Wer abschwellende Nasensprays länger als sieben Tage am Stück anwendet, kann abhängig werden. Was harmlos klingt, ist gar nicht so ohne: Die Abhängigkeit kann zu chronischem Schnupfen, häufigem Nasenbluten und sogar zu einem Verlust des Geruchsinns führen.
Abschwellende Nasensprays bei Schnupfen
Bei einem starken Schnupfen mit verstopfter Nase ist das Spray ein Segen: Es sorgt für freies Durchatmen – und damit für einen erholsamen Nachtschlaf. Aber oft gehört der Griff zum Nasenspray aber auch noch zur täglichen Routine, wenn die Erkältung längst abgeklungen ist. Das passiert schneller, als so manch einer denkt. Denn die Schleimhäute in unserer Nase gewöhnen sich mit der Zeit an abschwellende Nasensprays. Damit die Nase frei wird und man gut Luft bekommt, braucht es dann immer mehr Sprühstöße. Und das in kürzerer Zeit.
Abhängigkeit vom Nasenspray: Mehr Gewöhnung als Sucht
Bei einer längerfristigen Anwendung von chemischen Nasensprays oder -tropfen kann es zu Gewöhnungseffekten kommen. Die Gewöhnung an den Nasenspray hat sogar einen Namen: Privinismus.
Nasenspray-Süchtige gehen ohne ihr Spray nicht aus dem Haus und abends nicht ins Bett. Nach Schätzungen des Bremer Pharmakologen Gerd Glaeske sind zwischen 100.000 und 120.000 Deutsche von einer Nasenspray-Abhängigkeit betroffen (Quelle: FAZ). Die Dunkelziffer dürfte aber deutlich höher liegen. Schließlich ist das Spray problemlos ohne Rezept für wenige Euro in jeder Apotheke erhältlich und gilt bei vielen Schnupfen-Patienten als harmloses Medikament.
Wie kommt es zu einer Nasenspray-Sucht?
Vor allem nachts kann eine verstopfte Nase ausgesprochen lästig sein. Viele Menschen greifen dann zu abschwellenden Nasensprays. Die in den Sprays enthaltenen Wirkstoffe Xylometazolin und Oxymetazolin sorgen dafür, dass sich die Blutgefäße zusammenziehen, die Schleimhäute abschwellen und der Schnupfen-Patient besser Luft bekommt.
Der Körper gewöhnt sich rasch an die Wirkstoffe – die Schleimhäute schwellen immer schneller wieder an. In der Folge wird die Nasenschleimhaut nicht mehr so gut durchblutet und befeuchtet. "Dann wird sie dünn wie Pergamentpapier. Und dann kann die Nase ihren Job nicht mehr gut machen - das Befeuchten, Erwärmen und Reinigen der Atemluft", erklärt der HNO-Arzt Bernhard Junge-Hülsing aus Starnberg.
Der Patient greift wieder und wieder zum Nasenspray. Das kann dazu führen, dass er mehr Nasenspray für dieselbe Wirkung braucht. Der Teufelskreis einer Sucht beginnt. Schon alleine aus Angst vor der verstopften Nase und dem Gefühl, keine Luft zu bekommen, wird kontinuierlich nachgesprüht.
Risiken einer Nasenspray-Sucht
- Werden die Schleimhäute nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt, trocknen sie aus und werden rissig. Dadurch kann es zu lästigen Krusten und häufigem Nasenbluten kommen.
- Auch die Flimmerhärchen in der Nase werden geschädigt. Die Folge: Viren und Bakterien können leichter eindringen, die Anfälligkeit für Atemwegserkrankungen nimmt zu.
- Es kann zu einer dauerhaften und nicht reparablen Schädigung der Nasenschleimhaut kommen.
- Der Geruchssinn kann gestört werden.
Bakterien können "Stinknase" verursachen
Bei einer dauerhaften Anwendung kann es zu einer sogenannten "Stinknase" (medizinischer Fachbegriff: Ozäna) kommen. Wenn die Schleimhaut ständig trocken ist, siedeln sich dort Bakterien an, die für einen fauligen Geruch sorgen. Die Betroffenen merken von ihrer stark riechenden Nase nichts – die Umgebung allerdings schon.
Was hilft bei Abhängigkeit von Nasenspray?
