Anti-Cellulite-Cremes & Co. im Test: Die leeren Versprechen der Industrie

Ratgeber Kosmetik & Wellness 2023 | Autor: Dimitrij Rudenko/Marieke Mariani/Ann-Cathrin Witte | Kategorie: Kosmetik und Mode | 09.06.2023

Wir haben 14 Anti-Cellulite-Cremes & Co. zum Testen ins Labor geschickt.
Foto: ÖKO-TEST

Viele Frauen träumen davon, den Dellen an Oberschenkeln und Po mit ein bisschen Cremen beizukommen. Solche Wunder versprechen auch die Hersteller dieser Produkte. Wir haben uns das genauer angeschaut. Spoiler: Klappt nicht.

  • Im Test: 14 Anti-Cellulite-Produkte überprüft, darunter Cremes, Lotionen und Öle. 
  • Die Inhaltsstoffe der meisten getesteten Produkte können uns überzeugen.
  • Die Anti-Cellulite-Wirkung seines Produktes kann aus unserer Sicht allerdings kein Hersteller zufriedenstellend belegen. 

Aktualisiert am 07.06.2023 | Fast jede Frau hat im Laufe ihres Lebens mit Cellulite zu tun – der Techniker Krankenkasse zufolge sind es bis zu 98 Prozent. Die Figur ist dabei ganz egal, auch schlanke Frauen bekommen Orangenhaut.

Welche Ursachen hat Cellulite? 

Schuld sind Veränderungen im Fettgewebe der Unterhaut. Sie können sich – begünstigt durch Veranlagung, weibliche Hormone und ein schwaches Bindegewebe – schon bei jungen Frauen ausbilden. Männer sind in der Regel nicht von Cellulite betroffen, da ihr Bindegewebe anders aufgebaut ist.

Glücklicherweise ist Cellulite aber keine Krankheit, sondern ein rein kosmetisches Problem. Das ändert nichts daran, dass viele Frauen die Dellen und Beulen auf ihrem Körper als unästhetisch empfinden und nach Mitteln und Wegen suchen, sie zu bekämpfen.

Anti-Cellulite-Mittel im Test: Isana, Collistar & Co.

Nichts leichter als das, verspricht die Kosmetikindustrie, und hat selbstverständlich etwas in petto: "Tiefenliquidum", "Celluli Eraser", "Cryo-Gel" oder "Figur Öl" sollen sichtbar straffen, liften, formen – und das bereits nach wenigen Anwendungen. Solch großen Versprechen steht ÖKO-TEST aus Prinzip skeptisch gegenüber. Wir haben die Hersteller der 14 Anti-Cellulite-Mittel in unserem Test deshalb um Belege gebeten.

Po und Oberschenkel sind am häufigsten von Cellulite betroffen.
Po und Oberschenkel sind am häufigsten von Cellulite betroffen. (Foto: Alona Siniehina/Shutterstock)

Das Ergebnis: Die Skepsis ist berechtigt: Kein Kosmetikprodukt kann uns das Bindegewebe einer 16-Jährigen zurückbringen. Für diese Erkenntnis lohnt es sich definitiv nicht, bis zu 56 Euro auszugeben.

Aber wir haben auch gute Nachrichten: Die Produkte helfen zwar nicht gegen Orangenhaut, sind aber in ihrer Zusammensetzung zum großen Teil in Ordnung. Die Mehrzahl der geprüften Anti-Cellulite-Cremes, -Lotionen und -Öle überzeugt zumindest im Testergebnis Inhaltsstoffe.

Bedenkliche Inhaltsstoffe in Anti-Cellulite-Cremes & Co.

Eine Anti-Cellulite-Creme allerdings macht mit einem "ungenügend" schon im Testergebnis Inhaltsstoffe keine gute Figur. Das beauftragte Labor hat darin halogenorganische Verbindungen nachgewiesen. Das passt zur Deklaration, die listet das halogenorganische Konservierungsmittel Chlorphenesin. Es kann allergische Reaktionen hervorrufen.

