Das Müsli am Morgen mit Joghurt und Milch, der Latte Macchiato am Nachmittag, die Käseplatte als letzten Gang eines gelungenen Abendessens – was den einen gut schmeckt, verursacht den anderen schon bei der Vorstellung Bauchgrimmen. Etliche Deutsche leiden an einer Laktoseintoleranz: Sie vertragen den Milchzucker Laktose nicht und reagieren darauf mit Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall.
Was ist Laktoseintoleranz genau?
Anders als bei einer Allergie sind diese Reaktionen zwar lästig und manchmal auch schmerzhaft, aber nie lebensbedrohlich. Die Laktoseintoleranz zählt zu den Nahrungsmittelunverträglichkeiten – und ist nicht besonders selten. Etwa 15 bis 20 Prozent der Deutschen können nach Angaben der Europäischen Stiftung für Allergieforschung (ECARF) keinen Milchzucker aufspalten. In Asien tritt Laktoseintoleranz noch deutlich häufiger auf.
So entsteht eine Laktoseintoleranz
Bei der Laktoseintoleranz wird im Dünndarm zu wenig Laktase gebildet: Das wichtige Enzym spaltet die Laktose in seine beiden Bestandteile Glukose und Galaktose auf. Nur dann können die zwei Bausteine des Milchzuckers vom Darm aufgenommen und in Energie umgewandelt werden. Kommt die Laktose aber wegen Laktasemangel ungespalten in den Dickdarm, wird sie dort von Bakterien zerlegt, was zu Gärungsgasen und vermehrten Darmbewegungen führt. Die Beschwerden setzen etwa eine halbe Stunde bis zwei Stunden nach dem Essen ein.
Während Säuglinge noch jede Menge des Enzyms Laktase produzieren, um die Muttermilch überhaupt verdauen zu können, geht bei einigen Menschen die Fähigkeit, genug Laktase zu bilden, mit den Jahren verloren. Nord- und Mitteleuropäer sind davon nicht so häufig betroffen wie Menschen in Asien oder Afrika. Global betrachtet können sogar etwa 75 Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung keine Milch vertragen.
Laktoseintoleranz als Folgeerkrankung
Bei einer geschädigten Darmschleimhaut, etwa bei der Zöliakie oder Morbus Crohn, kann die Laktoseintoleranz als Folgeerkrankung auftreten. Wird die Grunderkrankung erfolgreich behandelt, indem beispielsweise bei der Zöliakie konsequent Gluten vermieden wird, ist die Rückbildung der Milchzuckerunverträglichkeit möglich.
Das müssen Menschen mit einer Laktoseintoleranz beachten
Wenn die Erkrankung bestätigt ist, sollten laktosehaltige Lebensmittel weitgehend gemieden werden. Inzwischen gibt es neben zahlreichen laktosefreien Produkten auch vegane Alternativen zur Kuhmilch: Soja-, Haferdrinks und andere pflanzliche Milchgetränke.
ÖKO-TEST hat für Sie 15 verschiedene Pflanzendrinks getestet - vor allem eine vegane Milchalternative konnte dabei überzeugen:
Welche Lebensmittel enthalten Laktose?
Milch von allen Säugetieren wie Kuh, Schaf oder Ziege und auch Stuten- und Kamelmilch enhält Laktose. Folgende Produkte und Lebensmittelbestandteile enthalten deshalb Laktose:
- Vollmilch, entrahmte Milch, H-Milch
- Milchpulver, Vollmilchpulver, Magermilchpulver
- Sahne, Rahm, Sahnepulver, saure Sahne
- Trockenmilch
- feste Milchbestandteile
- Molke, Molkepulver, Molkenerzeugnisse, Süßmolke, Süßmolkenpulver
- Butter
Aber auch viele Lebensmittel, bei denen man dies nicht unbedingt vermutet, enthalten Milch, Milchpulver oder Milchzucker. So stecken Milch oder Milchpulver (und damit auch Laktose) in Pizza und Konserven. Milchzucker findet sich in Schokolade, Puddings, Cremes und Keksen, aber auch Wurst- und Putenaufschnitt, Salami, Wiener Würstchen und Fleischsalat können damit angereichert sein. Außerdem kann Laktose in Brot, Fertigsalaten, Salatsoßen, Frühstücksdrinks, Fertigsoßen und Soßenbinder enthalten sein.
Wichtig: Nur der Blick auf die Zutatenliste bringt Betroffenen Gewissheit. Seit einigen Jahren müssen Milch und Milchzucker auf der Zutatenliste von Lebensmitteln angegeben werden, wenn sie enthalten sind. Laktose steckt in allen Produkten, bei denen diese Bezeichnungen auftauchen:
- Milchzucker, Laktose, Lactose
- Laktosemonohydrat
Keine Laktose ist enthalten, wenn folgende Begriffe in der Zutatenliste stehen:
- Laktat, Lactat
- Milchsäure
- Milcheiweiß
- Milchsäurebakterien, milchsauer vergoren
Laktoseintoleranz: Welche Produkte kann man als Ersatz essen und trinken?
Bei einem vollständigen Verzicht auf Milch und Milchprodukte muss auf eine kalziumreiche Ernährung geachtet werden, denn dieser Mineralstoff ist wichtig für den Knochenaufbau und bei Frauen zur Vorbeugung von Osteoporose. Vergleichsweise viel Calcium steckt in grünem Blattgemüse wie Brokkoli, Grünkohl und Spinat sowie in Hülsenfrüchten, Samen und Nüssen. Auch kalziumreiches Mineralwasser ist eine wichtige Zufuhrquelle.
