Die Idee klang so gut: ein einfaches blaues Label auf Fisch, mit dem Verbraucher auf einen Blick nachhaltige Produkte erkennen können. Das war die Grundidee des 1997 gegründeten Labels Marine Stewardship Council (MSC). "Es hat leider nicht vollständig funktioniert", sagt WWF-Fischereiexperte Philipp Kanstinger 13 Jahre später.
Der Umweltschützer kritisiert: "Eine wachsende Anzahl an Fischereien im MSC sind aus unserer Sicht nicht nachhaltig." Dabei hatte der WWF die heute unabhängige Labelorganisation damals mit gegründet. Jetzt distanzieren sich die Naturschützer. Im neuen Fischratgeber, der bald erscheint, will der WWF Änderungen bei der Empfehlung von Produkten mit MSC-Label vornehmen.
Auch die Testergebnisse aus unserem Fischstäbchen-Test werfen ein schlechtes Licht auf die Aussagekraft des Labels. Allerdings: Als Verbraucher den Überblick über all die verschiedenen Arten und Fangmethoden, die überfischten Bestände und die Bedingungen in Aquakulturen zu behalten, ist fast unmöglich. Deswegen wäre ein verlässliches Label Gold wert. Ohne ist das komplizierter – doch mit den folgenden sechs Tipps können Fischfans dennoch dazu beitragen, die Öko-Systeme zu schonen und für weniger Tierleid zu sorgen.
- Unverdächtige Fischarten kaufen
- Bedrohte Arten meiden
- Fischratgeber nutzen
- Auf Labels achten
- Auch bei Zuchtfischen auf Labels achten
- Fisch maßvoll genießen
Fisch essen: Diese Bestände sind gesund
1. Unverdächtige Fischarten kaufen
Es gibt nicht mehr viele Fischarten, die Experten ganz ohne Bauchschmerzen empfehlen. Doch der heimische Karpfen gehört beispielweise dazu. Als unproblematische Wildfische nennt Dr. Rainer Froese vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung zudem Wildlachs aus Alaska und Sprotten aus der Nordsee, außerdem Alaska-Seelachs aus den gesunden Beständen im Nordpazifik. Da die Fischereien in den unproblematischen Gebieten MSC-zertifiziert sind, sei empfehlenswerter Alaska-Seelachs an dem Label zu erkennen. Dieser Fisch wird auch nicht mit Grundschleppnetzen gefangen.
Bei den Küstenfischen Scholle, Flunder und Steinbutt empfiehlt Froese, in Erfahrung zu bringen: Stammt der Fisch aus der Ostsee? Und ist er mit Stellnetzen gefangen worden? Wenn ja, dann gibt der Experte grünes Licht. Miesmuscheln sind laut Froese und WWF okay, wenn sie aus Aquakulturen stammen.
2. Bedrohte Arten meiden
Viele Händler und Restaurants bieten bedrohte Fischarten immer noch ganz selbstverständlich an. So sind der beliebte Aal und der Dornhai (Schillerlocken) vom Aussterben bedroht. Auch Zackenbarsch, Rochen und Roter Thunfisch (Blauflossenthun) gehören nicht in den nachhaltigen Einkaufskorb.
Fischratgeber ist hilfreich bei Fischkauf
3. Fischratgeber nutzen
Es gibt noch bei vielen weiteren Fischarten erhebliche Probleme: bei manchen in allen Fanggebieten, bei anderen nur bei einer bestimmten Fangmethode oder in einer bestimmten Region. Diese Unübersichtlichkeit macht den Kauf ziemlich kompliziert. Hilfreich ist deswegen der Fischratgeber des WWF, der mehrmals im Jahr aktualisiert wird.
4. Auf Labels achten
Komplett verlässlich ist das MSC-Label nicht. Denn leider können auch Wildfische, die das MSC-Zeichen tragen, aus zu kleinen Beständen oder problematischen Fangmethoden stammen. Das gilt sogar für das weniger verbreitete und eigentlich deutlich strengere Label Naturland Wildfisch des Verbands für ökologischen Landbau. Im Zweifel sind aber Produkte mit den Labels vertrauenswürdiger als solche ohne.
"Wir empfehlen das MSC-Label als Minimalstandard, der legale und rückverfolgbare Produkte garantiert", erklärt WWF-Experte Kanstinger. Das sei wichtig, weil 20 bis 30 Prozent des weltweiten Fischfangs illegal ablaufe. Nur in rückverfolgbaren Lieferketten lassen sich Missstände beheben.
Nachhaltig Fisch essen
5. Auch bei Zuchtfischen auf Labels achten
Aquakulturen verursachen ganz eigene Probleme: Enge Massentierhaltung, Einsatz von Insektiziden, massenhafter Verbrauch von Wildfischen und Soja als Futter sind nur einige davon. Daher beachten Sie:
- Bio-zertifizierte Produkte müssen etwas strengere Vorgaben, etwa für Futter und Besatzdichte, einhalten.
- Noch strenger ist das Naturland-Siegel für Aquakultur. Der Kriterienkatalog gibt deutlich geringere Besatzdichten für die Zuchtfische vor und verbietet das Füttern mit Wildfischen. Außerdem regelt es soziale Standards für die Menschen, die in den Fischereibetrieben arbeiten.
- Der Öko-Anbauverband Bioland zertifiziert Karpfen.
- Vorsicht: Kein Nachweis für wirklich nachhaltige Zucht ist dagegen aus unserer Sicht das Label ASC für verantwortungsvolle Fischzucht des Aquaculture Stewardship Council. So ist gentechnisch verändertes Soja als Futtermittel zugelassen, außerdem darf Wildfisch im Futter enthalten sein, wenn auch nicht aus überfischten Beständen.
6. Fisch maßvoll genießen
Auch die heute noch gesunden Fischbestände geraten unter Druck, wenn der Hunger der Menschheit auf Fisch weiter steigt. Am nachhaltigsten ist es deshalb, nur selten Fisch zu essen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für die optimale Nährstoffversorgung, insbesondere mit langkettigen Omega-3-Fettsäuren, ein bis zwei Fischmahlzeiten pro Woche. Wer weniger Fisch isst, tut sich etwas Gutes, wenn er jeden Tag pflanzliche Omega-3-Lieferanten zu sich nimmt, also etwas Leinöl, Rapsöl oder Walnüsse.
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