Wenn der Sommer verregnet ist, seufzen die Hersteller von Vitaminen. Denn dann wird weniger Sonnencreme gekauft - und die Nachfrage nach Vitamin E, einem wichtigen Bestandteil, geht in den Keller. Allerdings steht die Branche auch bei Regenwetter nicht ganz schlecht da. Sie kann hoffen, dass wegen des miesen Wetters Infekte grassieren. Wer schnieft und hustet, greift gern zu Brausetabletten, die mit Vitamin C angereichert sind. Und falls der Ärger über den miesen Sommer allzu viele Falten auf die Stirn oder den Blutdruck in die Höhe treibt, nutzt das der Branche auch: Bei Antifaltencremes wie bei Mitteln zur Stärkung des Herzens ist Vitamin E ebenfalls eine "Schlüsselzutat".
Die Nachfrage nach Vitaminen ist ungetrübt. Der Weltmarkt werde bis 2018 auf 3,2 Milliarden Dollar (2,75 Milliarden Euro) wachsen, schätzt das US-Beratungsunternehmen "Global Industry Analysis" (GIA). Die Branchenbeobachter der Firma "TechNavio" erwarten für die Zeit bis 2018 eine Wachstumsrate von 6,15 Prozent. Synthetisch hergestellte Vitamine landen eben längst nicht nur in Vitaminpillen, sondern werden vielen Nahrungsmitteln zugesetzt, in Riegel und Getränke für Sportler gemischt, zu Pflegeprodukten verarbeitet oder an Hühner, Schweine und Zuchtlachse verfüttert. Allein knapp 50 Prozent der weltweiten Vitaminproduktion werden in der Tierhaltung verbraucht, fast ein Fünftel fließt in die Ernährung, ein weiteres Fünftel wird im Pharmabereich verarbeitet und 13 Prozent für die Herstellung von Kosmetikprodukten. Das steigende Bedürfnis einer immer häufiger in Städten lebenden Bevölkerung nach tatsächlich oder vermeintlich die Gesundheit fördernden Lebensmitteln und Pharmaprodukten wird nach Experteneinschätzung die Nachfrage weiter antreiben. Während in den USA schon jetzt jeder zweite Verbraucher zusätzliche Vitamine zu sich nimmt und der Markt nach Ansicht mancher Experten gesättigt ist, wird vor allem in Schwellenländern und in Regionen wie Asien mit einer wachsenden Nachfrage gerechnet.
Andererseits gibt es Entwicklungen, die der Branche zu schaffen machen. Schon 2001 zeichnete das Handelsblatt ein eher ernüchterndes Szenario. Die Produktion von Vitaminen sei mittlerweile technisch leicht zu realisieren, hieß es, der Spielraum für Innovationen sei beschränkt. Wie in vielen anderen Branchen, drängten auch hier immer mehr Hersteller aus Fernost auf den Markt. Hatten zuvor wenige Chemieunternehmen aus den USA und Europa den Markt bestimmt, allen voran der Schweizer Konzern Roche, das niederländische Unternehmen DSM und die deutsche BASF, so wurden nun auch in China und Indien viele Fabriken zur Vitaminproduktion eröffnet. Es begann ein "beispielloser Verdrängungswettbewerb", der nach Ansicht mancher Beobachter längst nicht abgeschlossen ist. Obwohl DSM im Herbst 2014 gute Quartalszahlen vorlegte, prophezeiten Analysten, dass der Konzern künftig unter Druck gerate, weil Hersteller in China ihre Produktionskapazitäten vergrößerten ...