Umweltorganisationen beklagen eine nur lückenhafte Umsetzung der neuen Mehrweg-Angebotspflicht im Gastgewerbe. Greenpeace plant ein Hinweisportal, auf dem Kunden Betriebe melden können, die trotz Verpflichtung keine Mehrwegverpackungen für Getränke oder To-go-Speisen anbieten. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) spricht auf Basis von Testkäufen von Verstößen großer Anbieter, gegen die man rechtlich vorgehen wolle (siehe dazu weiter unten).
Das Gastgewerbe verweist derweil auf hohe Belastungen für die Betriebe. "Die neue Mehrwegangebotspflicht ist für die Betriebe mit erheblichem organisatorischem und logistischem Aufwand verbunden", erklärte die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel -und Gaststättenverbands (Dehoga), Ingrid Hartges.
Um Lebensmittel in Mehrwegbehältern in hygienisch unbedenklicher Weise anbieten zu können, müssten bauliche und technische Voraussetzungen geschaffen werden. "Dies alles ist mit neuen Kosten verbunden" – in einer ohnehin für die Branche herausfordernden Zeit. Zudem registrierten die Anbieter "offensichtlich keine nennenswert erhöhte Nachfrage" der Kunden nach den Mehrweg-Varianten.
Umwelthilfe meldet Verstöße
Die DUH will solche Argumente nicht gelten lassen, zumal die Branche genügend Zeit gehabt habe, sich vorzubereiten. Am Donnerstag hatten Vertreter der Umweltschutz-Organisation die Ergebnisse eigener, stichprobenartiger Überprüfungen vorgestellt: Von 16 großen Ketten hätten 10 die seit Jahresanfang geltende Mehrwegangebotspflicht nicht verwirklicht, so DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz.
"Bei den Kinos sah es ganz besonders schlecht aus", sagte Metz. "Nur Cinestar hatte Mehrwegbecher, aber nicht in allen Füllgrößen." Cineplex hätte beispielsweise gar kein Angebot gehabt, bei Cinemaxx seien die Mehrwegbecher bereits am Abend ausverkauft gewesen. Es habe aber auch positive Beispiele gegeben: Dazu gehören nach Angaben der DUH die Bäckereikette Kamps und die Fastfood-Kette Burger King. Insgesamt hatten DUH-Käufer zwischen 11. und 20. Januar 2023 in 35 Filialen von 16 Ketten in Berlin, Köln und München nach Mehrwegverpackungen gefragt.
Die Umwelthilfe fordert nun von den Bundesländern eine Überprüfung und Sanktionierung der festgestellten Verstöße. Es würden aber nicht nur die Behörden informiert, sondern eigene Rechtsverfahren eingeleitet.
Zum Hintergrund: Viele Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen für unterwegs verkaufen, müssen dafür seit Jahresbeginn neben Einweg- auch Mehrwegverpackungen anbieten – sofern sie Einweg-Verpackungen aus Kunststoff nutzen. Bei Getränken aller Art muss es eine Mehrweg-Alternative geben. Ausnahmen gelten für kleinere Geschäfte, die nicht größer als 80 Quadratmeter sind und höchstens fünf Beschäftigte haben. Dort müssen Kunden aber die Möglichkeit bekommen, eigene Behälter befüllen zu lassen. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 10.000 Euro.
Einheitliches Pfandsystem gefordert
Greenpeace-Expertin Wohlgemuth pocht auf eine Durchsetzung der Regelungen durch die zuständigen Landesbehörden – mit strafrechtlicher Verfolgung bei Verstößen. Das Greenpeace-Hinweisportal solle im März zur Verfügung stehen und auch Verstöße gegen das Gesetz abbilden, die Greenpeace im Rahmen eigener Testkäufe festgestellt habe.
Nötig sei eine "gesetzliche Mehrweg-Pflicht für Verpackungen egal welchen Materials", so Wohlgemuth. Damit das funktioniert, müssten die Verbraucher die Behälter über ein einheitliches Poolsystem deutschlandweit bei jedem Gastro-Betrieb oder an Automaten zurückgeben können, ähnlich wie handelsübliche Mineralwasserflaschen aus Glas.
Auch aus Sicht des Umweltbundesamtes (UBA) sind weitere Anstrengungen notwendig, um Mehrwegsysteme zu stärken. Die Behörde sprach sich daher für eine Ausweitung der Mehrweg-Angebotspflicht auf alle Einweg-Lebensmittelverpackungen aus, die im jeweiligen Betrieb befüllt werden – damit nicht nur Plastikmüll vermieden wird. Dies sei "notwendig um Ausweichbewegungen auf andere Einwegmaterialien wie Papier und Pappe zu verhindern".
Auch dürfte der Anreiz, Mehrwegverpackungen oder -geschirr zu nutzen, erhöht werden, wenn diese gegenüber Einwegverpackungen finanziell bessergestellt würden. Bereits jetzt sei dies auf freiwilliger Basis möglich, erklärte das Umweltbundesamt. Diese und andere Vorschläge wolle man beratend auch beim Bundesumweltministerium einbringen.
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