Kernige Haferflocken: Labor stößt im Test auf Schimmelpilzgifte und Glyphosat

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2023 | Autor: Cordula Posdorf/Hanh Friedrich | Kategorie: Essen und Trinken | 25.10.2022

Kernige Haferflocken: Wir haben 29 Produkte getestet.
Foto: ÖKO-TEST

Haferflocken gelten als gesunde Sattmacher. In ihnen stecken viele Vitamine und Eiweiß. Von den 29 geprüften kernigen Haferflocken sind auch viele empfehlenswert. Aber: In mehreren Produkten steckt das Spritzgift Glyphosat und einige Sorten rasseln wegen Schimmelpilzgiften durch. 

  • Im Test: 29 kernige Haferflocken aus (Bio-)Supermärkten, Discountern und Drogerien. 16 davon sind Bio-zertifiziert.
  • Schimmelpilzgifte, Pestizide und Mineralölbestandteile trüben das Image der gesunden Haferflocken.
  • Ein Anbieter nahm nach unserem Test die geprüfte Charge aus dem Verkauf. 

Aktualisiert am 25.10.2022 | Haferflocken machen sich gut in Müsli und Smoothies, aber auch in Bratlingen oder Pfannkuchen. Haferflocken können auch gern regelmäßig auf dem Speiseplan stehen, schließlich gilt Hafer als eine der gesündesten Getreidesorten. Die Ballaststoffe helfen nachweislich, den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren und Cholesterinwerte zu senken.

Nach unserem Test von 29 Haferflocken können wir viele Marken empfehlen. Leider stecken in einigen Produkten aber auch ungesunde Stoffe. So fand das Labor zum Beispiel Schimmelpilzgifte, das Spitzgift Glyphosat und Mineralölbestandteile.

Schimmelpilzgifte in kernigen Haferflocken entdeckt

Gar nicht lecker: Mehrere Produkte im Test sind mit Schimmelpilzgiften belastet. Die sogenannten T-2- und HT-2-Toxine sind Gifte von Pilzen, die den Hafer schon auf dem Feld befallen. Sie sind zellgiftig und können das Immunsystem schwächen. In einigen Haferflocken wurden Gehalte der Gifte nachgewiesen, die wir als "stark erhöht" bewerten.

Mit einer 40-Gramm-Portion davon überschreitet ein Erwachsener mit 60 Kilogramm Körpergewicht bereits die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit festgelegte tägliche tolerierbare Aufnahmemenge (TDI). Für ein dreijähriges Kind, das 15 Kilogramm wiegt, läge die Belastung mit diesen Produkten bei mehr als einem Vierfachen des TDI.

Haferflocken passen in Müsli, Smoothies oder Pfannkuchen.
Haferflocken passen in Müsli, Smoothies oder Pfannkuchen. (Foto: Masha Avena/Shutterstock)

    Die Schimmelpilzgiftbelastungen sind zwar nicht akut gefährlich. Aber: Die am stärksten belasteten Produkte sollte man dennoch besser nicht täglich essen.

    Ein weiteres Problem im Test: das Spritzgift Glyphosat. Es wurde ebenfalls in einigen Haferflocken nachgewiesen. Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) stuft Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" ein. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) sieht keinen Krebsverdacht.

    Glyphosat in einigen Haferflocken

    Unabhängig von möglichen direkten Risiken für Menschen ist klar, dass das Spritzgift die Artenvielfalt schädigt. Eine aktuelle Studie der Uni Konstanz, die im Fachmagazin Science erschienen ist, deutet darauf hin, dass Glyphosat stärker am dramatischen Rückgang von Insekten beteiligt sein könnte, als bisher bekannt. Die in der Studie untersuchten Hummeln konnten ihre Brut schlechter warm halten.

    Nach unserem Test zog ein Anbieter die geprüfte Charge Haferflocken aus dem Verkehr. Sein Produkt wies den höchsten gemessenen Gehalt an Glyphosat im Test auf und es war mit Schimmelpilzgiften belastet.

