Deocreme-Test: Nicht so "clean" wie ihr Ruf – Aluminium in Deo muss nicht sein

Ratgeber Kosmetik & Wellness 2022 | Autor: Vanessa Christa/Heike Baier/Hannah Pompalla | Kategorie: Kosmetik und Mode | 09.06.2022

Deocremes im Test: Einige fallen mit "ungenügend" durch.
Foto: ÖKO-TEST

Sie sind sparsam in der Verpackung und praktisch für unterwegs: Aber Deocreme ist nicht gleich Deocreme – das zeigt unser Test. Sieben Produkte schneiden mit "ungenügend" ab, gleichzeitig sind viele Deocremes empfehlenswert. Was ist da los?

  • Wir haben 30 Deocremes getestet, darunter 14-mal zertifizierte Naturkosmetik.
  • Auffällig: Es gibt zwei Typen von Deocremes. Die einen Hersteller setzen auf Natron als Geruchskiller, die anderen auf Aluminiumsalze.
  • Mit "sehr gut" sind 16 Produkte rundum empfehlenswert. Einige Deocremes enttäuschen jedoch auch.
  • Nur wenige Anbieter können die ausgelobte Wirkdauer ihrer Deocreme mit überzeugenden Studien belegen.

Aktualisiert am 09.06.2022 | Vor ein paar Jahren fing es an mit den neuen Deos in Tiegeln und Dosen: Kleine Start-ups und Naturkosmetikfirmen lancierten einen neuen Typ von Deo in Cremeform, der aus wenigen, zumeist natürlichen Zutaten bestand und zunächst eine junge und umweltbewusste Klientel ansprach.

Denn Deocremes gelten als besonders ergiebig und deshalb als Beitrag, um Verpackungsmüll im Badezimmer zu reduzieren. Inzwischen hat sich der Trend erheblich ausgeweitet, und die Auswahl ist kräftig gewachsen. Höchste Zeit für uns, einmal genauer hinzuschauen: Sind Deocremes wirklich alle so "clean" wie ihr Ruf?

Greendor, dm & Co.: Deocremes im Test 

Unser Tests zeigt: Nein, das sind sie ganz und gar nicht. Sieben von 30 getesteten Deocremes enthalten so viele problematische Inhaltsstoffe, dass unter dem Strich ein "ungenügend" steht. Auf der anderen Seite können 16 Produkte mit der Bestnote "sehr gut" glänzen.

Es lohnt sich also beim Einkauf ein zweiter Blick. Der zeigt nämlich auch, dass zwei Typen von desodorierenden Cremes existieren. 

Deocremes kommen sehr oft zum Einsatz, daher sollten sie möglichst frei von bedenklichen Stoffen sein.
Deocremes kommen sehr oft zum Einsatz, daher sollten sie möglichst frei von bedenklichen Stoffen sein. (Foto: Olha Kozachenko/Shutterstock)

Die meisten Deocremes im Test basieren auf Natron

Da sind einerseits die erwähnten Newcomer mit den vorwiegend natürlichen Zutaten: Sie vertreiben Gerüche primär durch "Sodium bicarbonate" – kurz Natron. Natron kann vieles: Im Backpulver macht es Kuchen locker, beim Hausputz den Abfluss frei, und auch auf der Haut ist seine desodorierende Wirkung schon lange bekannt.

Unter anderem soll es Gerüche reduzieren, indem es mit den übelriechenden Abbauprodukten der Schweißbakterien reagiert. Die meisten Deocremes in unserem Test basieren auf Natron. Manche von ihnen enthalten zusätzlich noch Geruchskiller wie antibakterielles Zinkoxid oder adsorbierendes Talkum.

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Aluminium gilt als neurotoxisch

Bei den anderen getesteten Deocremes handelt es sich um alumiumhaltige Antitranspirants. Die sind nichts Neues, und ihr Wirkmechanismus unterscheidet sich grundsätzlich von einem herkömmlichen Deodorant: Die enthaltenen Aluminiumsalze reduzieren das Schwitzen überhaupt, indem sie die Schweißdrüsen verengen.

Zwischen 0,8 und 6,2 Prozent des Leichtmetalls hat das Labor in den sieben Antitranspirants gemessen. Aluminium ist allerdings berüchtigt: Es gilt als neurotoxisch, kann sich in Gehirn, Knochen und Organen anreichern und die Entwicklung von Kindern im Mutterleib beinträchtigen.

Nachdem das Bundesinstitut für Risikobewertung jahrelang vor Antitranspirants gewarnt hatte, ruderte es 2020 zurück und stellte auf Basis neuer Studien fest, dass über die Haut sehr viel weniger Aluminium aufgenommen werde als bis dahin angenommen.

Es bleibt das Problem, dass wir in Deutschland insgesamt aus Nahrung und Trinkwasser zu viel Aluminium aufnehmen – und wir finden: Bei einem Deo wäre es verzichtbar. Deshalb werten wir den Einsatz von Alumium ab.

Siloxan D4 ist "vermutlich fruchtbarkeitsschädigend"

Aluminium ist aber nicht der einzige Kritikpunkt. Wir bemängeln noch jede Menge andere Problemstoffe, die in den Rezepturen mancher Deocremes enthalten sind. Dazu zählen etwa Formaldehyd/-abspalter, die nach und nach hochallergenes Formaldehyd freisetzen können, oder das antibakteriell wirkende Silberchlorid, das die Gefahr von Resistenzbildungen birgt.

Zudem stecken in einigen Produkten Silikonöle, die sich in der Umwelt teils nur langsam abbauen. Als besonders persistent gilt dabei Cyclopentasiloxan (D5), das in den Deocremes von zwei bekannten Marken als wichtigster Inhaltsstoff deklariert ist.

Schlimmer noch: In beiden Produkten fand sich das als "vermutlich fruchtbarkeitsschädigend" eingestufte Siloxan D4, eine häufige Verunreinigung von D5.

Wie gut wirken die Deocremes im Test?

Eine Frage bleibt: Wie steht es mit der Wirkung von Deocremes? Immerhin loben etliche Produkte eine Wirkdauer von 24 Stunden aus, eines sogar 48 Stunden. Wir haben überprüft, ob Hersteller solche Versprechen mit einer überzeugenden Studie belegen können.

Einige wenige Anbieter schafften das – allzu große Wunder darf man jedoch nicht erwarten. Bei einem Produkt etwa war der Schweißgeruch der Teilnehmer nach 24 Stunden gegenüber der unbehandelten Achsel im Durchschnitt nur um rund neun Prozent geringer.

Tipps zur Verwendung von Deocremes

  • Deocremes sind Konzentrate – eine höchstens erbsengroße Portion ist ausreichend pro Achsel. Beim Aufnehmen und Einmassieren unbedingt auf saubere Hände achten.
  • Die Produkte sind besonders sanft zu frisch rasierter Haut, denn sie enthalten im Gegensatz zu den meisten Deosprays keinen Alkohol. Mit Inhaltsstoffen wie Sheabutter oder Kokosöl können sie die Achseln beruhigen und pflegen.
  • Bewahren Sie Deocreme idealerweise bei 20 bis 25 Grad auf. An sehr heißen Tagen wird die Creme im Kühlschrank wieder fest.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin Juni 2022 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Kosmetik & Wellness 2022 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben in Drogerien, Supermärkten und Discountern 30 Deocremes eingekauft, davon 14-mal zertifizierte Naturkosmetik. Unter dem Begriff Deocreme summieren sich sowohl herkömmliche Antitranspirants mit Aluminium als auch Cremes, deren desodorierende Wirkung vorwiegend auf Natron basiert. Die Preise reichen von 1,65 Euro bis 19,83 Euro für 50 Milliliter oder Gramm Inhalt.

Anhand der Deklaration erfassten wir umstrittene Inhaltsstoffe wie PEG/ PEG-Derivate, umweltbelastende Plastikverbindungen (synthetische Polymere, Silikone) und hormonverdächtige Konservierungsstoffe. Spezialisierte Labore untersuchten die Proben auf bedenkliche Formaldehyd/-abspalter, allergene Duftstoffe und künstlichen Moschusduft, ebenso auf umstrittene halogenorganische Verbindungen; paraffinhaltige Produkte außerdem auf problematische Mineralölbestandteile und siloxanhaltige auf Verunreinigungen mit dem als reproduktionstoxisch eingestuften Siloxan D4. In den als Antitranspirant ausgelobten Produkten ließen wir den Aluminiumgehalt messen.

Die Verpackungen wurden auf umweltschädliche chlorierte Verbindungen untersucht. Im Falle von Deos in Plastikverpackungen forderten wir von den Anbietern Belege für den Rezyklatanteil der Verpackung. Bei Deos mit einer beworbenen Wirkdauer ("24 h", "48 h") baten wir die Anbieter um entsprechende Wirkstudien. Legten die Anbieter überhaupt keine, keine vollständige oder eine aus unserer Sicht nur wenig aussagekräftige Studie vor, bewerteten wir das unter dem Testergebnis Weitere Mängel.

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um vier Noten: Formaldehyd/-abspalter. Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) PEG/PEG-Derivate; b) deklarationspflichtige Duftstoffe, die Allergien auslösen können (hier: Isoeugenol); c) ein gemessener Gehalt von mehr als 100 mg/kg des Siloxans D4; d) MOAH. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) deklarationspflichtige Duftstoffe, die Allergien auslösen können (hier: Cinnamylalkohol, Hydroxycitronellal), wenn nicht bereits wegen deklarationspflichtiger Duftstoffe um zwei Noten abgewertet wurde; b) mehr als ein Prozent Silikonverbindungen und/oder Paraffine/künstliche paraffinartige Stoffe; c) Aluminiumsalze (hier: Aluminiumchlorohydrat, Aluminiumsulfat, Aluminium Zirconium Tetrachlorohydrex Gly, Aluminium Sesquichlorohydrat); d) BHT oder die Kombination von BHA und BHT; e) Silberchlorid.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um vier Noten: keine überzeugende vollständige, produktbezogene Wirksamkeitsstudie vorgelegt bei Produkten mit Wirkversprechen wie "24h Schutz", "48h", "7-Tage-Wirkung" o. Ä. Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) Silikone, wenn nicht schon wegen Silikonen unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe abgewertet wurde (hier: Dimethicone); b) unzureichende Wirkstudien (hier: kein signifikanter Unterschied zwischen der unbehandelten Achsel und der mit Deocreme behandelten Achsel im Sniff-Test). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein Anteil von Rezyklaten (Post-Consumer-Rezyklat, PCR) von weniger als 30 Prozent in Relation zum Gesamtgewicht der Kunststoffverpackung oder keine Angabe hierzu oder kein ausreichender Nachweis auf unsere Anfrage; b) PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung; c) ein Umkarton, der kein Glas schützt.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "ungenügend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.

Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir die von den Herstellern versprochenen Wirkungen der Produkte – außer bestimmten Versprechen zur desodorierenden Wirkung durch entsprechende Studienabfrage – nicht überprüft haben.

Testmethoden

Testmethoden (je nach Zusammensetzung der Produkte):
Deklarationspflichtige Duftstoffe/Diethylphthalat/Polyzyklische Moschus- und Nitromoschus-Verbindungen/Cashmeran: Extraktion mit TBME, GC-MS.
Halogenorganische Verbindungen: a) Heißwasserextraktion mit anschließender Zentrifugation und Membranfiltration, Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts; b) Extraktion mit Essigester, Verbrennung des Extrakts im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts.
Formaldehyd/-abspalter: saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschütteln mit n-Butanol und Bestimmung mittels Fotometrie.
Silikone/Paraffine/Erdölprodukte: LC-RI nach Extraktion (ggf. GC-MS) oder LC-CG/FID (Paraffine).
Elemente: Totalaufschluss in der Mikrowelle, Elementbestimmung ICP-MS.
Siloxane: D5 (Decamethylcyclopentasiloxan): GC-FID nach Extraktion; D4 (Octamethylcyclopentasiloxan), D6 (Dodecamethylcyclohexasiloxan), D7 (Tetradecamethylcycloheptasiloxan), D8 (Hexadecamethylcyclooctasiloxan), D9 (Octadecamethylcyclononasiloxan): GC-MS.
Weitere Inhaltsstoffe: per Deklaration.
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Februar 2022.

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Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin Juni 2022 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Kosmetik & Wellness 2022 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.