- Wir können kein Schlankheitsmittel aus dem Test empfehlen.
- Nur ein Arzneimittel hat eine belegbare Wirkung. Uneingeschränkt empfehlenswert ist es aber nicht.
- Wer gesund abnehmen will, sollte stattdessen seine Ernährung umstellen und sich mehr bewegen.
Einkauf Testprodukte 09/2017; Testveröffentlichung 01/2018 | Abnehmen steht bei vielen Menschen ganz oben auf der Liste der guten Vorsätze und Wünsche. Vor allem, wenn Frühling oder Sommer nahen und damit die Zeit, sich wieder luftiger zu kleiden. Erfahrungsgemäß erfüllen ausreichend Bewegung und eine Ernährungsumstellung ihren Zweck. Beides ist mühsam. Wie praktisch wären da Abnehmpillen, Diätkapseln, Anti-Fett-Sticks, Sättigungspulver oder andere Wundermittel, die versprechen, beim schnellen Abnehmen zu helfen.
Die Nachfrage nach entsprechenden Zaubertabletten ist groß. Immerhin sind laut jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts (Quelle) rund 62 % der Männer und 43 % der Frauen in Deutschland übergewichtig. Viele Menschen, die mit zu viel Gewicht kämpfen, greifen deshalb zu Präparaten, die im Internet mit vollmundigen Versprechungen angeboten werden.
Abnehmpillen können verbotene Substanzen enthalten
Professor Manfred Schubert-Zsilavecz hat in seiner Funktion als Leiter des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker etliche dieser Mittelchen untersucht und warnt ausdrücklich: "Im Internet Schlankheitsmittel zu kaufen, die es im stationären Handel nicht gibt, ist wie russisches Roulette zu spielen."
Nicht selten fanden die Experten des Zentrallaboratoriums illegale Substanzen in den untersuchten Abnehmpillen. Auch die nicht mehr zugelassenen Wirkstoffe Sibutramin oder Rimonabant würden Tabletten untergeschoben, die als "rein pflanzlich" ausgelobt seien.
Appetitzügler & Fatburner im Test
Für unseren Test haben wir uns auf Schlankheitsmittel konzentriert, die es in Apotheken, Drogerien, Discountern und Supermärkten ohne Rezept zu kaufen gibt.
Wir haben sie im Labor auf mögliche Schadstoffe untersuchen lassen, Professor Manfred Schubert-Zsilavecz vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Uni Frankfurt beurteilte außerdem die Wirksamkeit und den Nutzen der 21 untersuchten Appetitzügler, Fatburner und Abnehmpillen.
Testergebnis der Abnehmtabletten: Enttäuschend!
Die schlechte Nachricht gleich vorweg – die Wunderpille, die die Pfunde zum Schmelzen bringt, hat die Forschung noch nicht gefunden. Im Gegenteil: Die Produkte, die wir analysieren ließen, versuchen zwar, den Eindruck zu erwecken, dass mit ihnen das Abnehmen gelingt. Dass der ersehnte Gewichtsverlust aber auch langfristig funktioniert, ist nicht belegt.
Die Folge: Wir können keines der Mittel zum Abnehmen empfehlen. Bis auf eines der Arzneimittel, die wir untersuchen ließen, schneiden alle Produkte mit "mangelhaft" oder "ungenügend" ab.
Ein einziger Arzneistoff mit Wirkung
Das genannte Arzneimittel erhält ein "befriedigend" – und damit die beste Wertung im Test. Es enthält den einzig verbliebenen Wirkstoff, der in Arzneimitteln zur ausschließlichen Behandlung von Übergewicht zum Einsatz kommt. Er hemmt die Spaltung der Fette im Dünndarm, sodass der Körper weniger Fett und Kalorien aufnimmt. Die Wirkung dieses Arzneistoffs ist ausreichend belegt.
Uneingeschränkt empfehlenswert ist das Arzneimittel aber nicht. Denn auch hier gilt: Nur im Rahmen einer Diät, mit mehr Bewegung und einer Änderung des Lebensstils, kann der Erfolg von Dauer sein. Außerdem ist das genannte Mittel ein Medikament und sollte deshalb nur unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden. Nebenwirkungen wie Blähungen, Durchfall oder öliger Stuhlgang treten vor allem bei zu fetthaltiger Ernährung auf.
Diätpillen, die Nahrungsfette binden sollen
Auf das Prinzip, Fett zu binden, setzen acht der Medizinprodukte im Test. Ballaststoffkomplexe – etwa aus dem Feigenkaktus – sollen Nahrungsfette binden, die dann ungenutzt bleiben. Nach Auffassung des von uns beauftragten Gutachters fehlt dafür jedoch jede wissenschaftliche Grundlage.
Die Hersteller von zwei anderen Produkten setzen auf die Wirkung von Polyglucosaminen aus Krebstierpanzern. Diese ist zwar besser untersucht, aber auch diesen Mitteln bescheinigt unser Gutachter keinen Langzeiteffekt auf die Gewichtsreduktion. Auf mindestens sechs bis zwölf Monate sollte eine Wirksamkeitsstudie angelegt sein. Das ist hier nicht der Fall.
