- Wir haben 19 gebrühte Grillwürste aus Schweinefleisch getestet. Im Fokus: Inhaltststoffe, Geschmack und Tierwohl.
- Zwei Grillwürste im Test schneiden mit "sehr gut" ab.
- Auffällig: Die Mehrheit der Bratwürste ist mit Mineralölbestandteilen verunreinigt.
- Viele Schweine leiden: Die Haltungsbedingungen der Tiere sind häufig nicht artgerecht.
Mund auf, Augen zu: Wer in ein aromatisch duftendes, knusprig gegrilltes Würstchen beißt, mag genussvoll die Augen schließen. Wer sich mit ebenso viel Appetit über jede Bratwurst hermacht, kneift vermutlich bewusst die Augen zu – um die Realität auszublenden. Denn die liefert vom Schwein bis zum Rost alles andere als schöne Bilder und tierwohlige Fakten. Neben der Schweinehaltung ist auch Mineralöl ein Problem. Das zeigt unser Test.
Grillwurst im Test: Ergebnis könnte besser sein
Wir haben 19 Grillwürste aus Schweinefleisch analysieren und verkosten lassen – darunter neun Bio-Produkte. Außerdem haben wir abgefragt, was für ein Leben die Tiere vor ihrem Dasein als Wurst hatten und wie transparent und nachhaltig Landwirte, Schlachtereien und Anbieter arbeiten. Das Ergebnis? Könnte besser sein.
So schlagen nicht nur die beklagenswerten Haltungsbedingungen auf den Magen. Auch die vom Labor gefundene Mineralölbestandteile verderben zusätzlich den Appetit. Zwölf der 19 Bratwurst-Proben sind mit gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen (MOSH/MOSH-Analoge) verunreinigt – das Bio-Produkt von Packlhof sogar in einer Menge, die wir als "stark erhöht" einordnen.
Mineralöl als Problem in vielen Grillwürsten
MOSH können sich im Körper anreichern – was das für die menschliche Gesundheit bedeutet, ist noch völlig ungeklärt. Wir finden: Sie haben nichts in Lebensmitteln zu suchen.
Eine mögliche Quelle für die Mineralöleinträge sind Schmierstoffe an Maschinen, die in der Wurstproduktion eingesetzt werden. Sie können aber auch über Wursthüllen, Gewürze oder Kräuter in die Grillwürste gelangen.
Rostbratwurst mit Hygieneproblem
Grünes Licht gibt es, was die Keimbelastung angeht. Lediglich eine Bratwurst im Test überschreitet den Richtwert für sulfitreduzierende Clostridien: In dieser Menge machen die Keime zwar nicht unbedingt krank, der Fund deutet aber auf mangelnde Hygiene hin.
Möglicherweise wurden die Bratwürste nicht ausreichend gekühlt. Für den Hersteller sollte das Anlass sein, seinen Produktionsprozess zu überprüfen. Abgesehen davon fand das Labor in den Proben keine krankmachenden oder antibiotikaresistenten Keime.
Phosphate und zu viel Salz in der Kritik
Unnötige Zusätze kritisieren wir dagegen mehrfach im Grillwurst-Test. Bis auf die Bio-Würste und eine weitere Bratwurst enthalten alle Grillwürste Phosphate. Die machen als Stabilisatoren das Wurstbrät geschmeidiger. In Bio-Lebensmitteln ist dieser Zusatz verboten.
Zugesetzte Phosphate können den Phosphatspiegel im Blut erhöhen, was vor allem für Menschen problematisch ist, deren Nierenfunktion beeinträchtigt ist.
Außerdem steckt aus unserer Sicht in sechs Bratwürsten zu viel Salz. Mit einer dieser Würste hat man teilweise schon ein Drittel der Höchstmenge an Salz intus, die die Deutsche Gesellschaft für Ernährung pro Tag empfiehlt. Dass auch weniger gesalzene Grillwürste sensorisch überzeugen, zeigt der Test.
Wie schmecken die Grillwürste im Test?
Apropos Geschmack. Wie schmecken die Produkte im Test? Kurz gesagt: So wie Bratwürste schmecken sollen. Um das zu beurteilen, hat sensorisch geschultes Laborpersonal die Produkte gegrillt, verkostet und für fehlerlos erachtet.
Echtes Tierwohl: Es muss noch viel passieren
Kommen wir zum Tierwohl. Abgeschnittene Ringelschwänze; zusammengepferchte Tiere, die ihren Stall einzig auf dem Weg zum Schlachthof verlassen; Schweine, die auf Spaltenböden stehen und die Ammoniakdämpfe ihrer Exkremente einatmen; Gen-Soja im Futtertrog und breitflächig eingesetzte Antibiotika...
Alles gesetzeskonform, alles Standard – jedenfalls für die allermeisten Schweine, die als Bratwurst auf dem Grill oder in der Pfanne landen. Und daran wird auch das jüngst vorgestellte staatliche Siegel zur Tierhaltungskennzeichnung kaum etwas ändern.
Anbieter der Würstchen überwiegend transparent
Um zu überprüfen, wie die Haltungsbedingungen der Tiere sind, die für die Grillwürste im Test verarbeitet werden, haben wir den Anbietern Fragebögen geschickt. Fast alle haben diese ausführlich beantwortet und nachvollziehbar belegt.
