Aromatischer Bärlauch und Waldmeister, süße Walderdbeeren, Waldhimbeeren, selbst gesammelte Pilze: Wiesen und Wälder halten von März bis in den November hinein einiges an Leckereien bereit, die wir gerne sammeln und noch lieber essen. Im Hinterkopf lauert aber immer auch die Sorge vor dem Fuchsbandwurm: Dürfen wir die leckeren Fundstücke aus dem Wald überhaupt essen? Wie groß ist das Risiko einer Bandwurm-Infektion? Wie kann ich mich schützen? Und wie merke ich, ob ich betroffen bin?
Wissenschaftler sind sich einig: Eine Infektion kann zwar lebensgefährlich werden, sie ist jedoch für die meisten von uns sehr unwahrscheinlich. Tatsache ist aber auch: Die Zahl der Füchse steigt und "Meister Reineke" kommt den Menschen immer näher. Vorsicht, aber bitte keine Panik, lautet die Devise.
Was passiert bei einer Infektion mit dem Fuchsbandwurm?
Der Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) ist ein zwei bis vier Millimeter langer Parasit, dessen wichtigster Endwirt der Fuchs ist. Wer die vom Endwirt ausgeschiedenen Eier aufnimmt und dann Larven (Finnen) bildet, wird zum Zwischenwirt für den Bandwurm.
Typische Zwischenwirte sind Mäuse, Ratten, Biber – und der Mensch als Fehlwirt oder Blindwirt. Der Kreislauf des Fuchsbandwurms schließt sich, wenn der Zwischenwirt von seinem Endwirt gefressen wird. Die Larven entwickeln sich dann im Darm des Endwirts zu einem erwachsenen, geschlechtsreifen Bandwurm, der infektionsfähige Eier produziert.
Was macht eine Fuchsbandwurm-Infektion gefährlich?
Der Mensch kann sich mit dem Parasiten infizieren, wenn er die mit dem Kot von Füchsen ausgeschiedenen, mikroskopisch kleinen, Eier über den Mund aufnimmt.
Gefährlich wird eine Infektion dann, wenn sich das sogenannte Finnengewebe in den menschlichen Organen tumorartig ausbreitet. Die krebsähnlichen Wucherungen, die mehrere Zentimeter groß werden können, zerstören nach und nach die Organe. Das Finnengewebe befällt meist die Leber, aber auch Lunge, Gehirn oder Knochen können betroffen sein.
Eine Übertragung auf den Menschen kommt selten vor. Laut eines Berichts des "European Center for Disease Prevention and Control" gibt es in Deutschland etwa 50 bis 70 Fälle im Jahr, in denen der Fuchsbandwurm auf den Menschen übergeht. Es handelt sich hier um eine sehr seltene, jedoch schwere und lebensgefährliche Erkrankung. Die Heilungschancen haben sich in den vergangenen Jahren verbessert, dennoch kann eine Infektion zu einem tödlichen Leberversagen führen.
Symptome einer Infektion mit dem Fuchsbandwurm
Die Diagnose eines Befalls ist schwierig: Meist verläuft die Infektion zehn bis 15 Jahre schmerzfrei und ohne jegliche Symptome. Die Symptome, die sich dann viele Jahre nach der Infektion zeigen, sind äußerst unspezifisch:
- Abgeschlagenheit
- Oberbauchschmerzen
- Gelbsucht
- Gewichtsverlust
- Vergrößerte Leber
Wie kann man sich mit dem Fuchsbandwurm infizieren?
Die genauen Übertragungswege sind noch nicht im Detail bekannt, erklären Wissenschaftler der Universität Würzburg. Der Grund: Da zwischen Infektion und Diagnose viele Jahre liegen, lässt sich meist nicht mehr nachvollziehen, wie sich die Infizierten angesteckt haben.
"Bislang gibt es aber noch keine eindeutigen Hinweise darauf, dass das Sammeln und Essen von Beeren oder Pilzen die Infektionsgefahr erhöht", so der Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI). Diese Aussage gilt so auch für Bärlauch und andere Kräuter, die in Gebieten wachsen, in denen Füchse unterwegs sind.
Wie kann man sich vor dem Fuchsbandwurm schützen?
Die Eier des Fuchsbandwurms sind laut dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) mikroskopisch klein, extrem kälteresistent, aber nur wenig widerstandsfähig gegen Hitze und Austrocknung. Unter unseren klimatischen Bedingungen blieben sie über Monate hinweg infektiös.
Da über die Infektionswege zu wenig bekannt ist, ist es wichtig, vorsichtig zu sein:
- Bei einem Fuchsbesuch im Garten sollte der Fuchskot eingesammelt werden, am besten mit einer umgedrehten Plastiktüte, rät das LGL.
