After Sun im Test: Gibt es Lotionen, die die Haut ohne kritische Stoffe beruhigen?

Ratgeber Kosmetik 2024 | Autor: Dimitrij Rudenko/Marieke Mariani/Ann-Cathrin Witte | Kategorie: Kosmetik und Mode | 10.07.2024

Wir haben 19 After-Sun-Lotionen getestet.
Foto: ÖKO-TEST

Sonne, Meerwasser und Chlor können Stress für die Haut bedeuten. After-Sun-Produkte sollen sie pflegen und beruhigen. Unser Test von 19 Produkten zeigt: Viele können Sie bedenkenlos auftragen. Von zwei Marken raten wir aber ab.

  • Insgesamt haben wir 19 After-Sun-Produkte getestet, darunter acht mit Naturkosmetik-Zertifikat.
  • Die gute Nachricht: Zwölf Marken sind mit "sehr gut" rundum empfehlenswert.
  • Aber: Zwei After-Sun-Produkte fallen im Test durch, da sie gleich mehrere unerwünschte oder bedenkliche Inhaltsstoffe enthalten.

Aktualisiert am 10.7.2024 | Wenn die wärmenden Sonnenstrahlen unsere Nasenspitzen kitzeln, explodieren die Glückshormone. Nach den endlos scheinenden Wintermonaten waren die Vitamin-D-Speicher leer, die Stimmung bei vielen Menschen auf dem Nullpunkt. Wir lechzen nach dem Licht, das unsere Lebensgeister weckt.

Um den Vitamin-D-Spiegel zu heben, brauchen helle Hauttypen etwa 10 bis 15 Minuten in der Sonne. Doch während Licht und Wärme die Seele spürbar entspannen, setzen sie unsere Haut schon ab UV-Index 3 unter Stress. Dann sollten wir sie mit einem Sonnenschutzmittel vor der Strahlung schützen.

After-Sun-Lotionen im Test: Kein Ersatz für Sonnencreme

Bereits an einem sonnigen Frühlingstag im April und sogar schon vormittags können UV-A- und UV-B-Strahlen bis in unsere Zellen vordringen und dort bleibende Schäden am Erbgut hinterlassen. Passiert das häufig und über längere Zeit, können die körpereigenen Reparaturmechanismen die Schäden laut dem Bundesamt für Strahlenschutz nicht mehr vollständig beheben. Damit steigt auch das Hautkrebsrisiko deutlich. Und all das passiert lange, bevor überhaupt ein sichtbarer Sonnenbrand entsteht.

Nicht nur die UV-Strahlung stresst unsere Haut, auch Chlor- und Meerwasser können sie belasten und austrocknen. Nach einem schönen Tag im Freibad oder am Strand kann unsere Haut eine Extraportion Pflege also gut brauchen. After-Sun-Produkte, meist in Form leichter Lotionen oder Gels, sollen kühlen, beruhigen und pflegen.

Aber, und das ist wichtig: Sie ersetzen keine Sonnencreme! Wer seine Haut während des Aufenthalts in der Sonne nicht mit einem ausreichenden Lichtschutzfaktor vor gefährlichen UV-Strahlen schützt, kann hinterher mit einem After-Sun-Produkt auch nichts mehr retten.

Garnier, Nivea & Co.: After-Sun-Lotionen im Vergleich

Wir haben 19 dieser Pflegeprodukte in die Labore geschickt. Das Ergebnis: Zwölf After-Sun-Produkte können wir mit "sehr gut" empfehlen. Zwei Marken enttäuschen allerdings auf ganzer Linie. 

Bei leichten Sonnenbränden können After-Sun-Produkte Abhilfe schaffen.
Bei leichten Sonnenbränden können After-Sun-Produkte Abhilfe schaffen. (Foto: alexeisido/Shutterstock)

Woran liegt das? Nun, die beiden Produkte erkaufen sich ihre sommerliche Duftnote teuer mit dem bedenklichen Duftstoff Galaxolid. Es handelt sich dabei um eine polyzyklische Moschusverbindung; diese Stoffgruppe wertet ÖKO-TEST schon lange ab, weil die Substanzen sich im menschlichen Fettgewebe anlagern können.

