Der Bundesgerichtshof hat dies damit begründet, dass es Testanbietern möglich sein muss, die Nutzung ihrer bekannten Testsiegel zu kontrollieren. ÖKO-TEST könne insbesondere aus eigenen Markenrechten dagegen vorgehen, dass das ÖKO-TEST Label für Produkte genutzt werde, die nicht dem tatsächlich getesteten Produkt entsprechen.
Dabei hat der Bundesgerichtshof die Feststellungen der vorhergehenden Entscheidungen der Instanzgerichte Kammergericht und Oberlandesgericht Koblenz bestätigt, nach denen es sich bei dem ÖKO-TEST Label um eine bekannte Marke im markenrechtlichen Sinn handelt. Die Marke genieße in der deutschen Bevölkerung seit geraumer Zeit eine hohe Bekanntheit und Wertschätzung. ÖKO-TEST habe diese Bekanntheit und Wertschätzung durch die Veröffentlichung von Tests über Jahrzehnte hinweg aufgebaut.
Den Revisionsverfahren lagen lizenzwidrige Nutzungen des ÖKO-TEST Labels durch die Onlinehändler Otto, Baur und Matratzen Concord zugrunde. Dabei hatte der Versandhändler Otto in seinem Onlineshop eine blaue Baby-Trinkflasche und einen grünen Baby-Beißring angeboten, die von ÖKO-TEST in einer anderen Farbgestaltung getestet worden waren. Auf der Internetseite von Baur wurden ein Lattenrost in verschiedenen Größen und Ausführungsformen sowie ein in Schwarz, Weiß und Rot gehaltener Fahrradhelm angeboten. ÖKO-TEST hatte den Lattenrost jedoch nur in einer bestimmten Größe mit verstellbarem Kopf- und Fußteil getestet. Den Fahrradhelm hatte ÖKO-TEST in einer anderen Farbgestaltung getestet. Die Herstellerin Matratzen Concord bot auf ihrer Internetseite einen Lattenrahmen und ein Kopfkissen in verschiedenen Größen an. Der Lattenrahmen und das Kopfkissen waren von ÖKO-TEST jeweils nur in einer der angebotenen Größen getestet worden.
Bestätigung des EuGH-Urteils
Nachdem der EuGH in einem vorhergehenden Verfahren (Pressemitteilung von ÖKO-TEST vom 11.04.2019) Testsiegeln einen grundsätzlichen markenrechtlichen Schutz im Falle ihrer markenrechtlichen Bekanntheit zugesprochen hat, hat der BGH die vorliegenden Revisionsverfahren nun genutzt, um markenrechtliche Fragen der Testwerbung umfassend zu klären.
Die damit grundsätzlichen Entscheidungen betreffen neben ÖKO-TEST auch andere Testanbieter Deutschlands, die die Nutzung ihrer Testsiegel für Testwerbung gestatten. Für diese Testanbieter entsteht durch die Entscheidung des BGH endlich Rechtssicherheit im Hinblick auf ihre Rechte an ihren Testsiegeln.
Für Verbraucherinnen und Verbraucher erhöhen die Entscheidungen des BGH die Zuverlässigkeit im Hinblick auf Testwerbung, da Testanbieter nun sicherstellen könnten, dass die unter Testsiegeln mitgeteilten Testergebnisse auch tatsächlich für das konkrete Produkt ausgesprochen wurden, also nur eine wahrheitsgemäße und sachgerechte Verbraucherinformation unter Nutzung der Testsiegel stattfindet.
Hintergrund zum BGH-Urteil
Wie auch andere Testanbieter gestattet ÖKO-TEST Herstellern und Händlern die Nutzung des ÖKO-TEST Labels um Verbraucherinnen und Verbraucher über die Testergebnisse getesteter Produkte zu informieren. Hierzu verlangt ÖKO-TEST jedoch den vorherigen Abschluss eines Lizenzvertrages, der Bedingungen enthält, die eine wahrheitsgemäße und sachgerechte Verbraucherinformation unter dem ÖKO-TEST Label sicherstellen sollen.
Unter anderem sehen diese Bedingungen vor, dass das ÖKO-TEST Label nur für das konkret getestete Produkt genutzt werden darf. Damit soll verhindert werden, dass das Testergebnis zu einem Produkt durch die Nutzung des Labels auf andere Produkte, etwa derselben Produktserie, übertragen wird.
Testet ÖKO-TEST etwa ein rotes T-Shirt, so darf das Label nur für dieses, nicht aber auch für ein grünes T-Shirt genutzt werden. Da ÖKO-TEST Produkte vor allem auf Schadstoffe untersucht und diese oftmals in Farbstoffen stecken, sagt das Testergebnis eines roten T-Shirts nichts über die Schadstoffbelastung eines grünen T-Shirts aus. Durch die Nutzung des ÖKO-TEST-Labels für beide Produkte würde sich dies für den Verbraucher jedoch anders und damit falsch darstellen.
Außerdem sehen die Lizenzbedingungen von ÖKO-TEST vor, dass ein Unternehmen das Label nur in Zusammenhang mit einem aktuellen Testergebnis nutzen darf. Denn ein einmal vergebenes Testurteil kann auch nach kurzer Zeit nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen. Dies liegt daran, dass ÖKO-TEST seine Bewertungen und Testkriterien immer dann verändert, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse oder Weiterentwicklungen der Laborpraxis es nötig machen.
Siehe auch: ÖKO-TEST Fragen und Antworten zum ÖKO-TEST Label
ÖKO-TEST begann vor etwa acht Jahren, konsequent gegen die unberechtigte Nutzung des ÖKO-TEST-Labels vorzugehen. Damals setzten immer mehr Firmen in ihrer Testwerbung nur gute und sehr gute Testergebnisse in das ÖKO-TEST Label ein, obgleich die konkret beworbenen Produkte diese Testergebnisse nicht erzielt hatten. In aufwendigen und kostspieligen Gerichtsprozessen wehrt sich ÖKO-TEST seitdem immer wieder gegen die unzulässige Nutzung des ÖKO-TEST Labels. Die nun vom BGH entschiedenen Revisionsverfahren stellen das vorläufige Ende dieser als Musterprozesse geführten Verfahren dar.
Eine gerichtliche Klärung zu Fragen der Testwerbung war notwendig, da die zulässige Nutzung von Testsiegeln wie dem ÖKO-TEST-Label mit Angabe des Testergebnisses "sehr gut" oder "gut" bisher nicht höchstrichterlich geklärt war. Sämtliche Urteile zur Testwerbung ergingen im Wettbewerbsrecht. Doch dieses räumt den Testanbietern gegenüber den Herstellern getesteter Produkte keine eigene Klagebefugnis ein.
Auch konnten sich Testanbieter bisher nicht rechtssicher darauf stützen, dass es sich bei ihren Testsiegeln um Marken im Sinne des EU-Markenrechts handelt. Nur Marken geben ihren Inhabern das alleinige Recht, darüber zu entscheiden, wer diese in welcher Weise nutzen kann. Auch ÖKO-TEST hatte es damit schwer, falsche oder unsachgemäße Informationen der Verbraucher durch missbräuchlich genutzte ÖKO-TEST-Label zu unterbinden.
Download der Pressemitteilung vom 12. Dezember 2019 (ÖKO-TEST)