    Haferflocken im Test: Alle Ergebnisse im ePaper kaufen

    Pestizid in zwei Bio-Produkten nachgewiesen

    In zwei Bio-Produkten hat das beauftragte Labor geringe Gehalte des Pestizids Chlormequat gemessen. Auch wenn die Werte niedrig sind, überschreiten sie dennoch den Orientierungswert des Bundesverbands Naturkost Naturwaren (BNN).

    Laut BNN ist bei einer Überschreitung zu ergründen, ob gegen die Regeln für Öko-Anbau verstoßen wurde oder es sich etwa um eine unvermeidbare Kontamination durch Abdrift handelt. Die Hersteller schrieben uns, den Sachverhalt zu prüfen.

    Kritik an Mineralöl in kernigen Haferflocken

    Die gemessenen Mineralölbestandteile MOSH/MOSH-Analoge waren in einigen Produkten nach ÖKO-TEST-Bewertung höher, als wir es akzeptieren. Die Verbindungen reichern sich im menschlichen Körper an. Was sie dort anrichten, ist bisher noch völlig unklar. Sie stellen aber die größte Verunreinigung im menschlichen Körper dar.

    MOSH können an vielen Punkten im Produktionsprozess in die Flocken gelangen, zum Beispiel über Schmieröle an Maschinen. Viele unbelastete Testprodukte zeigen, dass sich die Einträge vermeiden lassen. 

    Wissenswertes zu Haferflocken 

    Warum Hafer ein Alleskönner ist:

    1. Haferflocken passen in Kuchen, Pfannkuchen und Müsli. Mit ihrem leicht süßen Geschmack wird diese Form eines ballaststoffreichen Vollkornprodukts oft auch von mäkeligen Essern und Kindern geschätzt.
    2. Glutenfrei? Nein, Hafer ist nicht glutenfrei. Er enthält aber im Gegensatz zu Weizen deutlich weniger Gluten. Außerdem ist herkömmlicher Hafer in der Regel stark mit glutenhaltigem Getreide verunreinigt. Daher gilt für Menschen, die an Zöliakie leiden: wenn Hafer, dann ausschließlich als glutenfrei ausgelobte Produkte - etwa glutenfreie Haferflocken. Die Deutsche Zöliakie Gesellschaft empfiehlt darüber hinaus, Haferprodukte langsam steigernd in die Ernährung einzuführen. 
    3. Gesund: Mit einem Hafer-Frühstück hat man von Eiweiß über Eisen bis hin zu B-Vitaminen schon viele gefragte Nährstoffe intus. Ab 75 Gramm täglich ist Hafer sogar gut für den Cholesterinspiegel.
    4. Kernig oder zart? Für beide Sorten von Haferflocken werden ganze Körner verwendet, sowohl zarte als auch kernige Flocken sind Vollkornprodukte – egal ob das ausdrücklich auf der Verpackung steht. Sie unterscheiden sich in der Verarbeitung. Zarte eignen sich besonders, wenn es cremig werden soll. Kernige sorgen für mehr Biss. 

    Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 10/2022 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2023 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

    Weiterlesen auf oekotest.de:

    Wir haben diese Produkte für Sie getestet

    Testverfahren

    Wir haben für diesen Test kernige Haferflocken in (Bio-)Supermärkten, Discountern und Drogerien eingekauft. Von insgesamt 29 Produkten sind 16 Biozertifiziert.

    Die Preisspanne für die ausschließlich aus Hafer bestehenden Produkte ist beachtlich: Für 500 Gramm kernige Haferflocken zahlten wir zwischen 69 Cent und 3,29 Euro. Einige Hersteller teilten uns mit, seit unserem Einkauf den Preis erhöht zu haben. Auch weitere Steigerungen könnten derzeit nicht ausgeschlossen werden.

