Eine neue Studie von Wissenschaftlern der Universität Texas in Austin dürfte die Debatte um Glyphosat weiter anheizen. Ihr Ergebnis: Das hoch umstrittene Unkrautvernichtungsmittel stört die Darmflora von Honigbienen und macht sie damit anfälliger für Infektionen. Glyphosat beeinträchtige auf diese Weise die Gesundheit der Bienen und ihre Leistung als Bestäuber, heißt es in der Studie, erschienen im US-Wissenschaftsmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“. Ein Verständnis, wie genau das Spritzgift die Gesundheit von Bienen beeinflusst, könne künftig auch den Effekt des Spritzgifts auf das Bienensterben aufklären.
Glyphosat macht Bienen anfälliger für Krankheitserreger
Glyphosat wirkt gegen Unkräuter, indem es das Enzym "5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase" (EPSPS) blockiert. EPSPS findet sich aber nicht nur in Pflanzen, sondern auch im Darm von Honigbienen. Es wird dort von Bakterien produziert und spielt eine wichtige Rolle für den Stoffwechsel und das Immunsystem der Insekten.
Die US-Forscher sammelten für ihr Experiment Hunderte von erwachsenen Arbeitsbienen aus einem einzigen Bienenstock, 30 davon untersuchten sie genauer. Eine Hälfte der Tiere brachten die Wissenschaftler mit Glyphosat in Kontakt, die andere mit sterilem Zuckersirup. Die Glyphosat-Konzentration habe dem Niveau entsprochen, dem Bienen in der Regel beim Pollensammeln auf Unkräutern ausgesetzt seien, heißt es in der Studie.
Durch den Vergleich der Bienengruppen fanden die Forscher heraus, dass Bienen, die Glyphosat ausgesetzt waren, ein schwächeres Immunsystem hatten und weniger an Gewicht zunahmen. Zudem stellten sie eine erhöhte Sterblichkeit der Bienen fest. Denn weil die Darmbakterien der Tiere durch den Kontakt mit Glyphosat kein EPSPS mehr produzierten, zeigten sich die Bienen anfälliger für bestimmte Krankheitserreger. Die Darmflora der Tiere hatte einen geringeren Schutzeffekt.
Glyphosat gefährdet über Wildkräutern auch das Futter für Insekten
Glyphosat steht nicht nur im Verdacht, die Gesundheit von Menschen und Tieren zu beeinträchtigen. Völlig unstrittig ist, dass sich Glyphosat negativ auf die Pflanzenwelt auswirkt. So sind aufgrund des flächendeckenden Glyphosateinsatzes von den bundesweit 270 Ackerwildkraut-Arten ein Drittel gefährdet und regional bis zu 90 Prozent der Populationen verschwunden. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie der Universität Göttingen im Auftrag der Bürgerbewegung Campact. Durch den Rückgang der Ackerwildkräuter verlieren demnach auch zahlreiche Insekten ihr Futter.
Glyphosat gilt als hoch umstritten und wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert. Laut Hersteller Bayer wirkt es nur auf den Organismus von Pflanzen und Mikroorganismen und sei deshalb sicher. Doch das weltweit meistgenutzte Spritzgift steht im Verdacht, beim Menschen Krebs zu verursachen und eben Insekten sterben zu lassen. So stuft die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Chemikalie seit 2015 als "wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" ein. Alle Versuche, es in der Europäischen Union verbieten zu lassen, scheiterten allerdings bislang.