Autofahrer, Radfahrer und Rollerfahrer sollten aktuell vorsichtig fahren: Einige Amphibien haben sich in diesem Jahr schon früh auf den Weg zu ihren Laichgewässern gemacht. Nach dem Wintereinbruch und den nun wieder steigenden Temperaturen rechnen Naturschützer teils mit einer Massenwanderung. Die Erdkröte macht sich als eine der ersten Amphibien auf den Weg.
Die Erdkröte (Bufo bufo), unsere größte heimische Krötenart, zählt zu den ersten Amphibien, die ab Ende Februar ihre Winterquartiere verlassen und sich zu ihren Laichgewässern aufmachen. Sobald die Temperaturen in der Nacht regelmäßig nicht mehr unter fünf Grad fallen und die Witterung feucht ist, werden die Männchen aktiv – und zwar alle auf einmal.
Mildes Winterwetter: Erdkröte verlässt das Winterquartier
"So kann es passieren, dass Sie schon im zeitigen Frühjahr urplötzlich Hunderte Kröten sehen, den Rest des Jahres aber keine einzige mehr", sagt die Biologin Sophia Lansing, Artenschützerin bei der Deutschen Wildtier Stiftung. Die Weibchen folgen den Männchen etwas später. Wildtierfreunde sollten also in den kommenden Tagen noch vorsichtiger unterwegs sein und auf Objekte auf der Straße achten.
Amphibien gehören zu den sogenannten ektothermen Tieren; das bedeutet, ihre Körpertemperatur hängt wesentlich von ihrer Umgebungstemperatur ab. Um Minusgrade im Winter unbeschadet zu überstehen, suchen Kröten, Frösche und Molche frostfreie Quartiere wie beispielsweise Kompost- und Laubhaufen oder Erdlöcher auf. Grasfrösche können bei einer Gewässertiefe von mindestens einem Meter sogar am Gewässergrund überwintern, wenn ein Teil des Gewässers zugefroren ist.
"Sobald die nächtlichen Temperaturen wieder auf deutliche Pluswerte ansteigen, fällt dann der Startschuss", sagte Daniela Baumgärtner, Artenschützerin bei der Deutschen Wildtier Stiftung der Deutschen Presseagentur (dpa) bereits vergangenen Winter. "Die Tiere werden agil, verlassen ihr Winterquartier und machen sich auf zu ihren Laichgewässern, um sich zu paaren." Optimale Wanderbedingungen für beispielsweise die Erdkröten herrschen bei über 70 Prozent Luftfeuchtigkeit mit Lufttemperaturen über sieben Grad Celsius.
Amphibienwanderung: Augen beim Autofahren offen halten
Die Wanderungen finden in der Regel in der Dunkelheit zwischen sieben Uhr abends und zwei Uhr morgens statt und können je nach Art wenige hundert Meter bis mehrere Kilometer betragen.
Erdkröten werden vor allem durch das massenhafte Auftreten im Frühjahr Opfer des Straßenverkehrs. "Denn anstatt vor anrollenden Autos davon zu hüpfen, bleiben sie meist sitzen oder nehmen eine Drohstellung ein und blähen sich dabei auf. Dieses Verhalten hilft gegen Fressfeinde wie zum Beispiel Schlangen – nicht aber gegen ein Auto", sagt Sophia Lansing.
Dabei kann es allein die Druckwelle des herannahenden Fahrzeugs sein, die die Organe des Tieres zerstören und sie damit töten. Wenn Autos schneller als 30 Stundenkilometer fahren, steigt laut Nabu die Wahrscheinlichkeit, dass die Tiere allein schon durch den Strömungsdruck sterben, ohne von einem Fahrzeug direkt berührt worden zu sein.
Um Amphibien vor dem Tod auf der Straße zu bewahren, sammeln Krötenschützer sie daher während der Zeit der Krötenwanderung ein und tragen sie über die Straße. Eine andere Schutzmaßnahme sind Krötentunnel, die die Tiere auf sichere Wege leiten.
Amphibienwanderung teils schwer planbar
Wenn eindeutige Übergänge von einer längeren Frostperiode hin zu wärmeren Temperaturen ausbleiben, macht dies die Wanderaktivität von Amphibien und somit Schutzmaßnahmen wie etwa das Aufstellen von Amphibienzäunen jedoch schwer planbar. Statt einer konzentrierten Wanderung über einen kurzen Zeitraum von wenigen Wochen hinweg – so wie wir es aus vergangenen Wintern gewohnt sind – laufen die Amphibien nun immer öfter einzeln und stückweise über Wege und Straßen.
So steigt für sie die Gefahr, überfahren zu werden. "Entsprechend gilt es, bei Temperaturen ab fünf Grad Celsius und hoher Luftfeuchtigkeit als Autofahrer, Radfahrer oder auch Fußgänger in der Dämmerung genauer hinzuschauen, ob wandernde Amphibien Straßen oder Wege kreuzen. Nehmen Sie Schilder zur Krötenwanderung ernst und halten Sie sich auch an Geschwindigkeitsbegrenzungen, seien Sie auch auf Waldwegen vorsichtig und umfahren oder umgehen Sie die Tiere", rät Baumgärtner.
Rücksicht gilt auch für Spaziergänger und Helfer
Für Spaziergänger gilt ebenfalls, die Tiere komplett in Ruhe zu lassen. Am besten umgeht man die Amphibien großräumig und lässt sie ihrer Wege ziehen.
Auch der NABU sensibilisiert für das Thema und bittet Autofahrer, auf Amphibienwanderstrecken höchstens 30 Stundenkilometer zu fahren. Das könnte vielen Tieren das Leben retten. Vorsichtiges Fahren ist auch wegen der vielen freiwilligen Helfer, die im Einsatz sind, wichtig.
Helfen kann man den Kröten auch, indem man ihre Wanderwege durch mehr geeignete Laichgewässer verkürzt. Im Garten reicht dafür schon ein kleiner naturbelassener Teich. Kröten sind standorttreu und werden im Freiland bis zu 15 Jahre alt.
"Wenn sie sich wohlfühlt, kann eine Kröte also über Jahre hinweg in Ihrem Garten bleiben", sagt Sophia Lansing. Dort vertilgen die Amphibien Unmengen an Schnecken und anderen Wirbellosen. Krötenfreundliche Quartiere sind Totholzstrukturen und Laubhaufen, aber auch verlassene Mäusetunnel dienen als Verstecke. Wasserpflanzen wie Seerosen und Krebsschere oder Blutweiderich oder Rohrkolben am Ufer bieten ebenfalls Unterschlupf.
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