Die Europäische Union will Grenzwerte für Mineralöl-Verunreinigungen in Lebensmitteln einführen: Für sogenannte aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH). Zu MOAH zählen auch Verbindungen, die unter Verdacht stehen, krebserregend und erbgutverändernd zu wirken. Für sie sollen zukünftig Obergrenzen für alle Lebensmittel gelten.
Darauf hat sich der zuständige EU-Ausschuss im April 2022 geeinigt, wie in einem "Entwurf einer gemeinsamen Erklärung der Mitgliedstaaten über die Belastung von aromatischen Mineralölen (MOAH) in Lebensmitteln" nachzulesen ist. Der betreffende Ausschuss (für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel) setzt sich aus Vertretern aller EU-Länder und der Europäischen Kommission zusammen.
Diese MOAH-Grenzwerte sind in der EU vorgesehen
Konkret empfiehlt der EU-Ausschuss folgende Grenzwerte:
- Für trockene Lebensmittel mit einem geringen Fett-/Ölgehalt von bis zu vier Prozent sollen bis zu 0,5 mg/kg MOAH (d.h. 0,00005 %) zulässig sein.
- Für Lebensmittel mit einem Fett-/Ölgehalt von über vier Prozent sollen bis zu 1 mg/kg MOAH (d.h. 0,0001 %) erlaubt sein.
- Für Fette und Öle sollen bis zu 2 mg/kg MOAH (d.h. 0,0002 %) erlaubt sein.
Die Regelung gilt ab sofort, ist jedoch noch nicht rechtsverbindlich. Die Mitgliedstaaten können vielmehr individuell entscheiden, ob sie die Anforderungen durchsetzen. Laut der Verbraucherorganisation Foodwatch will die EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA Ende 2022 eine überarbeitete Risikobewertung zu Mineralölen veröffentlichen.
MOAH sollten vollständig verboten werden
Wie aber können bedenkliche Mineralölkohlenwasserstoffe überhaupt in Lebensmittel geraten und diese verunreinigen? Eine eindeutige Antwort auf diese Frage gibt es nicht, es liegt aber nahe, dass Mineralöl entweder bei der Ernte und Verarbeitung aus Maschinen auf die Nahrungsmittel übergehen kann oder aus Verpackungen stammt, die für Lebensmittel verwendet werden. So enthalten zum Beispiel Verpackungen aus Altpapier häufig Druckerfarben, die auf Mineralöl basieren.
Aus Sicht von Verbraucherschützern wie ÖKO-TEST ist eine schnelle Umsetzung der neuen Regelungen begrüßenswert – angebracht wäre es aber natürlich, krebsverdächtige MOAH in Lebensmitteln vollständig zu verbieten, statt lediglich Grenzwerte einzuführen. Verbraucher sollten Mineralöl-Verunreinigungen in Lebensmitteln auch dann nicht tolerieren müssen, wenn die kritischen Stoffe lediglich in Spuren vorkommen.
Mineralöl: Dauerthema in unseren Tests
ÖKO-TEST macht seit Jahren auf Probleme mit Mineralöl in Lebensmitteln und Kosmetikprodukten aufmerksam. Und das mit gutem Grund: Die von uns beauftragten Labore stoßen fast jeden Monat in einer neuen Produktgruppe auf Mineralöl-Verunreinigungen.
In unserer aktuellen Juni-Ausgabe haben wir MOAH beispielsweise in Schokoladeneis nachgewiesen; in der Mai-Ausgabe haben wir gezeigt, dass rund ein Drittel der Olivenöle im Test mit MOAH verunreinigt waren. Mehr zum Olivenöl-Test erfahren Sie, wenn Sie auf den folgenden Kasten klicken:
Für besonderes Aufsehen sorgte unsere Entdeckung, dass Mineralöl-Belastungen ein dauerhaftes Problem bei Baby-Milchpulver, einem besonders sensiblen Produkt, darstellt.
Thema Mineralöl erzeugt breite Resonanz
Auch andere Organisationen haben das Thema aufgenommen: So hat beispielsweise Foodwatch zuletzt Ende 2021 eigene Laboranalysen veröffentlicht. Dazu wurden rund 150 Lebensmittel des täglichen Bedarfs in fünf europäischen Ländern eingekauft und auf Mineralölbelastungen untersucht.
Laut der Verbraucherorganisation waren etwa 20 Produkte verunreinigt, was jedem achtem Produkt entspricht. Auch staatliche Labore haben in den letzten Jahren immer wieder gesundheitsgefährdendes Mineralöl in verschiedenen Produktgruppen nachgewiesen.
Bislang keine Regelung für MOSH
ÖKO-TEST kritisiert nicht nur Verunreinigungen durch MOAH, sondern auch durch MOSH, bei denen es sich um gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe handelt. Sie reichern sich unter anderem im menschlichen Fettgewebe und der Leber an. Welche Folgen die Aufnahme von MOSH hat, ist noch nicht geklärt.
Wir finden, dass weder MOSH noch MOAH etwas in Lebensmitteln oder Kosmetika zu suchen haben. Für MOSH existieren zumindest bereits Richt- bzw. Orientierungswerte verschiedener Institutionen; gesetzliche Vorschriften fehlen aber bislang.
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