Freude und Glück, wenn sie das Neugeborene in den Armen halten: Nicht alle jungen Mütter können so empfinden. Eine Postpartale Depression kann im ersten Jahr nach der Entbindung auftreten. Sowohl für die Betroffenen als auch auch für das Baby sind dann schnelle und professionelle Hilfe wichtig. Doch aktuell verwendete Antidepressiva wirken oft erst mit einer Verzögerung von einigen Wochen – also dann, wenn die Depression bereits meist abgeklungen ist.
Der Wirkstoff ersetzt Stimmungsaufheller im Gehirn
Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat nur erstmals ein Medikament zugelassen, das schneller wirken soll und speziell auf die Wochenbett-Depression zugeschnitten ist. Das Präparat heißt "Zulresso" und enthält den Wirkstoff Brexanolon, der chemisch mit dem Stoff Allopregnanolon identisch ist. Das Gehirn produziert ihn während der Schwangerschaft, und er wird laut dem "Deutschen Ärzteblatt" mit einer stimmungsaufhellenden Wirkung in Verbindung gebracht.
Der rasche Abfall der Schwangerschaftshormone nach der Geburt wird als Ursache für Postpartale Depression vermutet. Brexanolon soll also die Symptome behandeln, indem es den entsprechenden Stoff ersetzt.
Die Wirksamkeit des neuen Medikaments sollen zwei Studien belegen: Demnach zeigte die Arznei bereits nach 24 Stunden Wirkung, die oft bis zum Ende der 30-tägigen Nachbeobachtungszeit anhielt. An der ersten Studie nahmen 138 Patientinnen teil, die eine schwere Depression hatten, an der zweiten 108 Frauen mit mittelschwerer Depression. In beiden Fällen besserten sich laut den Studien die Symptome.
Eine 60-stündige Infusion unter Aufsicht
Bislang kann das Präparat nur in Form einer intravenösen Infusion verabreicht werden, die 60 Stunden dauert und unter Aufsicht geschehen muss – denn es kann neben anderen Risiken dazu kommen, dass die Patientinnen währenddessen bewusstlos werden. Die Behandlung ist daher zunächst auf zertifizierte Behandlungszentren beschränkt – und sehr teuer: Wie die "New York Times" berichtet, soll die einmalige Verabreichung von Brexanolon laut dem Hersteller 34.000 US-Dollar kosten, also rund 30.000 Euro. An unerwünschten Nebenwirkungen wurden Schläfrigkeit, Mundtrockenkeit und Hautrötungen beobachtet.
Ob und wann ein solches Medikament auch in Deutschland auf den Markt kommt, steht noch nicht fest. Aktuell ist hierzulande die Behandlung vom Schweregrad der Depression abhängig. Sie kombiniert meist psychotherapeutische Maßnahmen mit dem Einsatz von Medikamenten.
Viele Betroffene suchen keine professionelle Hilfe
Laut der Stiftung Deutsche Depressionshilfe zeigen 50 bis 80 Prozent aller Mütter in der ersten Woche nach der Entbindung Anzeichen von "Baby Blues", also einer kurz dauernden depressiven Verstimmung. Die schwerwiegende, länger andauernde und behandlungsbedürftige Postpartale Depression trifft zehn bis 15 Prozent der Frauen.
Viele Betroffene scheuen sich, Hilfe in Anspruch zu nehmen, weil sie die Wochenbettdepression als persönliches Versagen empfinden. Es ist daher sehr wichtig, Müttern zu vermitteln, dass es sich um eine Erkrankung handelt, die behandelt werden kann.
Hier finden Frauen weitere Information und Hilfe:
- Ärzte, Psychotherapeuten, Hebammen, Beratungsstellen sowie Ambulante Krisendienste sind gute Anlauflaufstellen für Betroffene.
- Der Verein "Schatten und Licht" bietet Kontaktlisten, Informationen zur Selbsthilfe, Listen von Fachleuten zum Thema, einen Fragebogen zur Selbsteinschätzung und Fachliteratur.
- Die Wochenbettdepression-Hotline des Universitätsklinikums der Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt unterstützt unter der Nummer 01577 / 47 42 654 (Mo.-Fr. von 8.30 bis 18 Uhr) Mütter und Väter, die nach der Geburt ihres Kindes Symptome wie Niedergeschlagenheit, innere Leere, Schuldgefühle oder zwiespältige Gefühle gegenüber dem Kind verspüren.
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