Geballte Ladung Problemstoffe: Lippenstift von Dior fällt durch Test

Autor: Hannah Pompalla/Dimitrij Rudenko | Kategorie: Kosmetik und Mode | 15.02.2023

Der geprüfte Lippenstift von Dior enthält so viele Problemstoffe, dass er mit "ungenügend" durch unseren Test fällt.
Foto: ÖKO-TEST

Wer sich einen neuen Lippenstift zulegen will, hat die Qual der Wahl. Dabei kann sich die Frage stellen: Steigt mit dem Preis die Qualität? Nicht zwangsläufig, wie unser Test zeigt. Denn selbst das teuerste Produkt im Test – ein Lippenstift von Dior – rasselt mit "ungenügend" durch.

Wir haben 18 rote Lippenstifte ins Labor geschickt und auf Schadstoffe untersuchen lassen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Die meisten Produkte fallen durch den Test.

Das gilt auch für den Rouge Dior Couture Colour Lipstick, Matte 999. Der Designer-Lippenstift ist mit 41,99 Euro das teuerste Produkt im Test – und dennoch schneidet er nur mit "ungenügend" ab. Damit gehört der Lippenstift von Dior zu den insgesamt acht Testverlierern. Das beweist einmal mehr, dass ein hoher Preis nicht immer mit einer guten Qualität einhergeht. 

Doch warum hat das Dior-Produkt nicht besser abgeschnitten? Nun, die Liste der Kritik ist lang. Doch der Reihe nach.

Im Lippenstift von Dior steckt Titandioxid

Beginnen wir mit Titandioxid. Dieser Stoff verbirgt sich in Kosmetik hinter dem Code CI 77891. Er ist im untersuchten Lippenstift von Dior – wie auch in fast allen Produkten im Test – als Farbpigment enthalten. Titandioxid steht schon seit Längerem in der Kritik. Seit August 2022 darf es nun in Lebensmitteln in der EU nicht mehr eingesetzt werden.

Der Grund: Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kann nicht mehr ausschließen, das Titandioxid als Lebensmittel-Zusatzstoff (E171) genotoxisch, also erbgutverändernd, wirkt. In Kosmetik ist Titandioxid aber immer noch erlaubt. Es ist bisher nicht geklärt, inwieweit sich die Daten zu E171 auf kosmetisches Titandioxid übertragen lassen.  

Wir sind aber der Meinung: Kosmetikprodukte wie Lippenstifte, deren Inhaltsstoffe teils über den Mund in den Körper gelangen können, sollten im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes besser frei von Titandioxid sein.

Lippenstifte werden oft täglich aufgetragen. Daher haben bedenkliche Inhaltsstoffe nichts in ihnen zu suchen.
Lippenstifte werden oft täglich aufgetragen. Daher haben bedenkliche Inhaltsstoffe nichts in ihnen zu suchen. (Foto: Alliance Images/Shutterstock)

Konservierungsstoff kann Allergien auslösen

Weit oben auf der Kritikliste steht außerdem ein bedenklicher Konservierungsstoff. Konkret hat das von uns beauftrage Labor Formaldehyd/-abspalter im getesteten Dior-Lippenstift gefunden. Das Problem: Formaldehyd reizt schon in geringen Mengen die Schleimhäute und kann Allergien auslösen.

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Labor findet bedenklichen Duftstoff in Dior-Lippenstift

Darüber hinaus sind die beauftragten Laborexperten im Lippenstift von Dior auf einen bedenklichen Duftstoff gestoßen, genauer gesagt, Hydroxycitronellal. Wir kritisieren den Stoff, weil er Allergien auslösen kann.

Besonders ärgerlich ist dabei, dass dieser Duftstoff nicht deklariert wurde. Denn dies wäre gemäß Gesetzeslage notwendig gewesen: Das Labor hat Hydroxycitronellal in Konzentrationen nachgewiesen, die weit über der Deklarationsgrenze für auf der Haut verbleibende Kosmetikprodukte liegen. 

Wenig hautfreundliche Farbstoffe in Dior-Produkt

Nicht gerade harmlos sind auch zwei Farbstoffe im geprüften Dior-Lippenstift: Die Azofarbstoffe Tartrazin (CI 19140) und Gelborange S (CI 15985), die wir auch in einigen anderen Lippenstiften im Test beanstanden.

