Richtfest. Im Herbst 2009 ließ Diethard Kögel schon mal die Korken knallen, sein Haus in Dortmund stand im Rohbau, und voller Vorfreude rief der Rentner seinen Freunden mit erhobenem Sektglas zu: Bald werde sein neues Eigenheim auch noch eine Photovoltaik-(PV)-Anlage krönen. War wohl nix, wie man im Ruhrgebiet sagt: Das Haus ist inzwischen längst fertig, und auf dem Dach schimmern auch schon die Solarzellen, doch Strom produzieren sie bisher nicht. "Ich warte noch immer auf den Wechselrichter. Er hätte längst geliefert werden müssen", ärgert sich Kögel.
Das elektrische Gerät ist unverzichtbar: Es wandelt den Gleichstrom des Sonnendachs in Wechselstrom fürs allgemeine Netz um. Ärgerlich für Kögel: Sein Energieversorger müsste ihm gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz eine Einspeisevergütung von derzeit 39,14 Eurocent pro Kilowattstunde (kWh) zahlen. Doch solange seine Anlage nicht läuft, entgeht ihm diese Förderung.
So wie Kögel ergeht es derzeit vielen Käufern von Solaranlagen: Nach dem Solarmodulengpass im Herbst herrscht nun akuter Mangel an Wechselrichtern. Grund ist der anhaltende PV-Boom in Deutschland. Solarpaneele sind wegen Überproduktion und preisaggressiven Angeboten aus China seit Ende 2008 um 40 Prozent billiger geworden. Das treibt etliche Investoren auf die Dächer - und so manchen Händler zur Verzweiflung: "Die Wechselrichterhersteller kommen mit der Produktion einfach nicht mehr hinterher. Unser Lager ist leer", bestätigt der Dortmunder Elektroinstallateur Özcan Pakdemir.
Leere Lager, lange Lieferzeiten
Der Inverter als Marktbremse - noch nie galt dem kleinen Gerät so viel Aufmerksamkeit. Stets stand der meist in den Keller verbannte Metallkasten im Schatten seiner schillernden Kollegen auf dem Dach. Die Module sind das weithin sichtbare Aushängeschild eines Solarsystems und mit Abstand die teuerste Komponente: Eine schlüsselfertige Dachanlage bis zehn Kilowatt (kW) Leistung kostet laut Marktforscher pvXchange gegenwärtig durchschnittlich 3.000 Euro pro kW, davon entfallen rund 1.800 Euro auf die Paneele und nur 450 Euro auf den Wechselrichter. Dabei ist er der Kopf des PV-Kraftwerks: Er passt sich in Frequenz und Spannung dem Netz an und trennt sich davon, wenn dort Störungen wie Überspannungen die anfälligen Zellen zu beschädigen drohen. Zudem sorgt er dafür, dass die kleinen Stromgeneratoren kontinuierlich maximale Leistung liefern. Leistung ist das Produkt aus Strom und Spannung. Sie variiert ständig, weil sich im Tagesverlauf Einstrahlung und Temperatur ändern. Damit verschiebt sich stetig auch der optimale Arbeitspunkt, der Maximum Power Point (MPP), der Zellen. Der sogenannte MPP-Tracker des Wechselrichters, ein spezieller Programmcode, hat die Aufgabe, diesen Punkt regelmäßig zu errechnenund anzusteuern. Mithilfe der Daten reguliert die Wechselrichterelektronik die Spannung der Zellen immer so, dass damit möglichst viel Licht in Strom umgewandelt wird. "Der Inverter ist demnach mit entscheidend für hohe Erträge", erklärt Norbert Hahn vom Systemanbieter IBC Solar.
Doch die Auswahl des richtigen Geräts ist eine Wissenschaft für sich. Die Möglichkeiten bei der Planung sind schier unüberschaubar: Es gibt diverse Modultypen, Standorte und Dachneigungen - und eine entsprechend große Vielfalt an Wechselrichtern: Mehr als 800 Modelle werden laut einer aktuellen Markterhebung des Branchenmagazins Photon in Deutschland angeboten, davon fällt fast die Hälfte in die für private Betreiber relevante Leistungsklasse bis 10 kW. Die verwendete Modultechnik ist das erste wichtige Auswahlkriterium. Moderne Wechselrichter kommen ohne schwere und teure Transformatoren aus, aber für neuartige Dünnschichtpaneele empfehlen Experten die wuchtigen Kästen weiterhin. Der Trafo erdet die Anlage und schützt die im Gegensatz zu den klassischen Siliciumzellen sehr empfindlichen schlanken Stromerzeuger so vor zerstörerischen Ableitströmen.
