Sowohl Mädchen als aus auch Jungen kommen heute früher in die Pubertät als vor einigen Jahrzehnten. Ein internationales Forscherteam hat in einer aktuellen Metastudie die Ergebnisse von 30 einzelnen Studien untersucht und festgestellt: Mädchen kommen im weltweiten Durchschnitt ein Jahr früher in die Pubertät als noch vor 50 Jahren. Bei Jungen sei die Veränderung ähnlich.
Als Anhaltspunkt für den Beginn der Pubertät definierten die Forscher das veränderte Wachstum der Brustdrüsen. Das Startalter für die Pubertät variiert stark: Bei Mädchen beginnt die Pubertät im Alter zwischen neun und 13 Jahren, der durchschnittliche Startpunkt rutscht dabei aber immer weiter nach vorne.
Die Forscher fanden in ihrer Untersuchung zwei Gründe für das frühere Einsetzen der Pubertät:
- Körpergewicht
- chemische Stoffe
Pubertätsbeginn und Körpergewicht hängen zusammen
Die Auswertung der Studien zeigt, dass Mädchen mit einem höheren Body-Mass-Index (BMI) – und daher mehr Körperfett – früher in die Pubertät kommen als gleichaltrige Mädchen mit einem niedrigeren BMI. Im Blut von Mädchen mit Übergewicht ist der Spiegel des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen höher als bei ihren dünneren Altersgenossinnen. Ursachen für das höhere Körpergewicht können eine schlechte Ernährung, wenig Schlaf und mangelnde Bewegung sein.
Auch chemische Stoffe wie beispielsweise Weichmacher können eine Ursache für das frühe Einsetzen der Pubertät sein, so die internationale Metastudie. Eine Studie der US-Universität Berkeley aus dem Jahr 2018 wiederum hat herausgefunden, dass Inhaltsstoffe in Parfüms, Deos, Seifen, Shampoos und anderen Pflege- und Kosmetikprodukten, die von Frauen während der Schwangerschaft verwendet werden, den Pubertätsbeginn ihrer Kinder beeinflussen können.
Frühe Pubertät durch Pflegeprodukte
In der Langzeitstudie untersuchte das Forscherteam die Wirkung von Phthalaten, Parabenen und Phenolen auf den menschlichen Organismus. Dafür wurde Schwangeren Urin abgenommen, später auch deren Kindern im Alter von neun Jahren. In den vier darauffolgenden Jahren untersuchten die Forscher die teilnehmenden 338 Kinder alle neun Monate mit einem Standardtest auf das Einsetzen der Pubertät.
Die Ergebnisse: Mädchen werden stärker beeinflusst
Einen Zusammenhang fanden die Forscher insbesondere zwischen den Stoffen Diethylphthalat und Triclosan und einer teils mehrere Monate früher einsetzenden Pubertät bei Mädchen.
Enthielt der Urin der Mütter besonders viel Monoethylphthalat – ein Abbauprodukt von Diethylphthalat – begann die Schamhaarentwicklung der Töchter durchschnittlich etwa sechs Monate früher. Eine besonders hohe Konzentration von Triclosan im Urin der Mutter war verbunden mit einer um knapp fünf Monate früheren ersten Menstruation.
Daneben zeigten die Ergebnisse der Forscher einen Zusammenhang zwischen sehr hohen Konzentrationen von Methylparaben im Urin der Mädchen mit einer früheren Entwicklung der Brustdrüsen und einer frühen ersten Menstruation. Hohe Propylparaben-Werte waren verbunden mit einer vier bis sieben Monate früheren Schamhaarentwicklung.
Bei Jungen fanden die Forscher eine deutliche Verbindung mit Propylparaben: War die Konzentration des Stoffs im Urin hoch, reiften die Geschlechtsorgane früher.
Triclosan wirkt in Körperpflegeprodukten antibakteriell, steht allerdings im Verdacht, die Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika zu fördern.
Parabene setzen Hersteller häufig als Konservierungsmittel in Kosmetika ein. Längerkettige Parabene wie Butyl- und Propylparaben stehen bereits seit einiger Zeit im Verdacht wie ein Hormon zu wirken. In Tierversuchen stellten sie sich als fortpflanzungsgefährdend heraus. Wir werten Butyl- und Propylparaben deshalb in Kosmetik-Produkten ab. Die EU-Kommission hat die Höchstkonzentrationen dieser längerkettigen Parabene in Kosmetika generell beschränkt. In Kosmetika, die auf der Haut bleiben und für den Windelbereich von Kindern unter drei Jahren gedacht sind, hat sie diese sogar verboten.
Trotzdem spricht sich die EU-Arbeitsgruppe zu Kosmetika gegen Hinweise wie "ohne Parabene" auf Verpackungen aus. Hintergrund: Einige Parabene werden nach EU-Recht als sicher eingestuft. Mit der Werbebotschaft würden vom Gesetzgeber akzeptierte Bestandteile in ein schlechtes Licht gerückt.
Relativierung der Studienergebnisse
Einen Einfluss auf die Ergebnisse der Studie hat möglicherweise, dass die untersuchten Mütter aus einkommensschwachen Bevölkerungsschichten kamen und deshalb nicht auf Körperpflegeprodukte ausweichen konnten, die etwa weniger Zusatzstoffe enthielten. Zudem besteht die Möglichkeit eines umgekehrten Zusammenhangs: Kinder, die frühzeitig die Pubertät durchlaufen, verwenden eventuell häufiger Körperpflegeprodukte.
Frühere Pubertät kann problematisch sein
Ein früheres Einsetzen der Pubertät ist nicht unproblematisch: Bei Mädchen ist es mit einem höheren Risiko für Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes, Herzerkrankungen und Allergien verbunden. Langfristig sei auch das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs bei Mädchen und Hodenkrebs bei Jungen höher, so das Ergebnis der Studie der Universität Berkeley.
Eine andere US-amerikanische Studie legt nahe, dass die frühe Pubertät auch Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben kann. Ihr zufolge steigen das Risiko für Depressionen und antisoziale Verhaltensweisen.
So können Sie Ihr Kind schützen
Mit fünf einfachen Tipps können Sie Ihre Kinder vor zu viel chemischen Zusatzstoffen in Kosmetik und Lebensmitteln schützen:
- Verwenden Sie nach Möglichkeit Naturkosmetik.
- Kaufen Sie möglichst wenig verpackte Lebensmittel. Lesen Sie dazu auch: So einfach reduzieren Sie Ihren Plastikmüll
- Kochen Sie frisch, und meiden Sie Konserven.
- Auch bei Reinigungsmitteln sollten Sie auf natürliche Produkte achten - oder einfach Putzmittel selber machen.
Darüber hinaus wichtig: Genug Bewegung und eine gesunde, ausgewogene Ernährung! Achten Sie darauf, dass Ihr Kind nicht zu viel Zeit auf der Couch verbringt, sondern regelmäßig Sport treibt und sich im Alltag möglichst viel bewegt.
Die Ernährungspyramide zeigt, von welchen Lebensmitteln wir viel essen sollten und bei welchen wir zurückhaltend sein sollten.
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