- Jedes zweite Produkt im Test ist mit Schimmelpilzgiften belastet. Auffällig: Besonders stark betroffen sind drei Bio-Produkte.
- Auch bedenkliche Pestizide sind teils ein Problem in Tomatenmark im Test.
- Sieben Mal können wir Tomatenmark mit "sehr gut" empfehlen – darunter auch preiswertes Tomatenmark.
Aktualisiert am 09.12.2021 | Tomatenmark ist aus der schnellen italienischen Küche nicht wegzudenken. Doch bei der Auswahl in den Verkaufsregalen ist Vorsicht geboten: In der Hälfte der von uns getesteten Produkte stecken Schimmelpilzgifte – und zwar in Gehalten, die wir als "erhöht" oder sogar "stark erhöht" bewerten.
Klingt eklig? Ist es. Aber Ekel ist hier nicht das größte Problem. Bei den im Test entdeckten Schimmelpilzgiften handelt es sich um Alternariatoxine, speziell um Alternariol und Tenuazonsäure (TeA). Beide stellen ein mögliches Gesundheitsrisiko dar.
Alternariatoxinen im Tomatenmark als Problem
Alternariatoxine sind Gifte von Schimmelpilzen. Schwärzepilze der Gattung Alternaria produzieren sie, daher der Name. Sie sind auf Pflanzen ziemlich weit verbreitet – sie können etwa in Nüssen, Getreide, Gewürzen, Obst und Gemüse wie eben Tomaten stecken.
Im Test haben die von uns beauftragten Labore zwei Formen entdeckt: Sowohl Alternariaol als auch Tenuazonsäure (TeA) sind bedenklich, Alternariol aber noch einmal mehr: Es wirkt "in vitro genotoxisch", hat also in Zellstudien das Erbgut geschädigt. TeA hat in Tierversuchen die Bildung körpereigener Proteine gehemmt, was erst einmal harmlos klingt, aber zu Organschäden führen könnte.
Keine echten Grenzwerte für Schimmelpilzgifte
Jetzt sollte man meinen: Wenn das so ernst ist, dann gibt es auch Grenzwerte. Dann tut die Politik etwas dagegen. Von echten Grenzwerten ist die Politik allerdings noch weit entfernt. Die EU-Kommission plant gerade "Richtwerte", nach denen Unternehmen sich, wie der Name schon sagt, richten können – oder eben auch nicht.
Für das "oder eben auch nicht" haben sich insgesamt vier Hersteller entschieden. In drei Bio-Produkten stecken Alternariatoxine in einer Höhe, die die geplanten Richtwerte für verarbeitete Tomatenprodukte überschreiten. Ein weiteres Tomatenmark im Test übersteigt sogar beide Richtwerte für Alternariol und TeA deutlich.
Bedenkliche Pestizide in Tomatenmark im Test
Unser zweiter Kritikpunkt: In fünf Produkten stecken Spuren von besonders bedenklichen Pestiziden. Gefunden haben wir:
- Chlorfenapyr und Imidacloprid: Beide Pestizide sind bienentoxisch.
- Dimethomorph: Steht in Verdacht, die menschliche Fortpflanzung zu beeinträchtigen.
Woher kommen die Tomaten im Tomatenmark?
Jetzt zur Herkunft. Die meisten Produkte schmücken sich in den italienischen Nationalfarben viele Hersteller schreiben zudem auf die Verpackungen, dass sie nur Tomaten aus Italien verwenden. Weil das zieht. Weil wir Verbraucherinnen und Verbraucher Wert drauf legen, dass unser Olivenöl, unsere Spaghetti und eben unser Tomatenmark aus Bella Italia stammen.
Die Firmen profitieren von dieser Verbrauchererwartung. Und das ist völlig legitim – wenn die Tomaten wirklich aus Italien stammen. Das haben wir per Isotopenanalyse untersuchen lassen. Zudem haben wir die Hersteller gebeten, uns die Lieferkette transparent nachzuweisen.
Das Ergebnis: Tatsächlich kommen fast alle Tomaten aus Italien. In drei Fällen deutet die Analyse allerdings auf die Herkunft Spanien oder Marokko hin. Übrigens; Sind auf der Verpackung die italienischen Nationalfarben abgedruckt, ist das laut einer EU-Verordnung nur erlaubt, wenn die Tomaten tatsächlich aus Italien stammen oder auf der Verpackung steht, dass dem eben nicht so ist.
Wie sehen die Arbeitsbedingungen vor Ort aus?
Die Arbeitsbedingungen auf den Feldern in Süditalien sind hart. In der sengenden Hitze arbeiten viele Migranten, oft illegale, für einen Hungerlohn. Sie leben teils in Gettos ohne fließend Wasser und Strom.
Wir wollten von den Herstellern wissen, ob sie sich wenigstens um bessere Arbeitsbedingungen bemühen. Dafür sollten sie die Lieferkette transparent offenlegen – denn nur, wer weiß, wo seine Tomaten herkommen, kann auch etwas bewirken. Zudem sollten sie uns mit Zertifikaten und Auditberichten, die sich an internationalen Sozialstandards orientieren, überzeugen.
In unserem Test Passierte Tomaten hatte das noch die Hälfte der (oft identischen) Hersteller verschlafen. Für das Tomatenmark sind nun alle aufgewacht und haben uns die Nachweise geschickt. Immerhin!
Schimmelpilzgifte auch in anderen Tomatenprodukten gefunden
Nicht nur bei Tomatenmark sind wir auf Schimmelpilzgifte gestoßen. Im Frühjahr haben wir passierte Tomaten im Labor untersuchen lassen. Ergebnis: Neun von 49 passierten Tomaten im Test hatten ein deutliches Problem mit Schimmelpilzgiften. Betroffen waren vor allem Bio-Marken. Immerhin schnitten aber auch 17 Passata mit Bestnote ab.
Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Jahrbuch für 2022 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2022 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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