Die zu erwartende Einstrahlung am Standort ist für die Inverter-Wahl ebenso maßgeblich. So ergibt sich bei Teilverschattung des Sonnendachs das Problem, dass verschattete Module einen anderen optimalen Betriebspunkt haben als voll beschienene. Da ein MPP-Tracker die Anlage nur auf einen solchen Peak einstellen kann, ist die Energieausbeute eventuell geschmälert - je nachdem, ob er zufällig den idealen Arbeitspunkt der verschatteten oder der besonnten Paneele gewählt hat. Einige Hersteller statten ihre Inverter daher inzwischen mit mehreren MPP-Trackern aus. Damit kann ein Gerät Teile des Generators getrennt betreiben - und insgesamt mehr Leistung rausholen. Das Verschattungsproblem lässt sich aber genauso lösen, indem für jeden Teil ein separater Wechselrichter installiert wird. Lohnenswert ist eine Investition in einen MPP-Tracker oder mehrere kleinere Inverter, wenn das Plus auf der Ertragsseite die höheren Anschaffungskosten abdeckt.
Erfahrung des Installateurs nutzen
Der erzeugte Gleichstrom wird anschließend in Wechselstrom umgewandelt. Der Wirkungsgrad des Inverters ist das Maß dafür, wie effizient das gelingt. Zwischen den Geräten gibt es große Unterschiede: Mäßige erreichen heute 95, sehr gute bereits mehr als 98 Prozent Spitzeneffizienz. Der Wirkungsgrad ist für den Ertrag einer Anlage entscheidend: Jeder Prozentpunkt mehr erhöht, so die Faustformel, die Stromausbeute um ein Prozent. Gleichzeitig steigt mit dem Wirkungsgrad aber auch der Preis des Inverters: pro Prozentpunkt um etwa zehn Prozent.
Welcher Wechselrichter letztlich der Richtige ist, entscheidet maßgeblich die Art und Anzahl der Module. "Der Installateur kann dem Kunden schnell eine einwandfreie Konfiguration des Systems vorschlagen", sagt Hahn. Dafür sucht er zunächst die zur freien Dachfläche passenden Sonnenplatten und dann auf Basis der Modul-, Wetter- und Strahlungsdaten den perfekten Inverter dazu. Dabei hilft dem Handwerker eine spezielle Software - und seine Erfahrung: "Wir verbauen nur bewährte Wechselrichter", sagt Solarinstallateur Pakdemir.
Doch auch wenn der angehende Betreiber die Planung und Auslegung des Sonnengenerators am besten Profis überlässt - einige Dinge sollte er beim Kauf des Wechselrichters beachten. So ist es ratsam, trotz langer Lieferzeiten auf einem bewährten Markengerät zu bestehen. Der Name des Herstellers gibt bereits einen Hinweis auf die Produktqualität. In Deutschland genießen unter anderem die Marktführer wie SMA, Kaco, Fronius oder IBC ServeMaster einen guten Ruf. "Auf ihre Produkte ist in der Regel Verlass", so Hahn. Der Installateur kann die Güte des von ihm empfohlenen Inverters untermauern, indem er seinen Kunden die Jahreserträge von Referenzanlagen zeigt. Ernten diese viel Sonne, belegt dies, dass der eingesetzte Wechselrichter bei hohen Wirkungsgraden zuverlässig arbeitet. Garantie und Service sind ebenso wichtig: Viele namhafte Hersteller gewähren auf ihre Inverter fünf Jahre Garantie und reparieren oder ersetzen diese bei einem Defekt innerhalb von 24 Stunden. Je schneller der Service, desto geringer ist der wirtschaftliche Verlust: Steht die Anlage, gibt es keine Einspeisevergütung.
Werte, auf die es ankommt
Zudem sollte der künftige Betreiber einige technische Daten seines Wechselrichters kennen, denn nur so kann er sicher sein, dass sein Gerät später mit dem Generator harmoniert. Zunächst muss die Spannung des Inverters zu den Zellen passen. Dieser arbeitet nur in einem bestimmten Voltbereich effizient. Liefern die Zellen weniger Spannung als der Wechselrichter mindestens benötigt, fährt er quasi untertourig und erreicht nur einen Teil seiner Leistung. Ist die Spannung dagegen zu hoch, geht er kaputt. Mindererträge oder Schäden drohen ebenfalls, wenn das Leistungsverhältnis zwischen den beiden Komponenten nicht stimmt. Bei guter Ausrichtung der Anlage sollte, so die Faustregel, deren Leistung ungefähr der Gleichstromleistung des Wechselrichters entsprechen. Bringen es die Zellen also auf 5 kW, muss der Inverter 5 kW Gleichstrom aufnehmen können. In sonnenärmeren Regionen, wo das Solarkraftwerk seltener volle Leistung erreicht, dimensionieren Installateure den Wechselrichter gern auch etwas kleiner. So vermeiden sie, dass dieser zu oft im ineffizienteren Teillastbereich läuft.
Allerdings wird es selbst dem besten Handwerker nicht gelingen, die Anlage so zu konfigurieren, dass der Inverter stets auf seinen Spitzenwirkungsgrad kommt. Dieser beschreibt lediglich das Umwandlungsoptimum für eine bestimmte Spannung und Leistung unter Standardtestbedingungen. In der Praxis ist dieser Betriebszustand wegen des schwankenden Sonnenangebots eher selten. Hilfreich ist daher zudem der sogenannte europäische Wirkungsgrad, den die Hersteller ebenfalls in ihren Datenblättern ausweisen. Er zeigt an, wie viel Strom der Inverter über alle relevanten Betriebsbedingungen, also auch in Teillast, umwandelt. Nur wenn auch diese gemittelte Effizienz hoch ist - im Idealfall reicht der europäische bis auf einen Prozentpunkt an den maximalen Wirkungsgrad heran -, kann sich der angehende Betreiber auf ein Topgerät freuen.
Obwohl die Wechselrichter in den letzten Jahren immer leistungsfähiger geworden sind, sehen die Hersteller noch Optimierungsbedarf. "Die Kosten müssen weiter fallen, damit die Photovoltaik wettbewerbsfähig wird", sagt SMA-Chef Günther Cramer. Seine Firma will deshalb den spezifischen Preis für ihre Wechselrichter in den nächsten fünf Jahren halbieren. Dafür arbeitet SMA an kleineren und leichteren und gleichzeitig noch effizienteren Invertern. "Wir streben Wirkungsgrade von mehr als 99 Prozent an", so Cramer. Außerdem werden die Geräte intelligenter: Die Hersteller entwickeln Wechselrichter, die auf Basis wechselnder Stromtarife, die Energieversorger für den kommenden Tag im Internet bereitstellen, einen Einsatzplan für Hausgeräte erstellen. Ist Netzstrom günstig, weil zum Beispiel viele Windmühlen ins Netz einspeisen, schmeißt der Inverter automatisch per Signal große Stromverbraucher wie Waschmaschinen an. Künftige Geräte helfen also nicht nur beim Geldverdienen, sondern auch beim Sparen.
So funktioniert's: Von der Sonne in die Steckdose
Solarmodule wandeln Sonnenlicht in Gleichstrom um. Der Wechselrichter macht daraus Wechselstrom und überwacht die Anlage. Der Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist oder direkt im Haushalt verbraucht. Zähler ermitteln, wie viel Energie eingespeist und bezogen wird. Ein Datenlogger zeigt dem Verbraucher alle relevanten Daten zu seiner Anlage an.
Worauf beim Kauf zu achten ist
Guter Name des Herstellers
Billigware aus Fernost sollte tabu sein. Im Wechselrichter steckt viel Elektronik, die schnell kaputtgehen kann.
Betriebsdaten aus Referenzanlagen
Angehende Betreiber sollten sich von ihrem Anbieter die Jahreserträge von Referenzanlagen zeigen lassen, in denen ihr Modell bereits eingesetzt wird. Sind die Erträge der Anlage hoch, spricht das für das Gerät.
Hoher Wirkungsgrad
Der Wirkungsgrad gibt an, wie viel Gleichstrom der Wechselrichter in Wechselstrom umwandelt. Zwei Werte sind relevant: Der maximale ist der bestmögliche erreichbare Wirkungsgrad, der europäische ist die gemittelte Effizienz unter allen Betriebsbedingungen, also etwa auch bei Bewölkung. Die besten Wechselrichter erreichen mehr als 98 Prozent Spitzen- und mehr als 97 Prozent europäische Effizienz.
Garantie
Da ein Wechselrichter die anfälligste Komponente einer Solaranlage ist, sollte die Garantiezeit möglichst lang sein. Die meisten Hersteller gewähren heute fünf Jahre, einige auch acht Jahre.
Service
Fällt ein Wechselrichter aus, wird kein Strom mehr eingespeist, entfällt die Einspeisevergütung. Wichtig ist daher ein schneller Service. Gute Hersteller sind binnen 24 Stunden vor Ort.
Weitere Infos
Bundesverband Solarwirtschaft, Tel. 030/2977788-0, www.solarwirtschaft.de
Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie, Tel. 089/524071, www.dgs.de
Photon, Tel. 0241/4003-0, www.photon.de
Solarenergie-Förderverein Deutschland, Tel. 0241/511616, www.sfv.de
Solid - Solarenergie Informations- und Demonstrationszentrum, Fürth, Tel. 0911/810270, www.solid.de