Natürlich haben wir das gewusst. Dass unser Konsum Auswirkungen auf das Leben unserer Kinder hat. Dass Fliegen, Fleischessen und fette Autos den Klimawandel beschleunigen. Und dass die Menschen, die nach uns auf diesem Planet leben, die Folgen für unser Handeln tragen müssen. Aber so richtig greifbar waren diese Auswirkungen bisher nicht.
Was bedeutet das für unsere Kinder? Für ihre Gesundheit? Das haben rund 100 Wissenschaftler nun auf 43 Seiten in dem Fachmagazin "The Lancet" veröffentlicht. Es sind 43 Seiten, die wehtun.
Welche Auswirkungen Wissenschaftler befürchten
Die Kinder, die heute auf die Welt kommen, werden – wenn wir so weitermachen wie bisher – an ihrem 71. Geburtstag in einer Welt leben, die um vier Grad wärmer ist, als sie es zu Beginn der Industrialisierung war. Das hat Auswirkungen für unsere Kinder, aber auch für deren Enkel.
Denn, so Nick Watts, einer der Hauptautoren der Studie: "Kinder sind besonders anfällig für die Gesundheitsrisiken eines sich wandelnden Klimas, weil sich ihr Körper und das Immunsystem noch entwickeln." Kinder – und alte Menschen, weil auch die empfindlicher sind. Das befürchten die Wissenschaftler:
1. Mehr Hitzetote und Herzinfarkte
Das passiert: Mit der Erwärmung der Erde steigt die Zahl der Hitzewellen. Das passiert schon jetzt: 2018 etwa waren weltweit 220 Millionen mehr ältere Menschen Hitzewellen ausgesetzt als im Durchschnitt der Jahre 1986 bis 2005.
So wirkt sich das aus: Hitzestress kann, so die Studie, "schwerwiegende Folgen für die Gesundheit haben". Hitzschlag, Herzinfarkt und Nierenversagen aufgrund von Flüssigkeitsmangel sind nur einige davon. Besonders empfindlich auf Hitze reagieren Babys, Kinder und ältere Menschen. Im Hitzesommer 2018 starben laut Robert- Koch-Institut allein in Hessen und Berlin mehr als 1.000 Menschen an den Folgen der Hitze.
2. Mehr Mangelernährung
Das passiert: Pro Grad, das die Erderwärmung steigt, sinkt die weltweite Weizenernte um ganze sechs Prozent. Denn: Extreme Wetterereignisse wie Starkregen, Hagel oder Dürre treten vermehrt auf – und verhageln die Ernten oder lassen sie verdorren. Wenn es wärmer ist, breiten sich auch Schädlinge leichter aus, die die Pflanzen kaputt machen. Und Wasser wird knapper. All das lässt die Ernten sinken. Schon heute sind 800 Millionen Menschen unterernährt – die Zahl wird deutlich steigen.
So wirkt sich das aus: Lebensmittelkrisen sind laut den Forschern eine erwartbare Folge. Und, natürlich: Die Zahl der unterernährten Menschen wird weltweit steigen. Besonders gefährdet sind Kinder und Jugendliche, weil sie aufgrund ihres Wachstums auf eine ausgewogene Ernährung angewiesen sind.
3. Mehr Atemwegserkrankungen
Das passiert: Die Zahl der Waldbrände steigt und wird mit jedem Grad, um das die Erde sich erwärmt, weiter steigen. In 152 Ländern gab es zwischen 2015 und 2018 bereits mehr Waldbrände als in den Jahren zwischen 2001 und 2004.
So wirkt sich das aus: Die Zahl der Toten und Verletzten durch Waldbrände wird zunehmen. Außerdem werden mehr Menschen unter Atemwegserkrankungen nach Waldbränden leiden – weil der Qualm viele Kilometer zurücklegen kann, auch in Regionen, die nicht unmittelbar von dem Waldbrand betroffen sind.
4. Mehr Infektionskrankheiten
Das passiert: Wärmere Temperaturen begünstigen den Ausbruch von Infektionskrankheiten – auch jetzt schon. Krankheiten, die bisher nur in den Tropen auftraten, kommen immer näher. Auf den Kanaren und Madeira etwa gibt es erste Fälle von Dengue-Fieber. Eine Mückenart überträgt diese Krankheit – und je feuchter und wärmer es hier wird, desto wohler fühlt sie sich. Auch Zika-Fälle gab es bereits in Frankreich. Und in Deutschland wurden 2019 erste Fälle des West-Nil-Virus registriert.
So wirkt sich das aus: Laut den Forschern werden wir in Europa aufgrund des sich verändernden Klimas mit immer mehr tropischen Krankheitserregern konfrontiert. Krankheiten wie Malaria und Dengue-Fieber, die für Kinder besonders gefährlich sind. Die Zahl der Infektionskrankheiten wird steigen, so die Forscher – und damit die Zahl der Menschen, die daran sterben.
5. Mehr Allergien
Auch die Zahl der Allergien wird steigen – wenn diese Auswirkung auch nicht Teil des Berichts der rund 120 Forscher ist.
Das passiert: Wärmere Temperaturen verlängern die Blütezeit und verstärken den Pollenflug. Die Entwicklung ist schon jetzt zu beobachten – und wird sich verstärken. Das veränderte Klima wird auch die Pflanzenwelt verändern – einige Pflanzen, die bisher hier heimisch waren, werden hier nicht mehr wachsen. Dafür werden andere Pflanzen hier heimisch. Und die bringen neue, ganz andere Pollen mit sich.
So wirkt sich das aus: Viele Allergiker werden länger leiden, weil sich die Blütezeit verlängert. Und die Zahl der Allergien und die der Allergiker wird wachsen, weil neue Pollen hinzukommen.
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