Wenn Sie das Gefühl haben, abhängig von Nasenspray zu sein, sprechen Sie Ihren Hals-Nasen-Ohren-Arzt darauf an. Er kann Ihnen Tipps zur Entwöhnung geben.
Folgende Maßnahmen können helfen:
- "Man kann versuchen, auf ein Nasenspray mit geringerer Wirkstoff-Konzentration umzusteigen – also erst von Erwachsenen- auf Kinder-Nasenspray und dann auf Baby-Nasentropfen", empfiehlt Bernhard Junge-Hülsing.
- Besser als ein kalter Entzug von heute auf morgen ist die schrittweise Reduzierung der Dosis. Hierbei wird der Nasenspray mit Kochsalzlösung gestreckt. Bernhard Junge-Hülsing hat noch einen Trick aus seiner HNO-Praxis parat: "Ein einfacher Trick, der aber gut funktioniert: Man markiert - etwa bei Baby-Nasentropfen - den vollen und den halben Füllstand der Flasche. Ist das Fläschchen halb leer, füllt man es mit Wasser wieder auf. Und dann wieder. Man entwöhnt die Nasenschleimhäute also, indem man den Wirkstoff, das Xylometazolin, immer weiter verdünnt."
- Hilfreich kann auch die einseitige Abgewöhnung des Nasensprays sein: Wenden Sie den Spray in den ersten Tagen der Entwöhnung nur auf einer Seite an. Diese Seite bleibt dann frei, und Sie können gut atmen. Entwöhnen Sie das andere Nasenloch – die Verstopfung wird sich innerhalb weniger Tage deutlich bessern. Im nächsten Schritt können Sie dann mit der Entwöhnung des zweiten Nasenlochs beginnen.
- Wenden Sie Alternativen zu abschwellenden Nasensprays an.
Das sind Nasensprays ohne Suchtgefahr
Es gibt Nasensprays, bei denen Sie keine Angst vor einem Gewöhnungseffekt haben müssen: mineralische Nasensprays, Meersalzsprays oder Nasensprays auf der Basis ätherischer Öle.
Wenn Sie schlecht Luft bekommen, kann auch eine Nasenspülung oder Nasendusche helfen.
4 Tipps für die richtige Anwendung von Nasenspray
Wenn Sie eine starke Erkältung mit Schnupfen haben, müssen Sie auf ein abschwellendes Nasenspray nicht verzichten. Ganz im Gegenteil: Kurz angewendet, ist das Medikament ein Segen. Um schnell wieder gesund zu werden, ist erholsamer Schlaf wichtig – und der ist mit einer verstopften Nase oft nicht möglich. Wenn Sie diese Tipps berücksichtigen, sind Sie auf der sicheren Seite:
- Den Tipp des Apothekers, das Medikament maximal eine Woche anzuwenden, sollten Sie ernst nehmen. Die tägliche Maximal-Dosis liegt bei drei Anwendungen am Tag.
- Verwenden Sie so wenig Spray wie möglich. Probieren Sie aus, ob ein Nasenspray für Kinder vielleicht auch ausreicht. Diese Produkte sind meist niedriger dosiert.
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Nasenspülungen, Nasenduschen und Meerwasser-Nasensprays können ebenfalls helfen, die Nase zu befreien.
- Trockene Heizungsluft setzt der Nasenschleimhaut zusätzlich zu. Lüften Sie ausreichend, und bewegen Sie sich viel an der frischen Luft.
Andere Gründe für die Gewöhnung an Nasenspray
Es kann auch andere Gründe für die Gewöhnung an den Nasenspray geben:
- Allergie: "Wenn die Nase nachts immer zu ist, kann eine Hausstauballergie dahinterstecken. Denn die Milben fühlen sich in Betten besonders wohl, weil sie es dort feucht und warm haben und sich von unseren Hautschuppen ernähren," erläutert der HNO-Arzt Bernhard Junge-Hülsing.
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Nasenscheidewandverbiegung
- Polypen
Wichtig: Wenn es mit der Entwöhnung nicht klappt, sollten Sie zum HNO-Arzt gehen und herausfinden, ob es andere behandelbare Ursachen gibt.
Quellen: Deutsche Hauptstelle für Suchfragen e.V. (DHS)
Mit Material der dpa
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