"Erfreulich und überraschend fand ich, wie klar und umfangreich viele der beteiligten Firmen, auch die Schlachtereien und großen Handelskonzerne, Nachhaltigkeitsziele in ihrer Unternehmensstrategie verankert haben", sagt Axel Wirz vom Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL), der die Fragebögen mit uns ausgewertet hat.
Ausnahme: Die Rückmeldungen eines Herstellers und des dazugehörigen Schlachtbetriebs waren so lückenhaft, dass wir sie als "keine Angaben" einstuften. Transparenz sieht anders aus.
Verhaltensstörungen durch Platzmangel, Stress & Co.
Von "Schwein gehabt" bis "arme Sau" ist mit Blick auf die Haltungsbedingungen der Tiere alles dabei. Während die Bio-Schweine Auslauf und mehr Platz haben, fristen die konventionell gehaltenen Tiere ihr kurzes Leben dichtgedrängt in engen Buchten – ohne Auslauf, Frischluft und mit wenig Beschäftigungsmaterial.
Doch Platzmangel, Stress oder Langeweile führen bei Schweinen zu Verhaltensstörungen wie dem blutigen Schwanzbeißen. Daher wird Ferkeln in der industriellen Schweinehaltung routinemäßig die Spitze des Ringelschwanzes abgeschnitten. Den Bio-Schweinen wird die schmerzhafte Prozedur erspart.
Auch Leben der Bio-Schweine ist nicht rosarot
Doch ganz ferkel-rosarot ist auch so ein Bio-Schweineleben nicht. So werden auch in der Bio-Branche männliche Tiere kastriert, um zu verhindern, dass Eberfleisch mit seinem strengen Geschmack in Umlauf kommt. "So lange die Deutschen ihre Vorlieben da nicht ändern, wird das auch so bleiben", vermutet Axel Wirz vom FiBL.
Ebenfalls gang und gäbe bei den "Bios": Impfungen gegen Krankheiten wie die Ödemkrankheit, die sich durch bessere Haltungsbedingungen verhindern ließen.
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Zwei Grillwürste im Test sind "sehr gut"
Das Ergebnis des Tests: Zwei Grillwürste schneiden "sehr gut" ab. Sie enthalten keine bedenklichen Inhaltsstoffe, die Anbieter zeigen sich transparent und bemühen sich um bessere Haltungsbedingungen. Bedeutet: Die dafür verarbeiteten Schweine haben weitgehend artgerecht gelebt.
Und wie sieht es mit dem Rest aus? Viele Grillwürste im Test sind nur mittelmäßig, ein Produkt schneidet mit "mangelhaft" ab.
Antibiotikaresistenzen als tierisches Problem
Wenn es um Fleisch und Schweinehaltung geht, müssen wir auch über Antibiotikaresistenzen sprechen. In 35 von 44 Abwasserproben, die Greenpeace Anfang 2022 in unmittelbarer Nähe von Schlachthöfen genommen hatte, fanden sich multiresistente Keime. Dieser Fund ist alarmierend.
Gegen solche Bakterien sind gleich mehrere Antibiotika nicht mehr wirksam. Schlimmer: In acht der Schlachtabwässerproben wurden Keime gefunden, die gegen das Reserveantibiotikum Colistin resistent sind.
Reserveantibiotika werden erst dann eingesetzt, wenn andere Antibiotika nicht mehr wirken. Das ist laut Weltgesundheitsorganisation WHO immer häufiger der Fall. "Antibiotikaresistenzen sind eine der größten Herausforderungen für die globale Gesundheit", mahnt auch Eckhart von Hirschhausen.
Der Arzt und Fernsehmoderator setzt sich mit anderen Prominenten, Expertinnen und 25 Verbänden aus Medizin, Umwelt- und Tierschutz für ein Verbot von Reserveantibiotika in der industriellen Tierhaltung ein. Sie fordern von der Politik, "alle Möglichkeiten zu nutzen, um die Wirksamkeit von Reserveantibiotika sicherzustellen und die Resistenzentwicklung zu bremsen".
Schweinehaltung: Gabe von Antibiotika ist Standard
Im Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) wurde der Appell gehört: "Das BMEL setzt sich in Brüssel dafür ein, dass Colistin künftig für die Anwendung in der Tierhaltung verboten wird", teilte eine Sprecherin auf Anfrage von ÖKO-TEST mit. Für den Fall, dass sich die EU-Kommission gegen ein Colistin-Verbot ausspricht, behält sich das BMEL vor, "nationale Regelungen zu prüfen".
Auch wenn wir in unserem Test keine antibiotikaresistenten Keime in den Grillwürsten gefunden haben – unsere Abfrage bei Anbietern, Mästern und Landwirten zeigt klar, dass die vorbeugende Gabe von Antibiotika in der konventionellen Schweinehaltung Standard ist.
Das wird es wohl auch bleiben, solange sich an den Bedingungen in den Ställen nicht grundlegend etwas ändert. Solange Schweine beispielsweise ausschließlich auf Spaltenböden stehen und so dauerhaft die Dämpfe ihrer Extremente einatmen – und daher prophylaktisch Antibiotika etwa gegen Lungenentzündung bekommen.
Übrigens: Auch in der Bio-Haltung werden Antibiotika zum Teil vorbeugend eingesetzt, Standard ist die vorbeugende Gabe jedoch nicht.
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