Zudem finden sich PEG-Verbindungen in der Rezeptur, die die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen können. Wir kritisieren darüber hinaus Silikone als Hauptbestandteil des Produkts. Sie legen sich lediglich wie ein Film auf die Haut und fügen sich schlechter ins Hautbild ein als natürliche Fette und Öle. Auch ein weiteres Anti-Cellulite-Gel im Test enthält PEG-Verbindungen und Silikone.

Anti-Cellulite-Cremes & Co. im Test: Jetzt Ergebnisse im ePaper kaufen

Umweltschädliche Stoffe in einigen Anti-Cellulite-Cremes

In der Rezeptur einer weiteren Anti-Cellulite-Lotion stören uns die Paraffine. Die mineralölbasierten Fette tragen aus unserer Sicht weniger zur Hautpflege bei als natürliche Fette und Öle. Immerhin hat die Laboranalyse gezeigt, dass das Produkt nicht mit aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffen (MOAH) verunreinigt ist. Zu ihnen können nämlich auch krebserregende Bestandteile gehören.

Was ist ansonsten aufgefallen? Sieben Produkte enthalten umweltschädliche synthetische Polymere – und einen Rezyklatanteil in den Kunststoffverpackungen haben wir vergeblich gesucht. Zu allem Überfluss stecken fünf Plastikflaschen und -tuben auch noch in einem völlig unnötigen Umkarton, der zusätzlichen Müll produziert.

Wirken Anti-Cellulite-Cremes & Co.? 

Laut EU-Verordnung müssen Hersteller Werbeaussagen wissenschaftlich untermauern. Die Vorgaben dafür sind jedoch schwammig. Wir honorieren die Transparenz jener Anbieter, die uns vollständige, produktbezogene Studien zur Verfügung gestellt haben. In den uns vorgelegten Belegen wurden die Anti-Cellulite-Cremes und Co. aber nur im Vergleich zu unbehandelten Körperarealen getestet. Einen Vorteil gegenüber einem im Zweifelsfall deutlich günstigeren, ganz normalen Pflegeprodukt belegt keine Studie.

Die dargestellten Effekte bewegen sich meist im nicht sichtbaren Bereich. Sie könnten auch auf andere Faktoren wie Hormonschwankungen oder Flüssigkeitszufuhr zurückzuführen sein. Auch Hinweise auf die Wirkung einzelner Rohstoffe überzeugen uns nicht. Unser Fazit: Anti-Cellulite-Cremes und -Öle können die Haut zwar geschmeidiger machen und kurzfristig etwas aufpolstern – Cellulite bekämpfen sie aber nicht.

Cellulite bekämpfen: Was wirkt gegen Orangenhaut?

Wer langfristig sein Bindegewebe stärken und Cellulite in Schach halten möchte, sollte die folgenden Dinge beachten: 

  1. Gesunde Ernährung: Viel Gemüse und Obst sowie Vollkornprodukte versorgen den Körper und damit auch das Bindegewebe mit allen notwendigen Nährstoffen. Besser dauerhaft gesund ernähren und so überschüssige Pfunde loswerden als mit Diäten und Jojo-Effekt zu kämpfen. Auch wichtig: viel Flüssigkeit. Anderthalb bis zwei Liter Wasser am Tag dürfen es schon sein.
  2. Sport und Bewegung: Körperliche Betätigung hilft dabei, Muskeln auf- und Fettpolster abzubauen. Das strafft den Körper und bekämpft in Kombination mit ausgewogener Ernährung die Ursachen für sichtbare Cellulite-Dellen, die im Fettgewebe der Unterhaut entstehen.
  3. Hautpflege und Massagen können das Hautbild verbessern. Pflegeprodukte wie Lotionen und Öle erzielen dabei allerdings nur oberflächliche Effekte. Eine professionelle Lymphdrainage kann den Körper beim Abbau von Wasser im Bindegewebe unterstützen und die Cellulite so kurzzeitig optisch lindern.

Weitere Tipps zur Bekämpfung von Cellulite finden Sie hier: Cellulite: Was hilft wirklich dagegen?

