Grippeimpfung in der Apotheke: Neues Modellprojekt gestartet

Autor: Benita Wintermantel | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 02.10.2020

Künftig sollen sich Impfwillige auch in der Apotheke gegen Grippe impfen lassen können.
Foto: Tong_stocker/Shutterstock

Im Herbst und Winter werden zwei Epidemien aufeinandertreffen: die Grippewelle und die Corona-Pandemie. Grippeschutzimpfungen in der Apotheke könnten ab Herbst für eine Entlastung der Arztpraxen sorgen und für Impfwillige ein niederschwelliges Angebot darstellen, so der Plan der Bundesrgierung - der auf Widerstände trifft.

Das Paul-Ehrlich-Institut rechnet damit, dass sich dieses Jahr mehr Menschen als sonst gegen Grippe (Influenza) impfen lassen wollen. Vor allem ältere Menschen, denen besonders zur Grippeschutzimpfung geraten wird, scheuen aber derzeit den Gang zum Arzt – aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus.

Eine Alternative könnte die Möglichkeit sein, sich den Impfstoff nicht beim Hausarzt, sondern in der Apotheke spritzen zu lassen. Der Apothekerverband Nordrhein und die AOK Rheinland/Hamburg haben jetzt ein entsprechendes Modellprojekt gestartet. In ausgewählten Apotheken in Düsseldorf und Umgebung, Essen/Mülheim/Oberhausen, Bonn/Rhein-Sieg sowie in Duisburg/Niederrhein können sich Impfwillige ab Oktober gegen Influenza impfen lassen.

Modellprojekt testet Grippeimpfung in der Apotheke

Das Modellprojekt läuft zunächst über drei Jahre und wird wissenschaftlich begleitet. Der Vorteil: "Grippeschutzwillige müssen nicht mehr extra einen Termin beim Arzt vereinbaren und sich in überfüllte Wartezimmer setzen", erklärt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Impfquote von 75 Prozent ist EU-Ziel

Ziel des Projekts: Die Durchimpfungsrate soll steigen. "Bislang sind nur rund 35 Prozent der Bundesbürger ab 60 Jahren gegen Grippe geimpft. Das Ziel ist eine Impfquote von 75 Prozent, lautet der Wusch des Bundesgesundheitsministerium. Es bleibt also noch viel zu tun. "Apotheken könnten als niederschwellige Anlaufstelle das Impfangebot der Arztpraxen ergänzen und die Durchimpfungsrate verbessern", sagt BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer.

Die internationalen Erfahrungen seien positiv, so die Bundesapothekerkammer (BAK): Grippeschutzimpfungen durch Apotheker hätten sich in etlichen anderen Ländern bewährt, zum Beispiel in Frankreich, in Großbritannien oder in Portugal.

Die Bundesärztekammer (BÄK) kritisiert die Pläne jedoch vehement. Eine Schulung für die Apotheker sei nicht ausreichend, die Patientensicherheit sei infrage gestellt. BÄK-Vizepräsidentin Heidrun Gitter fügt hinzu, dass Deutschland über eine ausreichende Zahl von Ärzten verfüge, um flächendeckend qualifiziert impfen zu können.

So funktioniert die Grippeschutzimpfung in der Apotheke

  • In Apotheken dürfen nur Erwachsene ab 18 Jahren geimpft werden, die gesetzlich krankenversichert sind.
  • Voraussetzung für die Teilnahme der Apotheken: Die Apotheker müssen eine spezielle Fortbildung absolvieren. In der achtstündigen Schulung lernen sie, wie sie über die Impfung informieren und beraten, wie sie die Impfung durchführen und was bei unvorhergesehenen Impfreaktionen zu tun ist. Danach sollen sie ohne Rücksprache mit einem Arzt entscheiden können, welche Patientinnen und Patienten gegen Influenza geimpft werden können. Die Apotheken benötigen für die Grippeschutzimpfung einen separaten, nicht einsehbaren Nebenraum.
  • Die Kosten für die Grippeschutzimpfung werden von den meisten Krankenkassen übernommen – egal, ob Sie sich beim Arzt oder in einer Apotheke impfen lassen.

Wer soll sich gegen Grippe impfen lassen?

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die Grippeschutzimpfung allen Menschen über 60 Jahren, Patienten mit chronischen Erkrankungen, Schwangeren, medizinischem Personal, aber auch Personen mit viel Publikumsverkehr.

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