- Wir haben 19 Antischimmelfarben untersuchen lassen. Fast alle enthalten Biozide, die wir wegen ihrer schädlichen Wirkung abwerten.
- Sieben Farben fallen mit "ungenügend" durch, nur eine Farbe können wir mit "sehr gut" empfehlen.
- Außerdem im Artikel: Zahlreiche Tipps, die helfen, Schimmel vorzubeugen.
Schimmelbefall in der Wohnung ist nicht nur hässlich anzusehen, sondern auch gesundheitsschädlich. Studien belegen Zusammenhänge mit zahlreichen Allergien und Atemwegserkrankungen. Als gesichert gilt etwa, dass bestimmte Schimmelpilzarten Asthma verstärken oder zu Atemnot führen können.
Antischimmelfarben: Warum sich Schimmel bildet
In der Wohnung verteilen sich die Schimmelpilzsporen über die Luft. Wenn sie ein feuchtes Raumklima oder einen geeigneten, feuchten Untergrund vorfinden, wachsen die Schimmelpilze. Anfällig sind vor allem Materialien, an denen organische Partikel wie Hausstaub, Fasern und Hautschuppen gut haften können. Das sind beispielsweise viele Tapeten, Papier, Pappe und Holz. Einige Schimmelpilzarten gedeihen bereits bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70 bis 80 Prozent. Teilweise vergehen aber Wochen und Monate, bevor der pelzartige Bewuchs an Wand und Decke sichtbar wird.
Im Baumarkt finden sich spezielle Wandfarben mit deklarierter Antischimmelwirkung. Nach gründlicher Reinigung befallener Stellen sollen solche Anstriche langfristig ein neues Pilzwachstum unterbinden und vor allem in Feuchträumen wie Bädern oder Küchen vorbeugend wirken. Leider enthalten sie in der Regel Biozide. Das sind Wirkstoffe, die schädliche Organismen wie Pilze zerstören sollen, die aber mitunter nicht nur für Schimmel verheerend sein können, sondern auch problematisch für Mensch und Umwelt.
Antischimmelfarben enthalten häufig Biozide
Besonders gängig in Innenraumfarben sind die Biozide Octylisothiazolinon (OIT), Jodpropinylbutylcarbamat (JPBC) und Zinkpyrithion: Diese Substanzen gelten als stark gewässergefährdend, können allergische Reaktionen hervorrufen. "Sie lösen sich nur sehr langsam, aber durch Ausdünstungen und Farbabrieb sind nach und nach Belastungen von Raumluft und Hausstaub möglich", sagt Baubiologe Dr. Manfred Mierau.
Umstritten sind die Antischimmelfarben aus Expertensicht aber nicht nur aus gesundheitlichen Gründen. Wegen des flüchtigen Charakters vieler biozider Wirkstoffe sei zu bezweifeln, ob entsprechend ausgerüstete Farbe überhaupt langfristig wirken könnte. "Wo dauerhaft feuchte oder kühle Bedingungen vorliegen, halte ich Schimmelwachstum mit der Zeit immer für möglich", sagt Mierau.
Kalkfarben als umweltverträglichere Alternative
Als sinnvoll erachtet der Experte in besonderen Fällen hingegen den Einsatz von Kalkfarben. In Altbaukellern etwa, in denen sich die Ursache für die Feuchte teils nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand beseitigen lasse, könnten sie den pH-Wert der Wände so erhöhen, dass Schimmel nicht wachsen könne.
Der Wirkstoff Calciumhydroxid – als Löschkalk bekannt – gilt im rechtlichen Sinne auch als Biozid. Es ist aber vergleichsweise unproblematisch. Kalkfarben gelten als langlebig, umwelt- und gesundheitsverträglich. Allerdings helfen auch sie bei etlichen Schimmelproblemen in der Regel nicht weiter, weil sie die Ursache des Befalls nicht beheben.
Schimmel: Oft helfen kleinere Änderungen
Wenn nicht gerade Wasserschäden oder starke Baumängel die Wurzel des Übels sind, geht Schimmelbefall an Wänden oft auf die Raumnutzer selbst zurück. Häufig begünstigen unsachgemäßes Heizen und Lüften oder falsch aufgestellte Möbel das Pilz- und Bakterienwachstum.
Sind nur kleinere Stellen von weniger als einem halben Quadratmeter betroffen und ist der Befall rein oberflächlich, reichen häufig gründliche Reinigungen und kleinere Verhaltensänderungen, damit der Schimmel fernbleibt. Aus Sicht des Umweltbundesamtes ist der Einsatz biozider Wirkstoffe deshalb generell nicht nötig.
Antischimmelfarben im Test
Wir wollten wissen, welche Schadstoffe sich Käufer in die Wohnung holen, wenn sie ihre Wände mit Antischimmelfarbe streichen. Deshalb haben wir 19 Produkte in die Labore geschickt. Fast alle getesteten Antischimmelfarben deklarieren Biozide, die wir wegen ihrer schädlichen Wirkung für Mensch und Umwelt abwerten.
Viele verhageln sich ihr Gesamturteil auch durch den Einsatz bedenklicher Konservierungsmittel. Sieben Produkte fallen mit "ungenügend" durch, nur eine Farbe können wir mit "sehr gut" empfehlen.
Antischimmelfarben: Bekannte Problemstoffe
Bis auf eine Farbe enthalten alle Produkte Isothiazolinone. Diese erfüllen jedoch unterschiedliche Funktionen im Produkt. Während Octylisothiazolinon (OIT) und Dichloroctylisothiazolinon (DCOIT) als biozide und fungizide Wirkstoffe fungieren, sollen Methylisothiazolinon (MIT) und Benzisothiazolinon (BIT) die Produkte konservieren und verhindern, dass die Farben im Eimer verkeimen.
Isothiazolinone können Allergien auslösen sowie die Augen und die Haut reizen. Das gilt besonders für chlorierte Verbindungen wie DCOIT. Weil Isothiazolinone nicht nur in Farben, sondern auch in Kosmetika großflächig zum Einsatz kamen, ist die Zahl schwerer allergischer Reaktionen laut Experten in den vergangenen Jahren gestiegen.
In vielen Produkten finden sich Jodpropinylbutylcarbamat (JPBC) sowie Zinkpyrithion. JPBC ist eine halogenorganische Verbindung, die schwere Augenschäden hervorrufen kann und bei längerer Aussetzungsdauer auch Kehlkopfschäden. Zinkpyrithion gilt unter anderem als leicht hautreizend. Es ist allerdings nur in einer Antischimmelfarbe in einer Größenordnung enthalten, die wir abwerten.
Eine Farbe enthält Calciumhydroxid, d.h. Löschkalk. Bei unsachgemäßer Anwendung kann Löschkalk zwar hautreizend oder augenschädigend wirken, nach dem Trocknen löst er sich allerdings praktisch nicht aus dem Anstrich. Insgesamt ist das Risikopotenzial als sehr gering einzuschätzen, weshalb wir nicht abwerten.
Antischimmelfarben: Auch Formaldehyd gefunden
Größere Mengen Formaldehyd/-abspalter als Konservierungsmittel, so glaubten wir nach jüngeren Tests, seien in Farben und Lacken kein Thema mehr. Eine Fehlannahme, wie sich nun zeigt: Gleich vier Produkte enthalten deutliche Mengen. Formaldehyd ist ein krebsverdächtiger Stoff, der die Schleimhäute reizt und Allergien auslösen kann. Dünstet er aus, kann er über die Atemluft in den menschlichen Körper gelangen.
In drei Antischimmelfarben hat das von uns beauftragte Labor Silber gefunden. Das Edelmetall wirkt keimhemmend. Wenn Silber in immer mehr Produkten zum Einsatz kommt, besteht aber die Gefahr, dass Bakterien gegen Silberionen resistent werden könnten und der Einsatz von Silber in medizinisch wichtigen Bereichen wie der Wundbehandlung nicht mehr wirkungsvoll ist. Dazu kommt: Die drei betroffenen Farben enthalten auch Blei.
Schimmel vorbeugen: Diese Tipps helfen
Schimmel mag kühle und feuchte Stellen. Die finden sich an den Innenseiten von Außenwänden, vor allem in älteren, schlecht gedämmten Gebäuden oder an Wärmebrücken, also einem Gebäudebereich oder -bauteil, der Wärme besser (ab)leitet als umliegende Bereiche.
Bleibt das Mauerwerk relativ kalt und strömt warme Luft aus dem Rauminneren in Richtung Wand, nimmt die Luftfeuchtigkeit an dieser Stelle zu, im ungünstigsten Fall kondensiert die Feuchtigkeit zu Wasser, was Schimmel stark begünstigt. Schimmel kann aber auch entstehen, wenn wenig Wärme an die Wand gelangt, etwa weil Möbel davorstehen oder Feuchte von außen durch das Mauerwerk dringt.
Die folgenden Tipps können helfen, den lästigen Pilzen das Leben zu erschweren:
- Möbel richtig aufstellen: Wenn Ihr Zuhause nur über eine unzureichenden Dämmung verfügt, stellen Sie Ihre Möbel mindestens 5 bis 10 cm entfernt von der Außenwand auf. Verwenden Sie Möbelsockel, um für eine ausreichende Belüftung von unten zu sorgen. Hängen Sie keine Gardinen und Vorhänge auf, die bis zum Boden reichen.
- Ausreichend heizen: Heizen Sie auch wenig genutzte Räume immer etwas, halten Sie dabei aber die Türen zu stärker beheizten Räumen geschlossen – die herüberziehende Wärme kann sonst für erhöhte Luftfeuchtigkeit im kälteren Raum sorgen. Lassen Sie die Temperatur im Schlafzimmer nachts nicht unter 16 bis 18 Grad fallen. Auch Bäder dauerhaft temperieren.
- Richtig lüften: Je kälter die Luft, desto mehr Wasser kann sie beim Erwärmen aufnehmen. Auch in kühlen Monaten daher regelmäßig mit geöffnetem Fenster stoßlüften, am besten dreimal zehn Minuten am Tag. Bad und Küche bei geschlossener Tür lüften, kondensiertes Wasser von Fliesen entfernen. Funktion von Abluftschächten kontrollieren: An die Lüftungsschlitze gehaltenes Toilettenpapier sollte angesaugt werden und daran hängen bleiben. Beim Trocknen von feuchten Handtüchern oder feuchter Wäsche für ausreichend Belüftung sorgen, Türen geschlossen halten.
- Sinnvoll reinigen: Kleineren, oberflächlichen Schimmelbefall auf verputzten oder gestrichenen Wänden mit handelsüblichen, schadstoffarmen Putzmitteln oder Spiritus (Alkoholgehalt: 70 bis 80 %) entfernen. Verwenden Sie keinen Essig, da er den pH-Wert der Wand herabsetzen kann. Beim Wischen möglichst wenig Staub aufwirbeln, Schutzhandschuhe, Atemschutzmaske und Schutzbrille tragen; Kleidung anschließend gründlich waschen. Befallene Silikonfugen mit neuem Sanitär-Silikon ersetzen, befallene Tapeten mit Tapetenlöser abziehen und austauschen. Alle befallenen Materialien staubdicht verpacken und im Hausmüll entsorgen.
Anti-Schimmel-Maßnahmen: Das rät Öko-Test
- Mit vielen Antischimmelfarben holen Sie sich bedenkliche Wirkstoffe ins Haus. Die Wirkung der Farben ist zweifelhaft. Sie beseitigen nicht die Ursache des Pilzproblems. Häufig hilft sachgemäßes Lüften und richtiges Heizen.
- Ziehen Sie bei größeren schimmelbefallenen Stellen oder Schimmelverdacht einen Sachverständigen hinzu. Informieren Sie auch Ihren Vermieter, damit dieser reagieren kann.
- Testen Sie die Luftfeuchtigkeit: Hygrometer, mit denen sich die Luftfeuchtigkeit bestimmen lässt, gibt es in Baumärkten. Messpunkte sollten sich in der Nähe von Außenwandecken befinden. Die Luftfeuchte sollte maximal 70 % betragen.
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