Unter der Überschrift "Verwelkender Ahorn" beschäftigte sich der Spiegel zum 25-jährigen mit ÖKO-TEST und stellte fest: "Unter Verbraucherschützern wächst der Widerstand gegen ÖKO-TEST."
Die "Methodik der Tests hat oft wenig mit der Realität zu tun und führt zu völlig verzerrten Ergebnissen", darf der "Vertreter einer großen deutschen Assekuranz" in dem Artikel sagen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft erhebt den Vorwurf, wir hätten in einem Versicherungsvergleich die Renditen falsch berechnet. Was Versicherungsunternehmen und Lobbyverbände zu Verbraucherschützern macht, wissen wir nicht. Dass sie uns kritisieren, liegt in der Natur unserer Arbeit.
Gerade mit den Versicherungen haben wir uns in den vergangenen Jahren angelegt, weil wir nachwiesen, dass Altersvorsorgeprodukte wie Riester- und Rürup-Renten oder Direktversicherungen und Pensionskassen ein gutes Geschäft für die Unternehmen sind, den Versicherten aber lausige Renditen bieten. Dass der Gesamtverband der Deutschen Versicherungsunternehmen wegen seiner falschen Behauptungen einen Prozess gegen ÖKO-TEST verloren hat, sei am Rande erwähnt. Und dass wir in Grund und Boden geklagt worden wären, wenn wir die Renditen falsch berechnet hätten, kann niemand ernsthaft bezweifeln. Wir werden ja selbst für richtige Testergebnisse oft genug vor Gericht gezerrt.
Als nächster "Verbraucherschützer" kommt der "Vertreter einer norddeutschen Brauerei" zu Wort, der meint, dass "ÖKO-TEST nicht alle Unternehmen gleich behandele". Selbstverständlich bleibt der Vertreter anonym, denn sonst müsste er befürchten, von uns aufgefordert zu werden, Beweise dafür vorzulegen.
Für einen weiteren Vorwurf ließ sich offenbar nicht einmal ein Anonymus finden. "Immer wieder sieht sich Stellpflug dem Vorwurf ausgesetzt, als Miteigentümer des Verlags zu sehr die kommerziellen Interessen im Auge zu haben", schreibt der Spiegel im Hinblick auf die Tatsache, dass dem Chefredakteur knapp zehn Prozent der Aktien der ÖKO-TEST Holding gehören. Erstaunlich ist, dass der Spiegel diesen Vorwurf kolportiert. Bekanntlich sind die Mitarbeiter des Spiegel mit 50,5 Prozent Mehrheitseigner des Verlages. Wenn die Redakteure "als Miteigentümer zu sehr die kommerziellen Interessen im Auge haben", macht sich das am Jahresende in Form von Gewinnbeteiligungen auf dem Gehaltszettel bemerkbar. ÖKO-TEST hat dagegen - auf ausdrückliches Betreiben von Jürgen Stellpflug - noch nie einen Cent Dividende bezahlt. Eine Folge davon ist, dass wir nicht wie andere Verlage in Zeiten der Krise gespart und Mitarbeiter entlassen, sondern in die Qualität von ÖKO-TEST investiert haben.
Namentlich lässt sich dagegen Felix Prinz zu Löwenstein zitieren. "Dabei blenden die Tests die Frage der Herstellung völlig aus, Fragen der Tierhaltung oder des Naturschutzes werden schlicht ignoriert", meint er. Damit ignoriert der gute Prinz schlicht, dass ÖKO-TEST permanent zum Beispiel zu Bio-Produkten rät. Doch ein Nachweis, ob ein Produkt tatsächlich ökologisch erzeugt wurde, ist ebenso schlicht nicht möglich. Würden wir also Bio-Produkte grundsätzlich besser bewerten als konventionelle, wie es Bio-Verbände fordern, wären es Herstellerangaben, die wir zur Grundlage unserer Bewertung machen müssten. Das lehnen wir ab, nicht nur, aber auch weil es leider immer wieder Betrug im Bio-Bereich gibt. Grundlage für unsere Arbeit können nur nachprüfbare Fakten sein. Denn wir sind nicht das ÖKO-Glaub, sondern das ÖKO-TEST-Magazin, so Karin Schumacher, die als stellvertretende Chefredakteurin die Tests verantwortet.
Dass der Prinz all das nicht hören will, hängt mit seiner Funktion zusammen. Er ist nämlich auch kein Verbraucherschützer, sondern Vorsitzender des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft. Ein Lobbyist also, der möchte, dass ÖKO-TEST als Sprachrohr und PR-Agentur der Öko-Verbände agiert. In seiner Funktion ruft er dann schon mal in der Redaktion an, wenn ihm etwas nicht passt. Zuletzt wegen unserer Kritik am Label "Ohne Gen-Technik". Wir hatten wie auch einige Verbraucherzentralen kritisiert, dass das Label eine Mogelpackung ist, unter anderem, weil auch Produkte mit Label bis zu 0,1 Prozent gentechnisch veränderte Organismen enthalten dürfen. Daher hatten wir eine umgekehrte Kennzeichnung vorgeschlagen: Alles, was mithilfe der Gen-Technik erzeugt wurde und alles, was noch kleine Mengen Gen-Technik enthält, sollte als "Mit Gen-Technik" gekennzeichnet werden. Das träfe allerdings auch Bio-Produkte, weswegen uns der Prinz ultimativ aufforderte, eine Neubewertung vorzunehmen.
Eine richtige, aber auch die einzige Verbraucherschützerin, die in dem Artikel zu Wort kommt, ist dagegen Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg. Sie wiederholt den ewigen Vorwurf, ÖKO-TEST lege "zu wenig Wert auf Nutzen und Funktionalität eines Produkts". Das wäre so, meint Frau Schwartau, als würde man Wasser in Shampooflaschen füllen und dann mit sehr gut bewerten, weil Wasser ja schadstofffrei ist. Das müssen wir nicht weiter kommentieren. Wir empfehlen der Dame, einfach mal ÖKO-TEST zu lesen oder in die eigene Beratungsstelle zu gehen. Dort wird unser Heft oft und gerne für die Verbraucherberatung genutzt. Wenn Kinderfahrräder oder -fahrradsitze sicherer werden, dann auch, weil unsere Tests zu "Nutzen und Funktionalität" Schwachstellen aufgedeckt haben. Auf diese und Hunderte andere solcher Tests haben wir immer wieder hingewiesen, genauso wie auf die Tatsache, dass wir zum Beispiel bei Antifaltencremes die Wirkung nicht untersuchen. Weil man, wissenschaftlich nachgewiesen, Falten nicht wegcremen kann - und weil, gesetzlich vorgeschrieben, das Cremes nicht einmal dürften.
ÖKO-TEST ist in den 25 Jahren seines Bestehens vielen auf die Füße getreten, unterschiedslos Herstellern genauso wie Umwelt- und Verbraucherverbänden, auch der Spiegel-Kronzeugin Silke Schwartau. Das mag taktisch unklug sein, ist aber nicht zu verhindern. Daher finden sich immer Leute, die glauben, mit ÖKO-TEST noch eine Rechnung offen zu haben. Daraus haben vor dem Spiegel schon andere entsprechende Geschichten gebraut.
Es rundet das Bild ab, dass nicht einmal die Fakten stimmen. Nach unserer eigenen Aussage, so der Spiegel, konzentrieren wir uns bei Mückenschutzmitteln auf die Schadstoffe. Hätte das Blatt recherchiert und nicht abgeschrieben, hätte es bei uns folgende Aussage gefunden: "Anders als immer wieder berichtet, werden wirkungslose Mückenmittel von uns nicht mit sehr gut bewertet. ÖKO-TEST hat mehrfach die Schutzwirkung von Produkten auf der Basis von natürlichen Abwehrduftstoffen untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass die Naturprodukte Mücken durchaus fernhalten. Allerdings lässt ihre Wirkung nach etwa zwei Stunden nach, während Produkte mit nervenschädigenden Substanzen wie DEET mehr als fünf Stunden lang schützen".
Ein weiteres Beispiel: In Zusammenhang mit unserem Test Energiesparlampen und unserem Jahresumsatz von zehn Millionen Euro heißt es: "Das reicht nicht für große Sprünge - aber genügt es wenigstens für sorgfältige Tests? 2008 prüfte das Magazin Energiesparlampen, untersuchte aber nur 16 Modelle. Trotzdem kam man zu dem Ergebnis, Energiesparlampen seien kein wirklicher Fortschritt und keine echte Alternative zu Glühlampen. Ein Urteil, das bei Experten für Kopfschütteln sorgte - zumal die Lampen im Testbetrieb nur 3.000 Stunden brannten".
Tatsächlich lief der Dauertest rund 11.000 Stunden, allerdings waren nach 3.000 schon zehn Lampen von sechs Anbietern ausgefallen, die ersten drei schon nach rund 1.500 Stunden. Das ist vielleicht ein wenig kompliziert. Aber eigentlich ist es auch nicht so schwer zu verstehen, dass ein Test zu Ende ist, wenn eine Lampe kaputtgeht. Unter anderem daher kamen wir im November 2008 zu dem Ergebnis, dass Energiesparlampen keine echte Alternative sind.
Die kopfschüttelnden Experten verwiesen auf einen Test der Stiftung Warentest, der teuren Markenprodukten im März 2008 ein gutes Zeugnis ausstellte. Dumm gelaufen: Denn in einer neuen Untersuchung von handelsüblichen Produkten im April 2010 kommt die Stiftung zu dem gleichen Ergebnis wie ÖKO-TEST: Sie gehen viel zu schnell kaputt und sparen viel weniger, als die Hersteller behaupten.
Fazit: Verwelkender Ahorn oder Hohlspiegel - entscheiden Sie selbst.