. Als Gründe für die positive Entwicklung dieser Tierbestände führten die Forscher Natur- und Umweltschutzmaßnahmen an.
Weitere 39 der insgesamt 97 untersuchten Tierarten sind in ihrem Bestand zumindest stabil geblieben, darunter zum Beispiel Wald- und Zwergspitzmaus, Eichhörnchen und der Dachs.
Auch Artenvielfalt der Insekten nimmt deutlich ab
Bereits 2018 berichtete das BfN darüber hinaus, dass die Biodiversität der Insekten in Deutschland seit Jahrzehnten erkennbar abnimmt. Das Amt berief sich dabei auf die Roten Listen der gefährdeten Arten Deutschlands, die es federführend veröffentlicht.
Bewertet habe man damals 25 Insektengruppen - sie umfassen zusammen mehrere tausend Arten - hinsichtlich ihrer Bestandsentwicklungen in den vergangenen 50 bis 150 Jahren, so das BfN. Deutliche Rückgänge hätten im Schnitt 44 Prozent aller Arten zu verzeichnen. So seien etwa gut die Hälfte der heimischen Zikadenarten und 45 Prozent der Laufkäferarten im Bestand geschrumpft. Eine Zunahme sei hingegen nur bei insgesamt zwei Prozent der Insektenarten zu verzeichnen. Bei der Gruppe der Zikaden gehöre etwa die intensive Grünlandnutzung zu den bedeutendsten Gefährdungsfaktoren, so BfN-Präsidentin Beate Jessel.
Fazit der Roten Liste 2020: Artenvielfalt erfordert Umdenken
Das Gesamtergebnis der aktualisierten Roten Liste 2020 fällt ernüchternd aus: Bei mehr als der Hälfte der Säugetiere ging der Bestand in den letzten 150 Jahren zurück. Gleichzeitig wurden rund 40 Prozent der Tiere als selten oder extrem selten eingestuft.
Prof. Dr. Beate Jessel stellt klar: "Um den Artenrückgang ernsthaft aufzuhalten, müssen wir an einer Reihe von Stellschrauben drehen". Folgende Investitionen seien nötig: "Wir brauchen auf breiter Fläche eine naturverträglichere Land- und Forstwirtschaft. Im Verkehrs- und Siedlungsbereich müssen wir die anhaltende Flächeninanspruchnahme reduzieren. Darüber hinaus brauchen wir eine bessere Durchlässigkeit unserer Landschaft für mobile Arten, sowohl zu Lande als auch zu Wasser. Die Rote Liste zeigt uns ganz deutlich, dass wir unsere Wirtschaftsweisen im Offenland, in den Wäldern und Gewässern verändern müssen, um unsere Artenvielfalt in Deutschland erhalten zu können", so die BfN-Präsidentin weiter.
Angesichts der neuen Roten Liste fordert auch der WWF einen stärkeren Arten- und Klimaschutz. "Vor allem Arten des Offenlandes leiden am Lebensraumverlust und der intensiven Landwirtschaft. In der Nord- und Ostsee nennt die Rote Liste die fischereiliche Nutzung und den Unterwasserschall als wesentliche Ursachen der Bedrohung von Arten. Wir brauchen einen Artenschutz-Dreiklang für Deutschland: Mehr Schutzgebiete, ambitionierte Klimapolitik und einen ernährungs- und landwirtschaftspolitischen Neustart", so der WWF auf seiner Seite.
Weiterlesen auf oekotest.de: