Fruchtriegel-Test: Blei, Schimmelpilzgifte und zu viel Zucker in der Kritik

Magazin Mai 2024: Cornflakes | Autor: Julia Dibiasi/Lisa-Marie Karl/Lena Wenzel | Kategorie: Essen und Trinken | 21.05.2024

Welche Fruchtriegel für Kinder überzeugen in unserem Test?
Foto: Anna Nahabed/Shutterstock

Süße Zwischenmahlzeit: Alle Fruchtriegel in unserem Test kassieren Minuspunkte für zu viel Zucker. Außerdem auffällig: In einigen stecken Schimmelpilzgifte oder Blei. Immerhin schneiden fünf von zwölf Produkten aber auch mit "gut" ab. 

  • Wir haben zwölf Fruchtriegel überprüft, die Auslobungen wie "Kids" oder "Kinder" und eine Altersempfehlung der Hersteller ab dem 12. Monat oder älter tragen. Darunter elf Bio-Produkte.
  • Das fällt ins Auge: Fruchtriegel enthalten fast genauso viel Zucker wie Schokoriegel.
  • In den getesteten Fruchtriegeln ist das Labor auf die Schimmelpilzgifte HT-2 und/oder T-2 und Blei gestoßen. 
  • Immerhin: Insgesamt fünf Produkte sind "gut". Fruchtriegel sollten Kinder aber besser nur in Maßen essen. 
  • Aufgrund ihres hohen Zuckergehalts sind Fruchtriegel höchstens eine Alternative zu anderen Süßigkeiten, sollten aber kein Ersatz für frisches Obst und generell eine ausgewogene Ernährung sein.

In 100 Gramm Schokoriegeln stecken im Schnitt 50 Gramm Zucker. Nicht weiter überraschend, schließlich gelten sie als ungesund. Aber: Ganz so einfach ist die Sache mit dem Zucker nicht. Denn auch die Fruchtriegel in unserem Test enthalten laut Deklaration durchschnittlich 42,6 Gramm Zucker pro 100 Gramm – also fast genauso viel wie das Pendant aus Schokolade. Und das, obwohl keinem der Fruchtriegel Zucker zugesetzt wurde.

Viel Fruchtzucker in Fruchtriegeln für Kinder 

Der enthaltene Zucker stammt aus den Hauptzutaten: Apfelsaftkonzentrat und getrocknete Bananen. Diese enthalten so viel Fruchtzucker, dass dem Riegel nicht noch zusätzlich Zucker zugesetzt werden muss, damit er sehr süß schmeckt. Das Problem: Der eine Zucker ist nicht unbedingt besser als der andere. Auch Fructose kann Karies, Übergewicht und Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes begünstigen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät zu einer Verringerung des Zuckerverzehrs. Die tägliche Menge sollte für ein- bis dreijährige Kinder mit einem angenommenen Energiebedarf von 1200 Kilokalorien täglich 30, besser noch 15 Gramm, nicht übersteigen.

Wir ziehen allen Fruchtriegeln im Test eine Note ab, da sie pro 25 Gramm im Schnitt knapp zehn Gramm Zucker enthalten und damit die von der WHO befürworteten 15 Gramm zu mehr als der Hälfte ausschöpfen.  

Ein dauerhaft erhöhter Zuckerkonsum kann zu gesundheitlichen Problemen führen.
Ein dauerhaft erhöhter Zuckerkonsum kann zu gesundheitlichen Problemen führen. (Foto: NIKCOA/Shutterstock)

Nicht optimal als Snack für zwischendurch 

Das ist auch der Grund warum wir es kritisch finden, dass die Riegel als "idealer Snack für zwischendurch" beworben werden. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein sieht sie aufgrund der hohen Zuckergehalte allenfalls als Alternative zu anderen Süßigkeiten. Die Riegel seien jedoch kein Ersatz für frisches Obst, so die Verbraucherzentrale. Zum Vergleich: 25 Gramm Apfel enthalten knapp drei Gramm Zucker, während die Riegel im Schnitt bei zehn Gramm liegen.  

Auch Prof. Berthold Koletzko, Kinderarzt und Spezialist für Ernährung am Universitätsklinikum München, rät aufgrund häufig hoher Zuckergehalte eher vom Verzehr der Fruchtriegel ab. Er bemängelt zudem, dass die Produkte trotz hoher Zuckergehalte rein rechtlich die Auslobung "ohne Zuckerzusatz" tragen dürfen.

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Kinder nicht an hohe Zuckerzufuhr gewöhnen 

Schließlich wurde kein Zucker zugesetzt und die entsprechend ausgelobten Produkte in unserem Test tragen auch alle den gesetzlich vorgesehenen Hinweis, dass das Produkt "von Natur aus Zucker enthält". Manche Hersteller setzen auch auf ähnliche Auslobungen, wie "Süße aus Früchten".

Wir sehen die Gefahr, dass diese Auslobungen auf verarbeiteten Kinderlebensmitteln, wie Fruchtriegeln, Eltern suggerieren könnten, dass die Produkte gesund für Kinder seien. Aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes werten wir daher Auslobungen, die sich auf den Zuckergehalt oder die Süße der Riegel beziehen genauso ab wie jene, die sie als "idealen Snack" oder Ähnliches anpreisen.

Übrigens: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, Kinder nicht an eine hohe Zuckerzufuhr zu gewöhnen, und rät daher von stark zuckerhaltigen und speziell für Kinder beworbenen Lebensmitteln ab. Auch die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein betont, es sei wichtig, dass Kinder Lebensmittel nicht nur in verarbeiteter, sondern auch in frischer Form kennenlernten.

Lese-Tipp: Zucker in Lebensmitteln für Kinder: Die miesen Tricks der Industrie

Labor stößt auf Schimmelpilzgifte in Fruchtriegeln

Das ist nicht unser einziger Kritikpunkt. Das Labor hat zudem dreimal die Schimmelpilzgifte HT-2 und/oder T-2 nachgewiesen, die unter anderem den Verdauungstrakt schädigen und das Nerven- und Immunsystem stören können.

Deshalb hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) einen TDI – also die Menge, die ein gesunder Mensch täglich zu sich nehmen kann, ohne gesundheitliche Risiken befürchten zu müssen – für T-2/HT-2 festgelegt. Auch wenn ein TDI kein gesetzlich bindender Grenzwert ist, ist er zur Abschätzung gesundheitlicher Risiken hilfreich.

Bei einem angenommenen Gewicht von 13 Kilogramm für ein 1 bis 3-jähriges Kind schöpfen die Gehalte eines Produkts im Test den TDI zu mehr als der Hälfte aus. Das werten wir ab.

Zu viel Blei in einigen Fruchtriegeln

Darüber hinaus kritisieren wir im Test auch aus unserer Sicht zu viel enthaltenes Blei. Die betroffenen Fruchtriegel schöpfen die von der EU-Kommission gesetzlich festgelegten Höchstgehalte für Blei in Säuglings- und Kleinkindernahrung in der Kategorie Beikost zu mehr als der Hälfte aus. Das Problem: Blei reichert sich im Körper an und kann gerade bei Kindern zu einer Schädigung des Nervensystems führen.  

Notenabzug für zugesetztes Eisen

Notenabzug gibt es auch für zugesetztes Eisen, da das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bis auf eine Ausnahme generell davon abrät, Lebensmittel mit Eisen anzureichern. Die Ausnahme betrifft Frühstückscerealien.

Obwohl Eisen wichtig für die Blutbildung ist, kann eine Überversorgung kurzfristig Magen-Darm-Beschwerden verursachen und langfristig das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.  

Weiterlesen auf oekotest.de:



Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben zwölf Fruchtriegel getestet, die Auslobungen wie "Kids" oder "Kinder" und eine Altersempfehlung der Hersteller ab dem 12. Monat oder älter tragen. Darunter elf Bio-Produkte. Eingekauft haben wir die Fruchtriegel in Drogerien, Super- und Bio-Märkten zu Preisen zwischen 0,35 und 0,79 Euro pro 25 Gramm.

