- Wir haben 20 verschiedene Bio-Naturjoghurts mit 3,5 Prozent Fett getestet, dabei wurden vorzugsweise Produkte im Glas eingekauft, ansonsten im Becher.
- Mit Bestnote rundum empfehlenswert sind drei Produkte, immerhin fünf weitere schneiden "gut" ab.
- Große Unterschiede gibt es vor allem bei der Tierhaltung: In manchen Bio-Betrieben wird sogar die umstrittene Anbindehaltung praktiziert.
Aktualisiert am 7.11.2024 | Führen Bio-Kühe wirklich ein besseres Leben? Diese Frage stellen wir uns zu Recht, wenn wir mit der romantischen Vorstellung zufrieden grasender Tiere auf grünen Weiden teils deutlich höhere Preise für Bio-Milchprodukte bezahlen.
Gläserne Molkerei, Alnatura & Co.: Bio-Naturjoghurt im Test
Unter ökologischen Standards leben Milchkühe grundsätzlich durchaus besser als ihre konventionell gehaltenen Artgenossinnen. Dafür sorgen die Vorgaben der EU-Öko-Verordnung sowie von Bioverbänden wie Biokreis, Bioland, Demeter und Naturland. Trotzdem ist nicht jeder Bio-Milchviehbetrieb ein Paradebeispiel für artgerechte Tierhaltung. Das können wir nach unserem Test von 20 Bio-Naturjoghurts sagen.
Ausnahmeregelungen ermöglichen, dass sich selbst in Bio-Ställen nicht alle Tiere frei bewegen können, indem sie unter bestimmten Umständen die umstrittene Anbindehaltung erlauben. Und auch Bio-Höfe können die Anforderungen zum Auslauf so umgehen, dass statt einer Weide lediglich ein sogenannter Laufhof zur Verfügung stehen muss.
Anbindehaltung verboten – aber es gibt Schlupflöcher
Monatelang angebunden an einem Fleck im Stall stehen? Artgerecht ist das nicht, und doch in einigen Ställen noch bittere Realität. Immerhin: Die Zahlen sind seit Jahren rückläufig. Noch rund zehn Prozent der Milchkühe werden in Deutschland saisonal oder ganzjährig angebunden. Tierschützer und auch ÖKO-TEST kritisieren die Praxis schon lange, Greenpeace hat deshalb erst kürzlich Strafanzeige gegen die Bärenmarke-Molkerei Hochwald gestellt.
Im Bio-Bereich ist die Anbindehaltung nicht erlaubt, doch es gibt Schlupflöcher. Kleine Bestandsbetriebe mit unter 50 Tieren, die nicht genug Platz haben, um ihren Stall in einen tierfreundlicheren Laufstall umzubauen, dürfen ihre Kühe in der sogenannten Kombinationshaltung halten.
Bei elf Marken im Test betraf das zumindest einen Teil der Milchlieferanten. Dabei dürfen die Tiere unter der Bedingung am Hals angebunden werden, dass sie während der Vegetationsperiode auf der Weide und in der übrigen Zeit mindestens zweimal pro Woche auf Freigelände laufen dürfen. Die Vorgaben von Bioland und Naturland schließen zumindest den Neubau von Ställen mit Anbindehaltung aus.
Bio-Kühe nicht immer auf der Weide
Ende Mai 2024 hat die Bundesregierung eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht, um vor allem der ganzjährigen Anbindehaltung einen Riegel vorzuschieben. Demnach müssen Tiere zumindest in Laufställen gehalten werden, in denen sie sich frei zwischen Futterstelle, Melkstand und Liegeplatz bewegen können. Nach einer zehnjährigen Übergangsfrist wird dann auch für konventionelle Kleinbetriebe die Kombinationshaltung die letzte legale Möglichkeit für Anbindehaltung sein.
Von einer Weide werden viele Tiere in konventionellen Ställen aber auch dann nur träumen können. Es ist profitabler, sie das ganze Jahr über im Stall mit Kraftfutter zu ernähren. Einem Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg zufolge müssen Kühe an mindestens 120 Tagen im Jahr für sechs Stunden auf einer Weide grasen, um die Bezeichnung "Weidemilch" verwenden zu dürfen – auch aus unserer Sicht das Minimum einer akzeptablen Weidedauer.