Eine Alternative sind auch laktosefreie Milch und Milchprodukte. Mithilfe chemischer Verfahren sind darin die Milchzuckermoleküle durch zugegebene Laktaseenzyme bereits in der Milch in Glukose und Galaktose aufgespalten. Es bleibt eine Restlaktosemenge von weniger als 0,1 Gramm pro 100 Gramm Milch, die von Menschen mit Laktoseintoleranz vertragen wird. Alle sonstigen Inhaltsstoffe wie das wichtige Kalzium bleiben erhalten. Allerdings schmeckt die laktosefreie Milch leicht süßlich, da die Süßkraft von Glukose und Galaktose höher ist als die der Laktose.
Auch auf Käse müssen Menschen mit einer Laktoseintoleranz nicht unbedingt verzichten. Nach der Faustregel: "Je reifer der Käse, umso mehr Laktose ist abgebaut", kann man ausprobieren, wie inividuell bekömmlich ein Käse ist. So wird die Laktose in Hartkäse wie Parmesan oder Manchego im Zuge der Reifung fast komplett abgebaut. Lange gereifte Weichkäse sind ebenfalls oft laktosearm oder frei davon.
Auch kleine Mengen an Naturjoghurt werden häufig vertragen, da die Laktose im Joghurt von den Milchsäurebakterien abgebaut wird. Aber Achtung: Vielen Naturjoghurts, egal ob Bio oder konventionell, wird Milchzucker zugesetzt, um die Cremigkeit zu erhöhen. Das verrät aber die Zutatenliste.
Was in jedem Fall eine Alternative sein kann: Veganer Joghurt. Im Test konnten viele pflanzliche Joghurts überzeugen.
Auch zusätzlich eingenommene Laktasetabletten oder -kapseln können Betroffenen Linderung bringen, etwa wenn man zum Essen eingeladen ist oder ins Restaurant geht. Sie werden meist unmittelbar vor einer milchzuckerhaltigen Mahlzeit eingenommen. Bei einer sehr ausgeprägten Laktoseintoleranz vertragen die Betroffenen weniger als ein Gramm Laktose täglich. Hier können Laktasepräparate regelmäßig unterstützend eingesetzt werden.
So stark ist die Unverträglichkeit verbreitet
Es ist gar nicht so normal, Milch, Joghurt und Co. ohne Probleme genießen zu können. Evolutionsgeschichtlich gesehen ist es sogar eine kleine Sensation – und war einst ein enormer Vorteil: Bis vor 8.000 Jahren vertrugen die Menschen keine Milch. Erst mit der Verarbeitung von Milch zu Käse, Joghurt und Kefir, die einen verträglicheren Laktosegehalt als Frischmilch hatten, passierte quasi eine Ernährungsrevolution: Zum einen standen den Viehbauern wertvolle Nahrungsmittel zur Verfügung, die ihnen das Überleben einfacher machten. Zum anderen kam es zu einer genetischen Mutation, die zu einer dauerhaften Ausschüttung des Enzyms Laktase führte. Seit dieser Zeit haben zumindest Nord- und Mitteleuropäer weniger bis gar keine Probleme mehr mit der Milch.
Heute nehmen die laktosefreien Milchprodukte in den Supermarktregalen immer mehr Platz ein, in den großen Kaffeehausketten ist es kein Problem mehr und fast schon angesagt, den Latte Macchiato mit laktosefreier oder Sojamilch zu bestellen und jeder Schul- oder Kindergartencaterer kennt die Fragen der Eltern, ob auch laktosefreie Essen angeboten werden.
Einige Experten schätzen sogar, dass jeder fünfte bis sechste Deutsche Laktose nicht ausreichend aufspalten kann. Doch das heißt noch lange nicht, dass all diese Menschen auch wirklich keine Milch oder Milchprodukte vertragen können. Denn es kommt auf die Menge an: So fanden amerikanische Wissenschaftler heraus, dass eine kleine Tasse Milch (0,1 Liter) den meisten keine Probleme bereitet. Außerdem reduzierten sich die Beschwerden wie Blähungen und Durchfall, wenn mit der Milch oder dem Joghurt noch andere Lebensmittel verzehrt werden, wie zum Beispiel Müsli. Denn die feste Nahrung verlangsamt die Verdauung im Magen, und die Laktosedosis gelangt so nicht in einer großen Portion in den Darm.
Nur eine ärztliche Diagnose bringt Gewissheit über die Laktoseintoleranz
Doch nur ein Test beim Arzt bringt Gewissheit. Zuständig dafür ist der Internist, Allergologe oder Gastroenterologe. Die Ärztinnen und Ärzte prüfen, ob es sich tatsächlich um eine Laktoseintoleranz handelt oder ob es eine andere Ursache für die Beschwerden gibt, etwa ein Reizdarmsyndrom, das ähnliche Symptome hervorruft.
Der sogenannte H2-Atemtest, den die Arztpraxis in der Regel durchführt, ist einfach und nicht sehr belastend. Der Patient trinkt eine Milchzuckerlösung, anschließend wird der Atem mehrmals auf Wasserstoff (H2) untersucht. Kommt nämlich die nicht gespaltene Laktose in den Dickdarm, wird sie dort von Bakterien bearbeitet – dabei entsteht neben Milch- und Essigsäure sowie Kohlenstoffdioxid auch gasförmiger Wasserstoff, der über das Blut in die Lungen gerät und ausgeatmet wird. Deshalb gilt eine Wasserstoffkonzentration in der Atemluft als Nachweis für eine Laktoseintoleranz.
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