    Wir ließen alle Haferflocken in spezialisierten Laboren auf Belastungen mit Schwermetallen wie Nickel, Cadmium, Blei und Arsen prüfen. Die Elemente kommen zum einen natürlicherweise in der Erdkruste vor. Zum anderen sammeln sie sich in Luft, Wasser und Boden durch die menschliche Umweltverschmutzung weiter an. Außerdem ließen wir alle Proben auf Verunreinigungen mit Mineralölbestandteilen (MOSH/MOAH) prüfen, die wir schon in vielen Lebensmitteln, unter anderem auch in Haferflocken, gefunden haben. Die Verbindungen können unter anderem aus Schmierölen an Verarbeitungsanlagen in Lebensmittel gelangen. Schimmelpilzgifte in Getreide können gesundheitlich besonders problematisch sein. Das Labor testete auf ein breites Spektrum an Substanzen. Zu guter Letzt wollten wir natürlich wissen, ob Pestizidrückstände wie das nach wie vor verbreitete Spritzgift Glyphosat in den Haferflocken stecken

    Bewertungslegende 

    Produkte mit dem gleichen Gesamturteil sind in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

    Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um vier Noten: ein gemessener Summengehalt von T-2- und HT-2-Toxinen, der ausgehend von einer 40-g-Portion Haferflocken zu einer Überschreitung des von der EFSA festgelegten Gruppen-TDI von 0,02 μg/kg Körpergewicht und Tag bezogen auf einen Erwachsenen mit 60 Kilogramm Körpergewicht führt (in der Tabelle: "stark erhöht").

    Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein gemessener Gehalt an MOSH/MOSH-Analogen der Kettenlänge C17 bis C35 von mehr als 2 bis 4 mg/kg (in der Tabelle Mineralölbestandteile "erhöht"); b) ein gemessener Summengehalt von T-2- und HT-2-Toxinen, der ausgehend von einer 40-g-Portion Haferflocken den von der EFSA festgelegten Gruppen-TDI von 0,02 μg/kg Körpergewicht und Tag bezogen auf einen Erwachsenen mit 60 Kilogramm Körpergewicht zu mehr als 50 bis 100 Prozent ausschöpft (in der Tabelle: "erhöht").

    Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein gemessener Gehalt an MOSH/MOSH-Analogen der Kettenlänge C17 bis C35 von mehr als 1 bis 2 mg/kg (in der Tabelle Mineralölbestandteile "leicht erhöht"); b) ein als besonders bedenklich eingestuftes Pestizid in gemessenen Gehalten von mehr als 0,01 mg/kg (hier: Glyphosat). Als besonders bedenklich werden Pestizide eingestuft, wenn sie PAN-gelistet sind (in Gruppe 2 und/oder bienentoxisch), nach EU-Datenbank oder ECHA kanzerogen oder reproduktionstoxisch sind oder aus Gründen der Toxizität in der EU nicht mehr zugelassen sind; c) ein gemessener Pestizidgehalt, der unter Berücksichtigung eines Verarbeitungsfaktors (sofern laut BfR- oder EFSA-Liste verfügbar; hier: Glyphosat: 0,17) mehr als 10 bis 50 Prozent der gesetzlichen Rückstandshöchstmenge (hier Glyphosat: 20 mg/kg Hafer; Mepiquat: 3 mg/kg Hafer; Chlormequat: 15 mg/kg Hafer) ausschöpft (in Tabelle: "erhöht"); d) 3 bis 6 gemessene Pestizide.

    Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: ein gemessener Gehalt von mehr als 0,01 mg/kg eines Pestizids (hier: Chlormequat) in einem Bio-Produkt. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode.

    Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist verschlechtert das Gesamturteil um eine Note.

    Testmethoden 

    MOSH/MOSH-Analoge/MOAH: Nach DIN EN 16995:2017 mod. (Die Modifikation betrifft die Verseifung und eine andere Matrix), Messung mittels LC-GC/FID, Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen.
    Mykotoxine: LC-MS/MS, Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen.
    Pestizid-Screening: GC-MS und LC-MS/MS.
    Glyphosat, Aminomethylphosphonsäure (AMPA), Glufosinat: LC-MS/MS.
    Chlormequat/Mepiquat, Glyphosat: LC-MS/MS.
    Elemente: Totalaufschluss in der Mikrowelle; Elementbestimmung mittels ICP-MS.
    PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.

    Einkauf der Testprodukte: Mai-Juni 2022 

    Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 10/2022 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2023 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

    Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.

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