Galaxolid, auch Hexamethylindanopyran (oder kurz HHCB) genannt, befindet sich zudem derzeit in der Prüfung durch die Europäische Chemikalienagentur (ECHA), weil es im Verdacht steht, hormonell wirksam zu sein und sich darüber hinaus als Umweltgift anzureichern. Die finale Bewertung steht noch aus. 

Die Crux: Deklarieren müssen Hersteller Moschusverbindungen nicht. Sie lassen sich einfach hinter dem Sammelbegriff "Parfum" verstecken. Andere Produkte im Test zeigen: Sommerduft geht auch ohne kritische Inhaltsstoffe. Wir fordern von den Herstellern, sich von solchen Duftnoten schnell zu verabschieden.

Einige After-Sun-Produkte mit unerwünschten Stoffen

Darüber hinaus sind wir im Test noch auf weitere unerwünschte Inhaltsstoffe gestoßen: 

  • PEG-Verbindungen: Einige Polyethylenglykole und ihre Abkömmlinge können die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen. Das kann besonders dann problematisch sein, wenn weitere potenziell schädliche Substanzen in der Rezeptur stecken. Das ist bei einem After-Sun-Produkt der Fall. Insgesamt stecken PEG-Verbindungen in zwei Produkten im Test.
  • Aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH): Sie gelangen höchstwahrscheinlich mit den in der Rezeptur verwendeten Paraffinen ins Produkt. Das Problem: Unter den MOAH können sich auch krebserregende Verbindungen befinden. Im Test sind wir einmal auf diese Stoffe gestoßen.
  • Silberchlorid: In einer After-Sun-Lotion wird Silberchlorid zur Konservierung eingesetzt. Zwar überschreitet die eingesetzte Konzentration nicht die erlaubte Menge als Konservierungsmittel, wir sehen Silber in Kosmetik aber grundsätzlich kritisch. Denn der übermäßige Einsatz kann Resistenzen fördern, sodass Silber bei der medizinisch notwendigen Anwendung schlechter wirkt.

Erfreulich: Umweltbelastende Kunststoffverbindungen in der Rezeptur sind kaum noch ein Problem. Hier stechen nur noch wenige Markenprodukte negativ heraus: Neben den beiden Testverlierern betrifft das auch ein drittes Produkt. Schade hingegen: Recyceltes Plastik in der Verpackung fanden wir hingegen nachweislich nur bei sieben Produkten. Das geht besser.

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Nach dem Sonnenbad: So geht After-Sun-Pflege 

  1. Erst reinigen, dann pflegen: Befreien Sie die Haut zuerst mit Wasser und einem milden Reinigungsprodukt von Sonnencreme, Schmutz, Salz und Chlor und tragen anschließend ein After-Sun-Produkt auf. Übrigens: Mondpreise müssen Sie für die Sonnennachsorge nicht bezahlen. Eines der "sehr guten" Produkte kostet weniger als einen Euro.

  2. Besser richtig vorsorgen: Am besten sorgen Sie mit einem Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor dafür, dass erst gar kein Sonnenbrand entsteht. Empfehlenswerte Produkte und Tipps finden Sie in unserem Test Sensitive Sonnencremes.