- Waschen von Waldfrüchten (Beeren und Kräuter) sowie Fallobst reduziert das Risiko, beseitigt es aber nicht völlig.
- Wenn Sie Beeren, Pilze oder Kräuter bei mindestens 60 Grad Celsius für wenige Minuten erhitzen, töten Sie die infektiösen Bandwurm-Eier zuverlässig ab.
- Für Bärlauch gilt: Die Eier des Fuchsbandwurms können natürlich auch an den Bärlauchblättern haften. Nur Erhitzen tötet sie zuverlässig ab. Deshalb lieber Bärlauchsuppe als Bärlauchpesto und Bärlauchrisotto statt Bärlauch im Salat. Bei Bärlauch ist allerdings eine mögliche Verwechslung mit giftigen Maiglöckchen oder Herbstzeitlosen die deutlich größere Gefahr.
- Einfrieren, Desinfizieren oder das Einlegen in Alkohol töten den Erreger nicht ab. Erst bei einer Temperatur von -80 °C über mehrere Tage wird er unschädlich gemacht.
- Lassen Sie den Kot von Hunden und Katzen, die unbeaufsichtigt streunen und Mäuse jagen und fressen, regelmäßig auf Bandwurmeier untersuchen.
- Gemüsebeete und Obstgärten einzäunen, um Füchse fernzuhalten.
- Nach der Garten-, Feld und Waldarbeit immer gründlich die Hände waschen.
- Unbedingt Abstand zu lebenden und toten Füchsen halten.
- Füchse nicht füttern und ermöglichen Sie ihnen auch keinen Zugang zu Futter und Abfällen.
Fuchsbandwurm: keine Gefahr bei erhitzten Pilzen
Während Sie Zuchtpilze wie Champignons oder Austernpilze roh verzehren dürfen, sollten Sie Wildpilze generell nicht roh essen. Viele – eigentlich essbaren – Pilze sind in rohem Zustand giftig. Sobald Sie die Pilze gut durchgaren (bei mindestens 60 Grad für wenige Minuten), haben Sie auch die Gefahr einer Fuchsbandwurminfektion gebannt: Bei den hohen Temperaturen werden die Eier abgetötet.
Wichtig: Wer im Wald Pilze sammelt, sollte sich grundsätzlich gut auskennen. Sammler sollten Pilze nur mitnehmen, wenn sie diese hundertprozentig kennen und bestimmen können.
Fuchsbandwurm: Für wen ist das Risiko am größten?
Die Bayerische Gesundheitsbehörde LGL meint: "Wie die Eier des kleinen Fuchsbandwurms in den Menschen gelangen, ist ungeklärt. Naheliegend, aber noch nie nachgewiesen, ist eine Aufnahme mit Waldfrüchten, die mit Fuchskot verunreinigt sind. Allerdings konnte das Sammeln und Essen von Waldbeeren und Pilzen bislang noch nicht als Risikofaktor identifiziert werden."
Gefährlich sind auch der Kontakt mit infizierten Wildtieren und kontaminierter Erde sowie das Einatmen von Staub aus eingetrocknetem Fuchskot. Landwirte und Jäger gelten deshalb als wichtige Risikogruppe für eine Infektion mit dem Fuchsbandwurm. Untersuchungen zeigen, dass für Hunde- und Katzenhalter ein erhöhtes Risiko besteht. Deshalb sollten Sie Haustiere unbedingt regelmäßig entwurmen.
In welchen Regionen besteht Infektionsgefahr?
Der Fuchsbandwurm kommt in allen Ländern Mitteleuropas vor, vorwiegend in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich und Norditalien. In Deutschland gelten insbesondere die südöstlichen Teile Baden-Württembergs und die südwestlichen Teile von Bayern als die Hauptendemiegebiete.
In Bayern gab es im vergangenen Jahr sechs gemeldete Infektionen mit dem sogenannten Fuchsbandwurm. Im Jahr davor waren es laut Bayerischem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) elf Infektionen. Bundesweit kommt es laut Robert Koch-Institut (RKI) jährlich zu circa 40 bis 60 Infektionen. Allerdings sei von einer deutlichen Dunkelziffer auszugehen.
Können Hund und Katze den Fuchsbandwurm auf den Menschen übertragen?
Die Übertragung vom Haustier auf den Menschen sei, so das LGL, weltweit noch nie nachgewiesen worden. Eine Übertragung könne trotzdem nicht völlig ausgeschlossen werden. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich.
Dieser Artikel kann einen Arztbesuch nicht ersetzen, er sollte nicht zur Selbstdiagnose ober Selbstbehandlung verwendet werden. Im Zweifel sollten Sie einen Arzt aufsuchen.
Mit Material der dpa.