Die Massenchemikalie Bisphenol A (BPA), die in vielen Alltagsgegenständen steckt, wird von ÖKO-TEST seit langem kritisiert. Wir haben sie in den vergangenen Monaten mehrfach – aber nicht nur – in Lebensmitteln nachgewiesen, die in Konservendosen verkauft wurden, ganz aktuell in unserem Mais-Test. Der kritische Stoff stammt in solchen Fällen wahrscheinlich aus den Epoxidharzen, mit denen viele Konservendosen beschichtet sind.
Bisphenol A wird mit zahlreichen Risiken verbunden
Das ist ein Problem. BPA kann nämlich wie ein Hormon wirken, es ist als reproduktionstoxisch eingestuft und wird mit einigen weiteren gesundheitlichen Risiken in Verbindung gebracht. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) legte im April 2023 ein Gutachten zu BPA vor, aus dem hervorgeht, dass die Verbindung bereits in kleinsten Mengen Auswirkungen auf unser Immunsystem haben könnte. Die EFSA senkte die aus ihrer Sicht gesundheitlich vertretbare Tagesdosis an BPA daraufhin drastisch ab.
Wendet man die neuen, strengeren Werte der EFSA an, zeigt sich, dass wir wahrscheinlich sehr viel mehr Bisphenol A aufnehmen, als wir sollten. Die EFSA schätzt beispielsweise, dass Erwachsene täglich im Mittel rund 650-mal so viel Bisphenol A über die Nahrung zu sich nehmen, wie vertretbar wäre. Bei Kindern zwischen 3 und 10 Jahren liegt der mittlere BPA-Wert sogar rund 1500-mal so hoch wie angebracht.
Allerdings schätzen nicht alle Wissenschaftler die Situation so kritisch ein: Sowohl die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) als auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) halten die Berechnungen der EFSA für zu streng. Das BfR geht beispielsweise davon aus, dass die vertretbare BPA-Tagesdosis 10- bis 100-mal höher liegt als von der EFSA angegeben.
Eine neue Studie aus den USA macht nun auf ein weiteres Risiko aufmerksam, das mit Bisphenol A verbunden sein könnte: BPA kann die Empfindlichkeit gegenüber Insulin beeinträchtigen. Das wiederum treibt den Blutzuckerspiegel in die Höhe und kann damit das Risiko erhöhen, an Typ-2-Diabetes zu erkranken.
Für die erwähnte Studie hatte eine Gruppe von Probanden vier Tage lang eine höhere, aber noch nicht als schädlich eingestufte Dosis BPA in Tablettenform zu sich genommen. Die andere Gruppe erhielt ein Placebo. Ergebnis: Der Blutzucker der BPA-Gruppe war anschließend leicht erhöht, die Insulinempfindlichkeit deutlich verringert.
BPA greift in den Stoffwechsel ein
Endokrinologe Holger S. Willenberg ordnete die Ergebnisse der Studie gegenüber der Apotheken Umschau ein: "BPA zählt zwar bislang nicht zu den Hauptrisikofaktoren für die Entstehung eines Diabetes – das sind Bewegungsmangel und schlechte Ernährung mit Adipositas [d.h. Fettleibigkeit]. Aber gerade Menschen, die sich ungesund ernähren, also wenig frisch Gekochtes und stattdessen eher Fertiggerichte essen, könnten sogar besonders viel schädliches BPA aufnehmen."
Leider seien noch nicht alle Zusammenhänge genau verstanden, mit denen Bisphenol A beispielsweise in den Hormonhaushalt des menschlichen Körpers eingreife. "Aber fest steht, dass BPA mit verschiedenen Mechanismen die Entstehung von Diabetes begünstigt", so der Experte.
So nehmen Sie weniger Bisphenol A auf
Wir haben einige Ratschläge, die dafür sorgen können, dass Sie im Alltag weniger BPA aufnehmen. Dazu gehören: So viel wie möglich frisch kochen; im Supermarkt zum Glas statt zur Konserve greifen; auch Lebensmittel-Reste am besten in Glas, Keramik oder Edelstahl aufbewahren. Viele weitere Hinweise zum Thema finden Sie, wenn Sie auf den folgenden Kasten klicken: