Wer Schmerzen hat, ist für ein Schmerzmittel dankbar. Liegen die Blutfettwerte außerhalb des Normbereichs, gibts auf Rezept Lipidsenker. In der Radiologie werden jodhaltige Röntgenkontrastmittel gespritzt, wenn die Blutgefäße sichtbar gemacht werden sollen.
Das funktioniert im Großen und Ganzen gut. Nur: Nachdem die Arzneistoffe ihr Werk verrichtet haben, verschwinden sie nicht einfach, sondern gehen auf große Reise und kommen irgendwann - wenn auch in stark verdünnter Form - wieder beim Verbraucher aus dem Wasserhahn. "Im Trinkwasser liegt nach dem Stand der Literaturauswertung für 23 Wirkstoffe und Metaboliten mindestens ein Positivbefund vor", heißt es in der 2011 vom Umweltbundesamt (UBA) herausgegebenen "Zusammenstellung von Monitoringdaten zu Umweltkonzentrationen von Arzneimitteln", welche vom IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasser erarbeitet wurde. Genannt werden Schmerzmittel wie Naproxen, Röntgenkontrastmittel, Lipidsenker wie Clofibrinsäure und ihre Stoffwechselprodukte.
Trinkwasser-Test von Aachen bis Würzburg
Im Grundwasser weist der Bericht des UBA bereits 55, in Oberflächengewässern sogar 131 Positivbefunde aus, darunter einzelne Röntgenkontrastmittel mit Extremwerten von bis zu 100 µg/l. Die Arzneistoffe gelangen dorthin, weil wir sie über Urin oder Stuhl in unveränderter oder veränderter Form ausscheiden und sie so zunächst einmal ins Abwasser gelangen. Im Klärwerk werden sie in gewissem Maße abgebaut oder zurückgehalten. Der Rest strömt in den nächsten Fluss. Was dann die Uferfiltration übersteht, landet schließlich im Grundwasser.
Experten rechnen damit, dass in den nächsten Jahren noch mehr Arzneimittel nachgewiesen werden. Denn zum einen werden immer mehr Analysen mit immer empfindlicheren Geräten durchgeführt, zum anderen verbraucht eine zunehmend älter werdende Gesellschaft immer mehr Arzneimittel. Laut UBA wurden im Jahr 2012 von den rund 1.200 Wirkstoffen aus Humanarzneimitteln mit möglicher Umweltrelevanz insgesamt 8.120 Tonnen verbraucht. Hinzu kommen rund 2.500 Tonnen Wirkstoffe in Tierarzneimitteln, vor allem Antibiotika und Antiparasitika. Die Masse dieser Wirkstoffe gelangt über Ausscheidungen in die Umwelt.
"Betrachtet man das gesamte Abwasser, das eine Kläranlage reinigt, macht der Gesamteintrag an Arzneimittelrückständen, der durch die Krankenhäuser verursacht wird, nur maximal 20 Prozent aus", erklärt Dagmar Vohburger von der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Der geringe Anteil an der Belastung durch Krankenhäuser erklärt sich durch die Tatsache, dass beispielsweise Röntgenkontrastmittel oder Zytostatika häufig im ambulanten Bereich angewendet und von den Patienten zu Hause ausgeschieden werden. 80 Prozent der Arzneimittelrückstände im Abwasser stammen denn auch aus privaten Haushalten, wo Medikamente zudem häufig über die Toilette oder den Ausguss entsorgt werden.
Im Kampf gegen Arzneimittel ziehen Kläranlagen häufig den...