Nach den Kriterien der Bio-Verbände muss Weidegang zumindest während der Vegetationszeit möglich sein. Aber selbst hier verwässern Ausnahmen die Tierwohlvorgaben in Bio-Ställen: Liegt ein Betrieb inmitten einer Ortschaft, ohne dass dem Landwirt Weideland zur Verfügung steht, reicht es, Auslauf im Hof zu ermöglichen. In unserem Test gaben die Molkereien nur für knapp die Hälfte der Produkte an, dass alle Kühe, die die in der Charge verarbeitete Milch gaben, auf die Weide durften.
Ohne Kälbchen keine Milch
Es liegt in der Natur der Sache: Eine Kuh gibt nur dann Milch, wenn sie einmal im Jahr ein Kälbchen zur Welt bringt. Doch um die wertvolle Milch schnellstmöglich wieder verkaufen zu können, werden Mutter und Kind meist nach wenigen Tagen getrennt. Dieses Vorgehen steht zunehmend in der Kritik.
Inzwischen setzen zwar mehr Öko-Betriebe auf die kuhgebundene Kälberaufzucht, insgesamt aber noch immer eine überschaubare Anzahl – von den Naturland-Betrieben eigenen Angaben zufolge zehn Prozent.
Für 15 Produkte in unserem Test bestätigten uns die Molkereien, dass zumindest ein Teil der Kälbchen der für die Charge gelieferten Milch kuhgebunden aufgezogen wurde. Das bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass sie bei ihrer eigenen Mutter bleiben durften.
Naturjoghurt: Besseres und längeres Leben für Bio-Kühe
Eine Milchkuh ist in erster Linie Rohstoffproduzentin. In konventioneller Haltung wird sie daher mit Kraftfutter auf hohe Milchleistung in kurzer Lebenszeit getrimmt. Ein Indikator für die Qualität ihres leistungsorientierten Lebens ist die Laktationszahl. Sie gibt Auskunft, wie oft die Kuh den Zyklus zwischen der Geburt eines Kälbchens, der Produktion von Milch und einer erneuter Trächtigkeit durchlaufen hat, bevor sie geschlachtet wird.
Bio-Kühe leben meist länger und besser und zählen im Schnitt mehr Laktationszyklen mit geringerer Milchleistung als ihre konventionell gehaltenen Artgenossinnen. In unserem Test erreichten aber nur die milchliefernden Betriebe für ein Produkt im Schnitt eine aus unserer Sicht hohe Laktationszahl von mehr als fünf. Alle anderen lagen darunter oder machten keine Angaben.
Enthalten die Bio-Naturjoghurts im Test Schadstoffe?
Im Labor ließen wir die 20 Bio-Naturjoghurts auch auf Mineralölbestandteile, Desinfektionsmittelrückstände und zum Ende der angegebenen Mindesthaltbarkeit auf gesundheitlich bedenkliche Schimmelpilze und Keime untersuchen, die auch zum vorzeitigen Verderb des Produkts führen können.
Außerdem Teil des Tests: Eine sensorische Prüfung, in der Experten gegen Ende der Mindesthaltbarkeitsdauer Aussehen, Geruch, Geschmack und Konsistenz der Proben beurteilten.
Die gesamten Testergebnisse finden Sie im ePaper:
Tipps zum Kauf von Bio-Naturjoghurt:
- Milch von Kühen, die frisches Gras oder Heu fressen, enthält mehr Omega-3-Fettsäuren. Außer halb der Weidesaison ist der Gehalt daher oft niedriger. Wer Wert auf einen hohen Omega-3-Gehalt legt, greift besser zu Produkten mit Heumilchzertifizierung.
- Ein Blick auf die Zuckergehalte lohnt sich nicht nur im Fall von Laktoseintoleranz: Der niedrigste liegt bei 3,7 Gramm, der höchste bei 6,9 Gramm Zucker pro 100 Gramm Joghurt. Der überwiegende Teil des Zuckers in Joghurt ist Laktose.
Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Jahrbuch für 2025 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Spezial Vegetarisch & Vegan 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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