Gerade am Anfang sind die Erfolge noch am größten. Entscheidend ist aber auch, wie sich die Präparate hinsichtlich der Stabilisierung des Gewichts schlagen.
Schneller satt dank Abnehmpillen?
Produkte mit Ballaststoffen aus der asiatischen Konjakwurzel, die im Magen aufquellen, sollen das Sättigungsgefühl verstärken. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bescheinigt diesen Konjak-Glucomannanen eine gewichtsreduzierende Wirkung. Hersteller dürfen daher mit der Behauptung (Health Claim) werben: "Glucomannan trägt im Rahmen einer kalorienarmen Ernährung zu Gewichtsverlust bei."
Vielleicht abgenommen, aber nichts dazugelernt
Professor Schubert-Zsilavecz sieht das kritisch. Selbst wenn man acht Wochen lang jeden Tag bis zu neun Kapseln schlucke und sogar etwas Gewicht verliere, sei nicht viel geholfen, findet der Experte. "Der Lerneffekt ist gleich null, und die Kilos sind deshalb sofort wieder drauf", sagt Schubert-Zsilavecz und kritisiert auch die EFSA. "Dass dieser Health Claim zulässig ist, hilft nur den Herstellern, ihre Produkte zu verkaufen. Die Verbraucher haben nichts davon."
Fatburner auf der Basis von Fruchtextrakten
Fett verbrennen mithilfe von Zitrusfrucht- und Guaranaextrakten? Haltbare wissenschaftliche Belege fehlen für die Gruppe der Fatburner komplett. Alle fünf als Fatburner ausgelobten Produkte verkaufen die Hersteller als "ergänzend bilanzierte Diäten". Das heißt, sie richten sich an bestimmte Patientengruppen und sind unter ärztlicher Aufsicht einzunehmen.
Der Vorteil für die Hersteller: Wer "ergänzend bilanzierte Diät" auf das Produkt druckt, darf es zwar nicht zur Behandlung einer Krankheit, wohl aber für den Einsatz bei Krankheiten anbieten und so bewerben. Für reine Nahrungsergänzungsmittel ist das nicht erlaubt – hier ist die Werbung mit gesundheitlichen Wirkungen streng beschränkt.
In einem Produkt steckt neben Konjak-Glucomannan auch L-Carnitin. Obwohl dieser Verbindung immer wieder die Rolle eines Fatburners zugeschrieben wird, verbrennt die Substanz kein überschüssiges Fett.
Fazit: Ärgerlich, dass nur wenige Hersteller darauf hinweisen, dass nur eine deutliche Änderung des Lebensstils zu einer langfristigen Gewichtsabnahme führt (siehe unten). Dazu gehört etwa, zu erwähnen, dass Schlankheitsmittel, wenn überhaupt, nur in Kombination mit einer kalorienarmen Ernährung erfolgversprechend sein können.
Vitamine in Schlankheitsmitteln: Unnötige Zusätze
In Deutschland sind die allermeisten Menschen mit Vitaminen gut versorgt. Mängel gibt es kaum. Und wenn doch, sollte ein Arzt die Einnahme begleiten. Einem Schlankheitsmittel Vitamine zuzusetzen und damit auch noch zu werben, ist unnötig. Das gilt laut Schubert-Zsilavecz auch für die fettlöslichen Vitamine.
Denn dass die Einnahme von fettbindenden Medizinprodukten eine Vitaminsupplementierung erforderlich macht, ist wissenschaftlich nicht belegt. Auch den Hinweis im Beipackzettel, Vitamine und/oder Mineralstoffe zusätzlich einzunehmen, sehen wir kritisch.
Statt Appetithemmern: Wozu wir beim Abnehmen raten
Um dauerhaft abzunehmen, sind drei Dinge entscheidend: eine Ernährungsumstellung, mehr Bewegung und eine Verhaltensänderung – und das in Kombination. Sein Verhalten zu ändern bedeutet beispielsweise: bewusst langsamer essen (statt zu schlingen) und nicht aus Frust oder Langeweile zu essen.
Wer zu viel Gewicht in zu kurzer Zeit verliert, erhöht sein Risiko für eine Gallensteinbildung oder einer Verringerung der Knochendichte. Auch der Jo-Jo-Effekt ist zu befürchten.
Realistisch und unbedenklich ist eine Gewichtsabnahme von einem halben bis einem Kilo pro Woche. Ernste Nebenwirkungen sind bei den Schlankheitsmitteln im Test nicht zu erwarten – eine Wirkung aber auch nicht. Sparen Sie sich das Geld lieber.
Bitte beachten Sie: In diesem Test bewerten wir Produkte, die im September 2017 eingekauft wurden. Der Test wurde erstmals in ÖKO-TEST 01/2018 veröffentlicht.
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