Buntstifte im Test: Schadstoffe in jedem zweiten Malstift für Kinder

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2020 | Autor: Christian Ippach | Kategorie: Kinder und Familie | 31.10.2019

Buntstifte im Test: Wir haben zwölf Modelle geprüft. Nur fünf Malstifte sind empfehlenswert.
Foto: ÖKO-TEST

Bunt und giftig: Schadstoffbelastete Buntstifte haben schon in der Vergangenheit für Ärger gesorgt. Jetzt ist klar: Auch die Modelle für ganz kleine Kinder sind häufig betroffen. Von 12 Buntstiften im Test fällt die Hälfte durch. Immerhin fünf Produkte können wir empfehlen. 

Aktualisiert am 17.10.2019; Einkauf Testprodukte Mär/Apr 2018 | Besonders Kinder knabbern gern an ihren Buntstiften. Bereits in unserem Test der vergangenen Jahre haben Bundstifte vor Schafstoffen gestrotzt. Vor allem krebserregende oder krebsverdächtige aromatische Amine – das sind Farbstoffbestandteile – und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) waren ein Problem. Auch das Ergebnis des aktuellen Tests enttäuscht uns.

Wir haben insgesamt zwölf Buntstifte überprüft. Darunter ganz dicke und kurze für die Jüngsten, aber auch feinere und längere Modelle für Kinder über drei Jahren.

Buntstifte im Test: Sechs Malstifte für Kinder fallen durch

Der Test zeigt: Die speziellen Buntstifte für kleine Kin¬der sind teilweise ebenso stark mit Schadstoffen belastet. Auch diesmal kritisieren wir vor allem problematische Farbstoffbausteine. Buntstifte für Kleinkinder enthalten häufig krebserregende oder krebsverdächtige aromatische Amine. Von zwölf Modellen katapultiert sich so die Hälfte ins Aus. Denn sechs Buntstifte im Test fallen mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch.

Die aromatischen Amine stammen wahrscheinlich aus Azofarbstoffen. Letztere gelten als preiswert, lichtecht, farbstabil und leicht zu verarbeiten. Aromatische Amine sind in Buntstiftminen oder dem Lack bestenfalls relativ fest gebunden. Die Spielzeugnorm sieht zum Test daher ein recht großzügiges Verfahren vor, bei dem vor allem wasserlösliche Amine gefunden würden. Unsere Prüfung ist strenger. Wir lassen ein Verfahren anwenden, das beim Test von Bedarfsgegenständen und Textilien auf aromatische Amine zum Einsatz kommt.

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"Hersteller sollten nach Vorsorgeprinzip vorgehen"

Toxikologen wie Professor Jan Hengstler, Leiter des Forschungsbereichs Toxikologie am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der TU Dortmund, gehen nämlich davon aus, dass zum Beispiel Schweiß oder Bakte¬rien die Problemstoffe freisetzen können.

"Es ist grundsätzlich möglich, dass aromatische Amine auf der Haut oder im Körper aus Azofarbstoffen abgespalten werden, beispielsweise durch Bakterien. Vermutlich sind die freigesetzten Mengen aus Buntstiften zwar relativ gering. In der Regel ist es für die nachgewiesenen Stoffe aber schwierig bis unmöglich, eine Schwelle festzulegen, unterhalb der kein Risiko mehr existiert. Die Hersteller sollten deshalb nach dem Vorsorgeprinzip vorgehen und nur Stifte produzieren, die keine krebser¬zeugenden oder krebsverdächtigen aromatischen Amine enthalten", sagt Hengstler.

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Insgesamt sechs Buntstifte überzeugen nicht im Test. Sie schneiden mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“ ab.
Insgesamt sechs Buntstifte überzeugen nicht im Test. Sie schneiden mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“ ab. (Foto: Vladvictoria/Pixabay)

Fortpflanzungsgefährdender Stoff in Buntstift im Test

Kinder können an den Stiften knabbern und Teile von Lack und Mine verschlucken. Deshalb sind aus unserer Sicht wesentlich höhere Sicherheitskriterien angebracht. Im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes verstehen auch wir bei krebserregenden oder krebsverdächtigen Stoffen keinen Spaß – vor allem in Kinderprodukten.

Reichlich Notenabzüge gibt es für Weichmacher. Sie sollen verhindern, dass die Lacke spröde werden. In einem Buntstift im Test hat ein Labor sogar fortpflanzungsgefährdendes Dibutylphthalat (DBP) nachgewiesen. Ersatzweichmacher gelten als besser, ihre Langzeiteffekte sind bislang aber nicht hinreichend erforscht. Wer sichergehen will, entscheidet sich ohnehin für Buntstifte ohne Lackierung.

Im Test gibt es aber auch Buntstifte, die wir empfehlen können. Es gibt einen Testsieger, der mit "sehr gut" abschneidet, vier weitere bewerten wir mit "gut".

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Stifte für Kinder: Worauf beim Kauf achten?