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 4/2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Kosmetik und Wellness 2023 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben insgesamt 14 Cremes, Lotionen und Öle eingekauft, die die damit werben, gegen Cellulite zu wirken oder die Haut zu straffen. Bei drei der Produkte, die wir in Drogerien, Apotheken und in Supermärkten eingekauft haben, handelt es sich um zertifizierte Naturkosmetik. Bezahlt haben wir zwischen 2,48 und 55,99 Euro für umgerechnet 200 Milliliter.

Im Labor ließen wir die Produkte auf Formaldehyd/-abspalter, allergieauslösende Duftstoffe, halogenorganische Verbindungen, Paraffine und andere Erdölverbindungen sowie Silikone analysieren. Darüber hinaus prüften wir die Produkte anhand der Deklaration auf PEG/PEG-Derivate und synthetische Polymere. Für Auslobungen wie "Anti-Cellulite" oder "straffende Wirkung" haben wir Nachweise und Studien angefordert, die diese Aussagen belegen. Diese sollten das konkrete Produkt abbilden, nach wissenschaftlichen Standards ausgeführt worden sein und alle nötigen Daten für die Nachvollziehbarkeit mitbringen. Außerdem haben wir uns angesehen, ob ein Umkarton eine Kunststoffverpackung enthält oder einen Glasbehälter schützt. Auch die Frage, ob Plastikflaschen und -tuben aus recyceltem Kunststoff aus dem gelben Sack bestehen, sollten uns die Hersteller beantworten und ihre Aussagen gegebenenfalls plausibel belegen

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) halogenorganische Verbindungen (in der Tabelle: "Chlorphenesin"); b) PEG/PEG-Derivate. Zur Abwertung um eine Note führt: mehr als 1 Prozent Silikonverbindungen und/oder Paraffine.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um vier Noten: keine vollständige, produktbezogene Wirksamkeitsstudie vorgelegt (mit Ergebnissen für das konkrete Produkt) bei Produkten mit Anti-Cellulite-Wirkversprechen. Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) Vorteil des Produkts mit Anti-Cellulite-Wirkversprechen gegenüber einem herkömmlichen Pflegeprodukt nicht ausreichend durch die vorgelegte(n) Studie(n) belegt, wenn nicht bereits wegen einer fehlenden vollständigen, produktbezogenen Studie um vier Noten abgewertet wurde; b) Silikone und/oder künstliche paraffinartige Stoffe (hier: Dimethicone, Hydrogenated Polydecene), wenn sie nicht bereits unter den Inhaltsstoffen abgewertet wurden, und/oder weitere synthetische Polymere als weitere Kunststoffverbindungen (hier: Acryl- und/oder Methacryl (Co- und Cross-)Polymere, HDI/Trimethylol Hexyllactone Crosspolymer). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) Umkarton, der kein Glas schützt; b) ein Anteil von Rezyklaten (Post-Consumer-Rezyklat, PCR) von weniger als 30 Prozent in Relation zum Gesamtgewicht der Kunststoffverpackung, keine Angabe hierzu und/oder kein ausreichender Nachweis auf unsere Anfrage hierzu.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "mangelhaft" oder "ungenügend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note.

Testmethoden

Deklarationspflichtige Duftstoffe/Diethylphthalat/Polyzyklische Moschus- und Nitromoschus-Verbindungen/Cashmeran: Extraktion mit TBME, GC-MS. Halogenorganische Verbindungen: a) Heißwasserextraktion mit anschließender Zentrifugation und Membranfiltration, Festphasenanreicherung (SPE), binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts; b) Extraktion mit Essigester, Verbrennung des Extrakts im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. Formaldehyd/-abspalter: Saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschütteln mit n-Butanol und Bestimmung mittels Photometrie. Aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH): LC-GC/FID. Paraffine/Silikone: LC-RI nach Extraktion (ggf. GC-MS). Aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH): LC-GC/FID. Weitere Inhaltsstoffe: per Deklaration. 

Einkauf der Testprodukte: Dezember 2022

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 4/2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Kosmetik und Wellness 2023 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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