- Wir haben 36 Nachtcremes untersucht, davon 22 mit Anti-Aging-Versprechen.
- Erfreuchlich: Sieben Produkte haben makellose Rezepturen und verzichten auf überzogene Wirkversprechen.
- Ärgerlich: Einige Nachtcremes im Test enthalten bedenkliche Inhaltsstoffe. Und viele Hersteller konnten uns die Anti-Aging-Wirkung ihrer Produkte nicht ausreichend belegen.
Aktualisiert am 27.06.2023 | Erholsamer Schlaf sorgt für einen frischen Teint am Morgen – so viel zur einfachen Theorie. Aber wer hat den schon? Der natürlichen Regenerationskraft des Körpers trauen viele spätestens im fortgeschritteneren Alter nicht mehr und suchen Unterstützung in Form von Nachtcremes.
Nachtcreme oder Tagescreme: Was ist der Unterschied?
Nachtcremes sind im Vergleich zu Tagescremes reichhaltiger. Es werden mehr Wachse, Öle und andere Fette eingesetzt – auch solche, die in einer Tagescreme stören würden, weil sie langsamer einziehen oder sich nicht mit einem anschließenden Make-up vertragen.
Wir haben insgesamt 36 Cremes für die Nacht unter die Lupe genommen. Darunter auch jede Menge Produkte, die eine Anti-Aging-Wirkung versprechen. Was es damit auf sich hat, wollten wir natürlich genau wissen. Darüber hinaus haben wir auch die Inhaltsstoffe und die Verpackungen der Cremes gewohnt kritisch geprüft.
Nachtcremes mit zweifelhaften Anti-Aging-Versprechen
Einige Nachtcremes im Test werben mit einer reichhaltigen Pflege oder verbesserter Feuchtigkeit. Andere dagegen wollen mit einer vermeintlichen Anti-Aging-Wirkung nicht weniger als die Zeichen der Zeit verschwinden lassen. "Anti-Aging" und eine angeblich wissenschaftlich bestätigte Wirkung gegen Falten sind beliebte Claims, auf deren Grundlage die Kosmetikhersteller teils horrende Preise für ihre Produkte abrufen.
Gerechtfertigt wäre das aus unserer Sicht höchstens, wenn die Cremes tatsächlich einen Mehrwert gegenüber einer herkömmlichen Feuchtigkeitspflege bieten würden. Dies konnte uns jedoch keiner der Hersteller im Test zufriedenstellend nachweisen.
Denn: In den produktbezogenen Studien wurde die vermeintliche Anti-Aging-Wirkung jeweils im Vergleich zu einem unbehandelten Hautareal überprüft. Dass sich dabei ein Effekt erkennen lässt – geschenkt. Doch der lässt sich schon auf die feuchtigkeitsspendenden Eigenschaften der Creme zurückführen, die eine im Zweifelsfall deutlich günstigere Basispflege ebenfalls mitbringt.
Wie gut sind Annemarie Börlind, dm & Co.?
Wenn die Nachtcremes im Test schon keine Falten verschwinden lassen, sind sie dann zumindest in ihrer Rezeptur unbedenklich? Leider nein. Ein paar Produkte schneiden mit dem Gesamturteil "ungenügend" ab. Der Grund: Problematische Inhaltsstoffe. Wir sind vereinzelt auf folgende gestoßen:
- aromatische Mineralölbestandteile (MOAH)
- bedenkliche/ umstrittene Konservierungsmittel
- das Antioxidans BHT
- halogenorganische Verbindungen
- PEG-Verbindungen
- Silikone
Kritische Substanzen in Nachtcremes im Test
Warum kritisieren wir diese Stoffe? Fangen wir mit den MOAH an: Sie können über mineralölbasierte Fette in Kosmetikprodukte gelangen. Das Problem: Unter den MOAH können sich krebserregende Substanzen befinden. Bei den bedenklichen bzw. umstrittenen Konservierungsmitteln handelt es sich um DMDM Hydantoin und die halogenorganische Verbindung Iodopropynyl Butylcarbamat.
DMDM Hydantoin kann Formaldehyd abspalten. Dieser Stoff kann schon in geringen Mengen die Schleimhäute reizen und Allergien auslösen. Über die Atemluft aufgenommen gilt er zudem als krebserregend.
Zur Gruppe der halogenorganischen Verbindungen gehören viele Stoffe, die als allergieauslösend gelten, manche erzeugen Krebs, fast alle reichern sich in der Umwelt an. PEG-Verbindungen sehen wir kritisch, weil die Stoffe die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen können.
