Aktualisiert am 17.10.2019; Einkauf Testprodukte April 2019 | Schlechte Löhne, fehlender Arbeitsschutz, dreckiges Abwasser: Die Produktion von Jeans und anderer Kleidung ist oft katastrophal. In unserem Jeans-Test haben wir Hosen für Damen von 21 Textilfirmen überprüft, von Kik bis Diesel. Mit dabei sind auch Jeans aus Bio-Baumwolle und von Anbietern, die mit fairen Arbeitsbedingungen werben.
Jeans-Test: Textilbranche spart mit Transparenz
Von jedem Jeans-Anbieter wollten wir im Test wissen: Woher stammt die Hose? Wie steht es um Löhne, Sicherheit und Ökologie bei der Produktion? 22 Fragen stellten wir – und für jede Angabe wollten wir aussagekräftige Belege sehen. Die Antworten bewerteten wir gemeinsam mit FEMNET. Die Nichtregierungsorganisation setzt sich für bessere Arbeitsbedingungen von Frauen in der Textilindustrie ein. Die Jeans ließen wir für den Test in Laboren außerdem auf Haltbarkeit und Schadstoffe prüfen.
Das Ergebnis: Guten Gewissens können wir im Test nur die Damen-Jeans einer Marke empfehlen. Sie ist die einzige, die wir insgesamt mit "sehr gut" bewerten. Der Anbieter besserte nach der erstmaligen Veröffentlichung des Tests nach. Ganze 14 Jeanshosen fallen mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch.
Fünf Jeans im Test sind immerhin noch befriedigend. Dazu gehören auch zwei bekannte Bio-Marken. Diese schneiden in puncto Glaubwürdigkeit und Transparenz zusammen mit dem Testsieger am besten ab. Sie belegten durch Dokumente glaubhaft, dass sie sich um hohe Sozial- und Umweltstandards in der Produktion bemühen.
Anilin: Krebsverdächtiger Stoff in Jeanshosen
Existenzsichernde Löhne hat kein einziger Jeans-Anbieter nachgewiesen. Und vier Unternehmen antworteten überhaupt nicht auf den Fragebogen, darunter große Jeansmarken.
Der Praxis-Test fiel zumindest erfreulich aus: Alle Jeans für Damen sind ziemlich robust und verändern sich beim Waschen nicht wesentlich. Allerdings kritisieren wir in nicht weniger als 15 Jeanshosen ein und denselben Schadstoff: Anilin. Der krebsverdächtige Farbbestandteil stammt aus dem Farbstoff Indigo, der Bluejeans die markante Farbe verleiht.
Jeans für Damen im Test: Industrie zahlt keine fairen Löhne
Im Test weist kein einziger Jeans-Anbieter existenzsichernde Löhne nach. Manche können belegen, dass sie sich zumindest mit dem Thema befassen. Allerdings haben neun Jeans-Firmen auf diese wichtige Frage gar nicht geantwortet oder keine Belege erbracht.
Ein Lohn, der zum Leben reicht, ist ein Menschenrecht. Doch in der Textilproduktion verdienen viele nur den Mindestlohn. Und der genügt oft nicht: In Bangladesch beträgt er laut der Kampagne für Saubere Kleidung weniger als ein Viertel des existenzsichernden Lohnes. Deshalb müssen neben der Politik auch die Unternehmen selbst dringend auf bessere Löhne hinwirken.
Sicherere Jeans-Fabriken durch Bangladesh Accord
Gut sechs Jahre ist es nun her, dass der Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Bangladesch die Branche erschütterte. Seither hat der "Bangladesh Accord" die Fabriken sicherer gemacht. Aber es gibt noch viel zu tun. Auch 2019 starben in Bangladesch bereits dutzende Menschen bei Fabrikbränden.
In unserem Jeans-Test haben mehr als die Hälfte der Unternehmen den Bangladesh Accord unterzeichnet und damit Engagement belegt. Unterzeichnen Unternehmen nicht, zum Beispiel weil sie gar nicht in Bangladesch produzieren, sollten Jeans-Anbieter ein aussagekräftiges Sicherheitszertifikat mitschicken.
Undurchsichtige Zulieferketten bei Anbietern im Test
Vom Baumwolllieferant bis zur Produktionsstätte: In unserem Test kann oder will kein Anbieter die komplette Lieferkette der gekauften Jeans nachvollziehbar machen. Ein paar sind aber zumindest nahe dran, sie belegen Geschäftsbeziehungen für alle Stufen außer Baumwollanbau und Entkörnung. Leider noch zu wenige. Textilfirmen sollten Verbraucher offen darüber informieren, damit diese die Infos beim Jeans-Einkauf berücksichtigen können.
Über ihr Einkaufsverhalten beeinflussen Unternehmen die Bedingungen in den Textilfabriken – positiv wie negativ. Denn: Langfristige Zulieferverträge sorgen eher für gute Arbeitsbedingungen. Kurzfristige Bestellungen hingegen setzen die Betriebe und so auch die Beschäftigten unter Druck.
Im Jeans-Test beziehen sich nur drei Unternehmen bei der Einkaufspraxis auf ihre Mitgliedschaft in der Fair Wear Foundation (FWF), die wir hier als Goldstandard ansehen. Grund: Die FWF bewertet die Einkaufspraxis ihrer Mitglieder unabhängig und veröffentlicht sie.
Jeans-Test: Hohe Umweltstandards sind selten
Färben, Bedrucken, Waschen – die Jeans-Produktion ist chemikalienintensiv und verdreckt die Umwelt im großen Stil, zum Beispiel Chinas Flüsse. Umso wichtiger sind hohe Umweltstandards. Führend ist hier das GOTS-Siegel. Naturfasern müssen aus kontrolliert-biologischem Anbau stammen und für die weitere Produktion gelten hohe ökologische Kriterien.
Im Test liegen drei Jeans dank GOTS-Siegel vorn. Fünf weitere Jeans-Anbieter haben immerhin die Greenpeace Detox-Verpflichtung unterzeichnet, die ebenfalls hohe Standards setzt oder den GOTS-Standard für einen Teil der Lieferkette belegt.
Neben dem Global Organic Textile Standard (GOTS) gibt es weitere Siegel, Abkommen und Initiativen, die Hinweise auf die Einhaltung von Sicherheits- sowie Umweltstandards, faire Löhne und die Einkaufspolitik von Unternehmen geben. Hier finden Sie eine Übersicht: Was Siegel, Abkommen und Initiativen über Jeans-Marken verraten.
ÖKO-Test rät: Tipps für den Kauf von Jeans
- Orientieren Sie sich beim Jeans-Kauf an den Siegeln der Fair Wear Foundation und von GOTS. Der Global Organic Textile Standard setzt hohe Umweltschutz-Maßstäbe, die Fair Wear Foundation steht für anspruchsvolle Sozialstandards.
- Empfehlen können wir auch den Einkauf bei nachhaltigen Onlinehändlern. Avocadostore.de oder waschbaer.de prüfen Ihr Sortiment auf faire und umweltgerechte Produktion.
- Waschen Sie Bluejeans vor dem ersten Tragen. So entfernen Sie Schadstoffrückstände aus der Produktion.
- Waschen Sie Jeans getrennt von anderer Kleidung, da sie abfärben können. Zum Waschen immer auf links drehen, damit die Farbe länger hält.
Diesen Test haben wir erstmals im ÖKO-TEST Magazin 8/2019 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch 2020 im Oktober 2019, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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