Tartrazin kann bei besonders sensiblen Menschen Unverträglichkeitsreaktionen wie Hautirritationen auslösen, warnt die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Gelborange S. steht wiederum im Verdacht, bei vorbelasteten Personen allergische Reaktionen wie Asthma oder Neurodermitis hervorzurufen.

Die beiden Farbstoffe haben wir mittels Laboranalyse im Produkt nachgewiesen.

Deklaration ist nicht verbraucherfreundlich

Nun sind Tartrazin und Gelborange S zwar auch auf der Verpackung des Dior-Lippenstiftes im Test angegeben. Das heißt aber nicht unbedingt, dass diese Farbstoffe auch tatsächlich enthalten sein müssen.

Denn: Lippenstifte derselben Linie gibt es, wie bei Dior, oft in verschiedenen (Farb)-Variationen zu kaufen. Die Anbieter dürfen auf allen Produkten einer Farbpalette die gleichen Farbstoffe auf die Verpackung drucken – unabhängig davon, ob sie im Stift enthalten sind oder nicht. Zu erkennen ist das etwa an Hinweisen wie "may contain" (kann beinhalten) oder, wie im Falle des Dior-Produktes im Test, an der Angabe "+/-".

Eine solche Deklaration ist in unseren Augen nicht besonders verbraucherfreundlich. Wir haben daher Dior um eine Aufschlüsselung der Farbstoffe gebeten – und keine Antwort erhalten. Darauffhin ließen wir im Labor selber untersuchen, ob der getestete Dior-Lippenstift Tartrazin und Gelborange S enthält. Die Analyse ergab: Die beiden Azofarbstoffe sind enthalten.

Zum Vergleich: Auch ein weiterer Anbieter hat uns die eingesetzten Farbbestandteile auf Nachfrage nicht aufgeschlüsselt. Das werten wir ab.

Stoffe können die Umwelt belasten 

Kritik gibt es letztendlich auch aus Umweltgründen. Denn der Lippenstift von Dior im Test enthält Silikone und weitere synthetische Polymere. Wir beanstanden diese Stoffe, weil sie mit dem Klärschlamm über das Abwasser in die Umwelt geraten – und sich dort nur langsam wieder abbauen. 

Silikone bemängeln wir darüber hinaus noch aus einem weiteren Grund: Sie integrieren sich nicht so gut ins Gleichgewicht der Haut wie natürliche Fette und Öle. Silikone bwz. synthetische Polymere kritisieren wir im Lippenstift-Test mehrfach.

Dior-Lippenstift nicht ökologisch verpackt

Apropos Umwelt: Es fällt außerdem negativ auf, dass Anbieter Dior keine Angaben zum Rezyklatanteil in seiner Kunststoffverpackung gemacht hat. Zur Erklärung: Rezyklate sind recycelte Kunststoffe. Wir halten für wichtig, dass sie einen Teil einer Plastikverpackung ausmachen. Schließlich lässt sich dadurch der Plastikmüll verringern.

In diesem Punkt gibt es generell Luft nach oben: Kein einziger Lippenstift-Anbieter im Test gab an, Rezyklat einzusetzen. Wir finden, das geht besser.

So setzt sich das Gesamturteil zusammen

Das Gesamturteil beruht auf dem Teilergebnis Inhaltsstoffe. Ein Teilergebnis Weitere Mängel, das "ungenügend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten. Da der Dior-Lippenstift Titandioxid, Formaldehyd/-abspalter, Hydroxycitronellal, Gelborange S, Tartrazin und Silikone enthält, ziehen wir neun Noten ab. Daher lautet das Teilergebnis Inhaltsstoffe "ungenügend".

Für die fehlende Deklaration von Hydroxycitronellal, die nicht aufgeschlüsselten Farbbestandteile, die synthetischen Polymere sowie die fehlende Angabe zum Rezyklatanteil gibt es acht Notenabzüge. Deshalb ist auch das Teilergebnis Weitere Mängel "ungenügend". Somit kann das Gesamturteil nur "ungenügend" lauten.

Details zu Bewertung und Prüfmethoden lesen Sie hier auf der Seite zum Test im Abschnitt Testverfahren.

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