  3. Vorsicht bei Sonnenbrand: Ist es doch passiert, kann ein After-Sun-Produkt bei leichtem Sonnenbrand kühlend wirken. Ist die Haut aber stark gerötet und geschwollen, bilden sich bereits Blasen oder löst sich sogar die oberste Hautschicht ab, ist medizinische Hilfe nötig. Um die Haut bei Sonnenbrand zweiten und dritten Grades zu unterstützen, reichen After-Sun-Produkte nicht mehr aus.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 7/2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Kosmetik 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 19 After-Sun-Produkte in Drogerien, (Bio-)Supermärkten und im Internet eingekauft, darunter acht Produkte mit Naturkosmetikzertifikat. Bezahlt haben wir dafür – der Vergleichbarkeit halber umgerechnet auf 200 Milliliter – zwischen 98 Cent und 31,92 Euro. Bei den getesteten Produkten handelt es sich um Lotionen oder Gele.

Anhand der Deklaration haben wir PEG/PEG-Derivate sowie synthetische Polymere in den Rezepturen der After-Sun-Produkte erfasst. Von unabhängigen Laboren ließen wir sie darüber hinaus auf potenziell krebserregende Formaldehyd/-abspalter, Diethylphthalat, deklarationspflichtige Duftstoffe, polyzyklische Moschusverbindungen und Cashmeran sowie halogenorganische Verbindungen untersuchen. Je nach Deklaration analysierten die Labore einzelne Produkte darüber hinaus auf Silikonverbindungen sowie auf gesättigte (MOSH) und aromatische (MOAH) Mineralölkohlen-wasserstoffe. War Silberchlorid deklariert, ließen wir den Gehalt des im Produkt enthaltenen Silbers bestimmen. Außerdem prüfte ein Labor, ob die Kunststoffflaschen oder -tuben PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen enthalten. Darüber hinaus fragten wir bei den Herstellern nach dem Anteil an recyceltem Plastik aus dem Gelben Sack in ihren Verpackungen und ließen uns Belege für die Aussagen vorlegen. Zusätzlich erfassten wir, ob ein Produkt mit Plastikverpackung in einem unnötigen Umkarton steckt, der noch mehr Müll verursacht.

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) ein gemessener Gehalt von mehr als 10 mg/kg polyzyklische Moschusverbindungen (hier: Galaxolid/HHCB; in Tabelle: "künstlicher Moschusduft"); b) PEG/PEG-Derivate; c) MOAH. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) mehr als ein Prozent Paraffine; b) Silberchlorid (in Tabelle: "Silberverbindung").

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um zwei Noten: künstliche paraffinartige Stoffe, Silikone und/oder synthetische Polymere als Kunststoffverbindungen (hier: Acryl- und/oder Methacryl-(Co- und Cross-)polymere). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein Anteil von Rezyklaten (Post-Consumer-Rezyklat, PCR) von weniger als 30 Prozent in Relation zum Gesamtgewicht der Kunststoffverpackung, keine Angabe hierzu und/oder kein ausreichender Nachweis auf unsere Anfrage hierzu; b) ein Umkarton, der kein Glas schützt.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht. Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir die von den Herstellern versprochenen Wirkungen der Produkte nicht überprüft haben.

Testmethoden

Testmethoden (je nach Zusammensetzung der Produkte):
Deklarationspflichtige Duftstoffe/Diethylphthalat/Polyzyklische Moschus- und Nitromoschus-Verbindungen/Cashmeran: Extraktion mit TBME, GC-MS.
Halogenorganische Verbindungen: a) Heißwasserextraktion mit anschließender Zentrifugation und Membranfiltration, Festphasenanreicherung (SPE), binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts; b) Extraktion mit Essigester, Verbrennung des Extrakts im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts.
Formaldehyd/-abspalter: Saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschütteln mit n-Butanol und Bestimmung mittels Photometrie.
Elemente (Silber): Totalaufschluss in der Mikrowelle, Bestimmung mittels ICP-MS.
Paraffine/Silikone: LC-RI nach Extraktion (ggf. GC-MS).
Aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH): LC-GC/FID.
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.
Weitere Inhaltsstoffe: per Deklaration. 

Einkauf der Testprodukte: März 2023

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 7/2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Kosmetik 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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