Fit, weniger fit, unfit? Kinder sind weniger sportlich denn je

Autor: dpa/Redaktion (lw) | Kategorie: Kinder und Familie | 21.06.2023

Fit, weniger fit, unfit? Kinder sind weniger sportlich denn je
Foto: Shutterstock/Nicole's

Vorübergehende Delle oder Dauerknick – wohin geht die Reise bei der Fitness von Kita- und Grundschulkindern? Nach einem deutlichen Einbruch während der Coronajahre bewegt sich der Trend weiter eher abwärts, sagt eine Erhebung von Sportwissenschaftlern.

Die Coronajahre haben nicht nur in den Seelen, sondern auch bei der Fitness von Kindern ihre Spuren hinterlassen. Ein Ende des Negativtrends ist bisher nicht in Sicht. Kinder sind deutlich langsamer und deutlich weniger ausdauernd als vor der Pandemie – so nachzulesen im Fitnessbarometer 2023 der Kinderturnstiftung Baden-Württemberg. Damit verstetigen sich die Erkenntnisse aus den Pandemiejahren insgesamt, sagte Professor Klaus Bös, der das Fitnessbarometer – gemeinsam mit einem Forscherteam um Claudia Niessner vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) – erstellt hat.

Zwar seien die Kinder im Südwesten immer noch fitter als der bundesweite Durchschnitt. "Das war aber schon mal mehr", sagte Bös. "Das Fitness-Niveau ist gleichbleibend niedrig." Der Fitness-Gesamtwert der Coronajahre 2019 bis 2021 sei im Vergleich zu den Daten zwischen 2012 und 2019 um 2,4 Prozent eingebrochen. An den Motorik-Tests nahmen seit Beginn der Erhebungen 2012 über 30.300 Kinder zwischen drei und zehn Jahren teil.

Corona-Knick könnte von Dauer sein

Bös betonte aber, dass es sich bei den Erkenntnissen noch um eine Momentaufnahme handle. Erst im kommenden Jahr, wenn sich die Datenbasis weiter stabilisiert hat, werden die Forscher feststellen können, ob sich aus dem vorübergehenden Einbruch ein dauerhafter Corona-Knick entwickelt hat. Oder ob es sich nur um eine Fitness-Delle handelt, die man wieder beheben kann. "Leider sieht es bisher so aus, als ob wir einen Knick bekommen werden", so Bös.

Besonders mau sieht es aktuell bei Ausdauer und Schnelligkeit aus, auch mit Koordination und Beweglichkeit steht es nicht gut. Nur in puncto Kraft hätten sich die Werte, ähnlich wie schon 2021, nicht verschlechtert. "Es gab während der Pandemie viele kleinräumige Aktivitäten", sagte Bös: Also etwa Krafttraining im Zimmer oder Sport vor dem Bildschirm.

Stadtkinder schneiden schlechter ab

Vor allem um die Fitness von Kindern in Städten war es schlecht bestellt, etwa wegen mangelnder Bewegungsmöglichkeiten im Grünen. Dort sei der Einbruch bei der Sportlichkeit am größten, sagt Bös. Aber auch im ländlichen Raum gebe es einen Abfall, den sich die Forscher noch nicht so recht erklären können.

Das Fitnessbarometer wird seit 2012 erstellt. Dafür wird untersucht, wie die Kinder bei verschiedenen motorischen Tests abschneiden. Betrachtet wird etwa, wie schnell Kinder bei einem 20-Meter-Lauf sind. Während Corona waren die Möglichkeiten zu solchen Tests begrenzt: 2020 konnten nur 934 Kinder und 2021 nur 1.538 Kinder im Südwesten getestet werden. Erst 2022 wurden wieder 5.000 Kinder getestet. "Wir haben deshalb die Daten aus diesen Jahren gebündelt", sagte Bös.

Für ihn ist klar: "Wir müssten mehr tun für unsere Kinder, aber wir tun es nicht", sagt er. Für Probleme in verschiedenen Bereichen – schlechte Lesekompetenzen, Probleme bei der Integration von geflüchteten Kindern und eben auch mangelnde Sportlichkeit – sei Corona nicht der einzige Grund, sondern komme nur erschwerend hinzu. "Wir müssten schlicht mehr Geld in die Hand nehmen", sagte er. "Denn fitte Kinder sind gesunde Kinder."

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