- Kokosblütenzucker im Test: In fünf Produkten steckt Fremdzucker.
- 14 "sehr gute" Produkte im Test enthalten das, was auch draufsteht: Kokosblütenzucker und sonst gar nichts.
- Für Kokosblütenzucker gilt das gleiche wie für normalen Zucker: Sparsam verwenden! Die WHO empfiehlt für Erwachsene höchstens 25 Gramm "freien Zucker" pro Tag.
Aktualisiert am 09.12.2021 | Stolze 32,92 Euro pro Kilo kostet der teuerste Kokosblütenzucker in unserem Test, der günstigste immerhin noch gut acht Euro. Verbraucherinnen und Verbraucher bezahlen für das vermeintlich gesündere Süßungsmittel also bis zu 44 Mal mehr als für ein Kilo normalen Haushaltszucker, das im Supermarkt für rund 75 Cent zu haben ist.
Fremdzucker in Kokosblütenzuckern entdeckt
Wer so viel Geld hinlegt, erwartet zu Recht: Wo Kokosblütenzucker draufsteht, da sollte auch nichts anderes als reiner Kokosblütenzucker drin sein. So ist es aber nicht. Von 19 Kokosblütenzuckern im Test schneiden 14 zwar mit "sehr gut" ab. In fünf weiteren Produkten fand das beauftragte Labor jedoch Hinweise auf andere Zucker – aller Wahrscheinlichkeit nach Rohrzucker.
Fremdzuckeranteile, die nach Abschätzung des Labors rund 15 Prozent betrugen, bewerten wir als "gering", abgeschätzte Anteile von etwa 20 bis 30 Prozent als "deutlich".
Was steckt hinter Kokosblütenzucker?
Kokosblütenzucker ist ein Naturprodukt mit langer Tradition, und die Zucker in unserem Test stammen zumeist von kleinbäuerlichen Betrieben aus Indonesien oder von den Philippinen. Zur Ernte klettert der Bauer auf die Kokospalme, schneidet den Blütenstand an und fängt den heraustropfenden Nektar in einem Gefäß auf. Auf dem offenen Feuer kocht er diesen Saft anschließend so lange ein, bis er dick wird und kristallisiert. Das ist aufwendige Handarbeit.
Es folgen weitere Schritte wie Vermahlen, Sieben, Trocknen und Verpacken, bis der Zucker schließlich bei den Herstellern in Deutschland landet. Wo genau es zu der Vermischung mit dem anderen Zucker kam, ist unklar.
Es gibt keine definierten Reinheitsanforderungen
Das wird den Kundinnen und Kunden des edlen Trend-Zuckers nicht schmecken. Doch ist es ein Fall von Täuschung oder gar Lebensmittelbetrug? Das können wir an dieser Stelle nicht klären – allein schon deshalb nicht, weil es derzeit keine definierten Reinheitsanforderungen für Kokosblütenzucker auf EU-Ebene gibt.
Nach unseren Recherchen ist es jedoch mehr als unwahrscheinlich, dass es sich bei den von uns abgewerteten Mengen von rund 15 Prozent Fremdzucker und mehr um unabsichtliche Verunreinigungen handelt. Zwar gibt es die verbreitete Praxis, den Kokosblütensirup während des Einkochens durch Zugabe von Rohrzucker zu "impfen", damit er besser kristallisiert – das führe aber nur zu sehr geringen Anteilen, bestätigen uns gegenüber Hersteller.
Interessant ist: Wir haben alle Kokosblütenzucker von Sensorikern überprüfen lassen und die gestreckten Produkte waren dort überhaupt nicht aufgefallen. Sie sahen genauso aus wie reiner Kokosblütenzucker und schmeckten auch so – nämlich nach Malz und Karamell.
Wie gesund ist Kokosblütenzucker?
Diese feine Geschmacksnote kann ein guter Grund sein, warum man seinen Tee oder das Gebäck mit Kokosblütenzucker genießt. Doch was ist mit dem Verkaufsargument, dass Kokosblütenzucker eine gesunde Alternative zu Haushaltszucker ist?
Hier werden immer wieder zwei Vorteile betont: ein niedriger glykämischer Index und ein hoher Mineralstoffgehalt. Was stimmt: Kokosblütenzucker enthält gewisse Mengen an Kalium, Eisen, Calcium und Vitaminen. Doch zu 80 bis 90 Prozent besteht er aus Saccharose, der Rest ist hauptsächlich Wasser.
Fruktose und Glukose in Kokosblütenzucker
Saccharose ist ein Zweifachzucker aus den Bausteinen Glukose und Fruktose und der zu fast 100 Prozent in gewöhnlichem Haushaltszucker steckt. Damit unterscheidet sich Kokosblütenzucker rein chemisch gesehen sehr wenig von normalem Zucker.
Bernhard Watzl, Leiter des Max-Rubner- Instituts, sagt es unmissverständlich: "Kokosblütenzucker ist ein Zucker und Punkt. Es spielt keine Rolle, dass er einige Begleitstoffe mehr enthält." Denn um von den Begleitstoffen nennenswert zu profitieren, müsste man große Mengen des Zuckers vertilgen. Das jedoch widerspricht allen Empfehlungen zum Zuckerkonsum. Deshalb zogen wir im Test auch Noten ab, wenn Hersteller etwa "wertvolle Mineralstoffquelle" auf die Packung schreiben.
Ist der niedrige glykämische Index ein Vorteil?
Wacklig steht auch der angebliche Vorteil eines niedrigeren glykämischen Index des Kokosblütenzuckers da. Ein niedriger glykämischer Index besagt, dass der Zucker langsamer ins Blut geht und länger sättigt. Kolportiert wird hier für den Kokosblütenzucker häufig ein Wert von 35 – das wäre halb so niedrig wie bei Haushaltszucker mit 70. Diese Zahlen sind aber nicht durch verlässliche Studien belegt.
Und Bernhard Watzl findet, dass es ohnehin keinen Sinn macht, den glykämischen Index isoliert zu betrachten. "Wir essen Zucker in der Regel als Teil einer Mahlzeit. Wie schnell und wie stark der Blutzuckerspiegel ansteigt – darüber entscheidet am Ende die Gesamtheit aller Nähr- und Ballaststoffe."
Diesen Test haben wir zuerst im ÖKO-TEST Magazin April 2021 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2022 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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