Welcher Stift ist für welches Alter geeignet? Ganz pauschal lässt sich die Frage nicht beantworten, wir haben allerdings Tipps für Sie gesammelt: 

  • Breite, Länge und Form sollten den feinmotorischen Fähigkeiten und der Handgröße entsprechen.
  • Für den Einstieg empfehlen sich aber meist dickere und kürzere Stifte. Die können die Kleinen besser halten.
  • Der Wachsmalstift ist das Einsteigermodell schlechthin: handlich und stumpf. Auch "Jumbo"-Buntstifte bieten sich an. In Länge und Durchmesser ähneln sie Wachsmalern. Dank besonders weicher Minen lassen sie sich leicht zu Papier bringen.
  • Stifte in Dreikantform gelten als förderlich für die Mal- und Schreibhaltung, weil sie zwischen Daumen, Zeige- und Mittelfinger klemmen.
  • Mit zunehmenden Malfertigkeiten sind dann ohnehin längere und schmalere Buntstifte gefragt. Falls Kinder mit sehr kleinen Händchen die dicken Stifte gar nicht richtig halten können, sollten sie eventuell direkt mit dünneren Buntstiften beginnen.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Jahrbuch Kinder und Familie 2019 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch 2020 im Oktober 2019, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnis-se die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Viele Kinder produzieren schon mit einem Jahr erste Kunstwerke. Dicke, kurze Buntstifte erleichtern das Kritzeln. Wir haben 15 Modelle eingekauft, die passend in den Händchen der Kleinen liegen. Teils empfehlen Hersteller sie selbst für Kinder unter drei Jahren.

Natürlich sollten die Stifte möglichst schadstoffarm sein. Aus vergangenen Tests wissen wir, dass Minen und Lacke häufig problematische Farbbausteine enthalten. Die Laborexperten prüften sie in den Farben Rot, Gelb, Schwarz oder Braun und nahmen vor allem krebserregende und krebsverdächtige aromatische Amine ins Visier.

Andere Speziallabore brachten hormonell wirksame Weichmacher, krebserregende und krebsverdächtige polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und umweltschädigende halogenorganische Verbindungen auf das Radar.

Bewertungslegende 

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils vier Noten: a) 5 mg/kg oder mehr eines oder mehrerer krebserregender oder -verdächtiger aromatischer Amine in Mine und/oder Lack; b) ein stark erhöhter Gehalt polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAK) von mehr als 200 μg/kg, bestehend aus einer oder mehreren krebserregenden und/oder krebsverdächtigen PAK-Verbindungen größer 100 μg/ kg (hier: Benzo[a]pyren, Benzo[e]pyren, Cyclopenta[c,d]pyren, Indeno[1,2,3-c,d]pyren). Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein erhöhter Gehalt polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAK) von mehr als 100 bis 200 μg/kg einer krebsverdächtigen PAK-Verbindung (hier: Naphthalin oder Indeno[1,2,3-c,d]pyren); b) mehr als 100 bis 1.000 mg/ kg Phthalate (hier: DBP). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) halogenorganische Verbindungen; b) mehr als 1.000 mg/kg eines oder mehrerer Ersatzweichmacher (hier: Acetyltributylcitrat (ATBC), Diethylhexyladipat (DEHA), Diethylhexylterephthalat (DEHT), Diethylenglycoldibenzoat, Dipropylenglycoldibenzoat, 2,2,4-Trimethyl-1,3-pentandioldiisobutyrat (TXIB)). Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode.

Das Gesamturteil beruht auf der Beurteilung des Inhalts.  

Testmethoden 

Je nach Zusammensetzung des Produkts: Benzophenon: Migration in Anlehnung an DIN EN 71-10:2006, Messung von Phenolen mittels HPLC-FLD. Prüfung auf Amine aus Azofarbstoffen nach reduktiver Spaltung entsprechend DIN EN 14362-1:2017-05. Bei Feststellung aromatischer Amine in der GC/MS-Analyse zusätzliche Absicherung durch ein zweites Verfahren (HPLC/DAD oder TLC). Bei Hinweisen auf 4-Aminoazobenzol zusätzliche Prüfung entsprechend DIN EN 14362-3:2017-05. Zusätzliche Prüfung auf Anilin und Xylidine. Abweichende Bestimmungsgrenze: 1 mg/kg; jeweils Mischproben aus roten, gelben sowie schwarzen oder braunen Lacken und Minen. Elemente: Röntgenfluoreszenzanalyse; geprüft wurden gelbe, rote, orangene sowie (hell)grüne oder braune Minen. Halogenorganische Verbindungen: a) Heißwasserextraktion mit anschließender Zentrifugation und Membranfiltration. Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts; b) Extraktion mit Essigester, Verbrennung des Extraktes im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts; 4er-Mischproben aus gelben, roten, orangenen sowie (hell)grünen oder braunen Minen, bei positiven Befunden Einzelprüfungen. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK): GC-MSD, getestet auf 25 PAK EU/EPA/JECFA; geprüft nur in schwarzen Minen. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse. Weichmacher/phenolische Verbindungen/phosphororganische Verbindungen/weitere Substanzen: GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung; jeweils Mischproben aus gelben, roten, (hell)blauen, (hell)grünen sowie schwarzen oder braunen Lacken.

Einkauf der Testprodukte: März und April 2018 

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Jahrbuch Kinder und Familie 2019 veröffentlicht. Ak-tualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch 2020 im Oktober 2019, sofern die Anbie-ter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnis-se die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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