Katja Lehnert* war außer sich. Als sie kurz vor dem Ende der Elternzeit mit ihrem Vorgesetzten den Wiedereinstieg in den Job besprechen wollte, sagte der den Gesprächstermin unter vagen Ausflüchten ab und verwies sie an die Personalabteilung. Dort legte man der Betriebswirtin nicht etwa die Details zur mündlich vereinbarten Teilzeitstelle vor, sondern die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags nahe.
"Ich bin aus allen Wolken gefallen", erinnert sich die 37-Jährige, die vor der Geburt ihrer Tochter in der Marketingabteilung ihres Arbeitgebers eigenständig Projekte betreut hatte. In ihrer Wut und Enttäuschung war sie kurz davor, "denen alles vor die Füße zu werfen" und sich einen neuen Job zu suchen. Doch dann gewann die Empörung die Oberhand: "Immerhin nutzt meine Firma ihr Zertifikat als familienfreundliches Unternehmen, um sich nach außen hin toll zu präsentieren!" Und so beschloss sie, um ihre Stelle zu kämpfen. Sie wandte sich an den Betriebsrat, engagierte einen Anwalt für Arbeitsrecht - und gewann. Sie arbeitet seit einiger Zeit wieder 30 Stunden pro Woche in ihrer alten Abteilung, "inzwischen auch wieder sehr motiviert", wie sie sagt.
Fälle wie der von Katja Lehnert sind keine Ausnahme. Das bestätigt die 1. Frankfurter Karrierestudie, die Yvonne Ziegler und Regine Graml von der Fachhochschule Frankfurt am Main 2011 veröffentlicht haben. Die beiden Professorinnen hatten dafür deutschlandweit 1.800 Frauen in Fach- und Führungspositionen online zu Karriereperspektiven berufstätiger Mütter befragt. Das wichtigste Ergebnis der Studie ist ernüchternd: Die Vereinbarkeit von Familie und Karriere ist hierzulande für viele Frauen noch immer eine Illusion. 72 Prozent der Befragten gaben an, als Reaktion auf ihre Schwangerschaft seien geplante Karriereschritte auf Eis gelegt oder gar komplett abgesagt worden. Auch anstehende Gehaltserhöhungen wurden mehrheitlich gestrichen oder nur vermindert umgesetzt. Bei knapp einem Drittel der Studienteilnehmerinnen war der Arbeitsplatz beim Wiedereinstieg ins Unternehmen dauerhaft neu besetzt oder gestrichen. Angst vor solchen Nachteilen im Job war für viele Frauen auch der Grund, eine kürzere Auszeit zu nehmen, als sie sich eigentlich gewünscht hätten.
Doch auch wenn Frauen nach der Babypause wieder Fuß in ihrem Beruf gefasst haben, stoßen sie häufig auf eine Mischung aus Ignoranz, Bevormundung und Ausgrenzung, offenbart die Frankfurter Karrierestudie. So berichtete mehr als die Hälfte der Befragten, dass beispielsweise Konferenzen auf Zeiten gelegt werden, in denen sie nicht im Büro sind. Oder - klassischer Fall von rücksichtsvoller Herrschaft - dass der Vorgesetzte entscheidet, wie viel Verantwortlichkeit die Frau mit ihrer Familienpflicht vereinbaren kann, statt sie selbst entscheiden zu lassen, wie sie ihre Zeit einteilt.
Wie der tagtägliche Wahnsinn zwischen Karriere und Kind aussieht, mit welchen Reaktionen und Sprüchen berufstätige Mütter ...