Wir haben alle Produkte in verschiedenen unabhängigen Laboren auf Mykotoxine und Rückstände von Pestiziden und Desinfektionsmitteln untersuchen lassen. Außerdem wurden die Riegel auf enthaltene Mineralölbestandteile (MOSH/MOSH-Analoge sowie MOAH) und Verunreinigungen mit Blei oder Cadmium hin analysiert. Wir haben alle Fruchtriegel nach den Vorgaben für Beikost beurteilt. Da die Grenzwerte für viele der genannten Schadstoffe sich auf die Trockenmasse der jeweiligen Beikost beziehen, ließen wir diese bei den Fruchtriegeln analysieren. Darüber hinaus hat das Labor die Zuckergehalte gemessen. Schlussendlich haben wir Umweltauslobungen erfasst sowie relevante Deklarationen und gesundheits- und nährwertbezogene Angaben überprüft.

Bewertungslegende 

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt. Steht bei konkret benannten Analysenergebnissen "nein", bedeutet das unterhalb der Bestimmungsgrenze oder Nachweisgrenze der jeweiligen Testmethode.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) ein gemessener Gehalt für die Summe an T-2- und HT-2-Toxin, der den TDI der EFSA von 0,02 μg/kg Körpergewicht zu mehr als 50 bis 100 Prozent ausschöpft. Zugrunde gelegt wurde ein durchschnittliches Körpergewicht eines ein- bis dreijährigen Kindes von 13 Kilogramm und ein Riegel als Portion; b) ein gemessener Gehalt an Blei von mehr als 0,01 mg/kg. Dies schöpft den Grenzwert, der gemäß Verordnung (EG) 2023/915 für Beikost und Getreidebeikost für Säuglinge und Kleinkinder gilt, zu mehr als 50 bis 100 Prozent aus. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein gemessener Gehalt an Zucker von mehr als 7,5 Gramm pro Portion, der die WHO-Empfehlung von 15 Gramm Zucker täglich zu mehr als der Hälfte überschreitet. Zugrunde gelegt wurde der Richtwert für eine durchschnittliche Energiezufuhr von 1.200 Kilokalorien eines ein- bis dreijährigen Kindes pro Tag und ein Riegel als Portion; b) der Zusatz von Eisen.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils eine Note: a) Werbung mit Selbstverständlichkeiten mit Hinweis auf gesetzliche Regelungen, wobei gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften oder selbstverständliche Umstände als etwas Besonderes hervorgehoben werden, obwohl vergleichbare Produkte diese ebenso aufweisen (hier: "ohne Zusatz von Aroma-, Farb- und Konservierungsstoffe lt. Gesetz); b) Werbung mit Klimaneutralität, CO2-Neutralität oder einer missverständlichen CO2-Bilanz ohne ausreichende Informationen dazu auf dem Produkt (hier: "klimapositiv"); c) Werbung, die suggeriert, dass das für Kleinkinder ausgelobte Produkt zuckerarm ist oder "gesund" süß sei (hier: "ohne Zuckerzusatz", "Zutaten enthalten von Natur aus Zucker", "Süße (nur) aus Früchten", "Süße nur aus Fruchtzutaten", "natürlicher Zuckergehalt aus den Zutaten"); d) Werbung, die suggeriert, ein Produkt sei als "idealer Snack für zwischendurch" bzw. Zwischenmahlzeit für Kleinkinder geeignet, obwohl das Produkt mehr als doppelt so viel Zucker enthält wie ein als Zwischenmahlzeit empfohlener Apfel in gleicher Menge.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.  

Testmethoden 

Mineralölbestandteile: nach DIN EN 16995:2017-08 mod.; die Modifikation betrifft die Verseifung und eine andere Matrix; Messung mittels LC-GC/FID; Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen.
Glyphosat/Aminomethylphosphonsäure (AMPA)/Glufosinat: LC-MS/MS (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).
Pestizid-Screening: GC-MS/MS und LC-MS/MS (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).
Chlorat/Perchlorat: LC-MS/MS (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).
Mykotoxin-Screening: LC-MS/MS (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).
Patulin: LC-MS/MS (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).
Aflatoxine B1, B2, G1, G2/Ochratoxin A: HPLC-FLD (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).
Trockenmasse/Wasser: gravimetrisch und berechnet (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).
Gesamtzucker: titrimetrisch nach Luff-Schoorl.
Blei/Cadmium: Aufschluss nach DIN EN 13805:2014-12. Messung mit ICP-MS nach DIN EN 15763:2010-04 (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen).

Einkauf der Testprodukte: Februar 2024

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