Außerdem kritisieren wir das Antioxidans BHT. Antioxidantien schützen die enthaltenen Fette in Kosmetika vor Verderb. Allerdings steht BHT unter Verdacht, wie ein Umwelthormon zu wirken. Tierversuche geben unter anderem Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Schilddrüsenfunktion.
Bislang wenig Rezyklat in Nachtcreme-Verpackungen
Kommen wir mit den Silikonen zu den letzten problematischen Inhaltsstoffen in diesem Test. Silikone können mit dem Klärschlamm über das Abwasser in die Umwelt gelangen. Dort bauen sie sich teilweise nur schwer wieder ab.
In puncto Umweltfreundlichkeit dürfen die Hersteller allgemein gerne noch aktiver werden. Denn bisher, so ergibt unsere Abfrage, verwenden nur wenige Hersteller für ihre Tuben und Tiegel recycelten Kunststoff. Das halten wir allerdings für wichtig, weil sich so Plastikmüll reduzieren lässt.
Außerdem stecken viele der Nachtcremes im Test immer noch in einem Umkarton, der kein Glas schützt. Damit könnte er weggelassen werden. So würde kein unnötiger Müll entstehen. Hier besteht Nachholbedarf.
Wann ist eine Nachtcreme sinnvoll?
Doch wann lohnt sich eine Nachtcreme überhaupt? Ist tagsüber viel Make-up oder Sonnencreme auf der Haut, sollte am Abend auf alle Fälle gründlich gereinigt werden. Dazu braucht es ein fettlösendes Reinigungsprodukt mit waschaktiven Stoffen. Die nehmen dann aber nicht nur die Schminke oder Creme von der Haut, sondern entziehen ihr gleichzeitig ein Teil der hauteigenen Lipide. In diesem Fall macht es dann Sinn, mit einer Creme für Rückfettung zu sorgen.
Ob es dafür eine reichhaltige Nachtcreme braucht oder ob eine Basispflege ausreicht, muss jeder selbst ausprobieren. Und wer abends nur mit Wasser reinigt, weil er tagsüber gar nicht mit Schminke oder verschmutzter Luft in Berührung kam, kann mal ausprobieren, ganz auf eine Creme zu verzichten.
Was auf jeden Fall vermieden werden sollte: eine Tagescreme mit UV-Filter auch in der Nacht aufzutragen. Denn viele chemische UV-Filter stehen unter Verdacht, das Hormonsystem zu stören. Wir raten ohnehin: Lieber keine Tagescreme mit integriertem UV-Schutz nutzen, sondern einen Sonnenschutz je nach Bedarf ergänzen.
Testsieger: Sieben Nachtcremes bekommen Bestnote
Was für eine Nachtcreme spricht: In der Nacht kann sich die Haut ihrer eigenen Regeneration widmen. Gesteuert durch das Hormon Melatonin teilen sich ihre Zellen im Schlaf schneller und die Wachstumshormone kommen auf Touren. Deshalb funktioniert in der Nacht die Wundheilung auch besser.
Gleichzeitig wird die Hautschutzbarriere, die sich in der obersten Schicht der Haut befindet, etwas durchlässiger. Die Haut ist in dieser Phase also tatsächlich "offener" für Pflegestoffe. Entscheiden Sie sich für eine Nachtcreme als Pflege, können wir Ihnen sieben Produkte mit "sehr gut" empfehlen. Die Inhaltsstoffe sind einwandfrei und die Hersteller verzichten auf vollmundige Versprechungen.
Statt cremen: Was hilft für einen frischen Teint?
- Viel Wasser trinken ist das A und O für eine gesunde Haut. Eine gute Flüssigkeitsversorgung des Körpers verbessert die Durchblutung und polstert so ganz natürlich auch die "Problemzonen" im Gesicht auf. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Erwachsenen, eineinhalb Liter Wasser am Tag zu trinken.
- Genug schlafen hilft der Haut bei der Regeneration, klar. Eltern kleiner Kinder wird dieser Tipp vermutlich buchstäblich nur ein müdes Lächeln entlocken, doch allen anderen sei gesagt: Für sieben bis acht Stunden Schlaf pro Nacht wird Ihnen nicht nur Ihre Haut danken.
- Ohne Alkohol und Zigaretten strahlt auch die Haut deutlich mehr. Alkohol entzieht dem Körper Feuchtigkeit, das macht sich schnell auf der Haut bemerkbar. Starken Rauchern wird nicht umsonst eine fahle Haut nachgesagt.
Diesen Test haben wir zuerst im ÖKO-TEST Magazin 12/2022 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Kosmetik und Wellness 2023 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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