13 Kunststoff-Teppichböden im Test

Von der Rolle

Handbuch Bauen, Wohnen, Renovieren | | Kategorie: Bauen und Wohnen | 02.11.2012

13 Kunststoff-Teppichböden im Test

Die Schadstoffbelastung der Kunststoffteppichböden in unserem Test hielt sich in Grenzen. Doch leider zeigte sich, dass man den Angaben zu Beanspruchungs- und Komfortklasse nicht immer trauen kann. Hier stapeln die Hersteller ab und an ein bisschen zu hoch.

Parkett passt nicht ins Budget, Laminat ist zu ungemütlich. Ein schallschluckender Boden wäre gut - etwas Dämpfendes, Warmes. Das Verlegen soll kein wochenfüllendes Programm werden, und außerdem: Wer weiß, wie lange man noch in der Mietwohnung wohnt? Große Investitionen verkneift man sich da lieber.

Viele Gründe sprechen für einen Teppichboden aus Kunststofffasern. Die Modelle sind mit teilweise weniger als zehn Euro pro Quadratmeter unschlagbar günstig und dennoch mit einer Beanspruchungsklasse gekennzeichnet, die viel erwarten lässt. Knapp 90 Millionen Quadratmeter sogenannter Tuftingteppiche werden Jahr für Jahr in Deutschland verlegt. Auch wenn das Laminat in den vergangenen dreißig Jahren stark aufgeholt hat: Der klassische Velours- und Schlingenboden hat noch immer die Nase vorn.

Zu Naturfaserteppichböden aus Ziegenhaar oder Wolle greift der Verbraucher nur selten. Das Stück Natur zu Hause macht zwar optisch was her, sorgt für ein schönes Raumklima, dämmt Schall besonders gut, das natürliche Wollfett wirkt schmutzabweisend. Aber Naturfaserteppiche kosten eine ganze Stange mehr als die synthetische Konkurrenz.

Wir wollten wissen, wie es um die Schadstoffbelastung von Synthetikteppichböden steht und ob sie wirklich so strapazierbar und komfortabel sind, wie die Hersteller es versprechen. Im Test: 13 Veloursteppichböden in Naturtönen, darunter Produkte aus dem Fachhandel und aus Baumärkten; das Preisspektrum bewegte sich zwischen circa 9 und 67 Euro für den Quadratmeter.

Das Testergebnis

Die Schadstoffbelastung der Böden hielt sich in Grenzen. Es sind vor allem die Bleigehalte sowie die mögliche elektrostatische Oberflächenspannung, die zur Abwertung führen. Bei den Praxisprüfungen zeigte sich, dass etwa die Hälfte der Anbieter zu hoch stapelt, was die Strapazierfähigkeit oder Luxusqualität ihrer Böden angeht.

Bei der Suche nach dem richtigen Teppich ist eine Frage das A und O: Wo soll er liegen? Ein Boden im Flur muss ziemlich viel aushalten können; im Schlafzimmer hingegen spielt womöglich eher eine Rolle, dass der Boden sich dicht und weich anfühlt. Etliche Teppiche halten nicht, was die Infos beim Einkauf, also das technische Datenblatt, versprechen. Diva Fb. 44 von Associated Weavers, Flair/Toskana Sand 27 von Neodon und Dancer VR 89-wool von Billermann geben eine höhere Beanspruchungsklasse an, als die Prüfung ergab. Bei der Prüfung in der Vetterman-Trommel, mit der die Aussehensveränderung nach mehreren Jahren Nutzung simuliert wird, schnitten sie schlechter ab, als die Norm für die angegebene Klasse erlaubt. Hier können sich früher als erwartet Laufstraßen bilden.

Bei der Überprüfung der Komfortklasse geht es darum, wie viele Noppen sich im Velours verbergen und wie schwer und dick die Nutzschicht tatsächlich ist. Letztlich ist es Geschmacksache, wie dick und samtig man es mag. Dennoch müssen die Produkte die ausgewiesene Klasse erfüllen. Einig...

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Der Einkauf

So schön Naturfaserteppiche sind: Sie machen nur einen Bruchteil der Millionen Quadratmeter Teppichböden, die in Deutschland jährlich verlegt werden, aus. Meist entscheiden sich die Kunden für die Synthetikvariante. Derzeit sind helle Naturtöne besonders gefragt, weshalb wir Veloursböden in Beige- bis Brauntönen eingekauft haben. Die Böden sollten strapazierfähig sein und mindestens die Beanspruchungsklasse 22 tragen, bei der Komfortklasse waren wir flexibler. Die ÖKO-TEST-Einkäufer waren im Fachhandel und in verschiedenen Baumärkten unterwegs. Echte Eigenmarken sucht man bei den Baumärkten vergebens - in der Regel findet man dort günstige Anbieter wie Billermann oder Inver. Oder man vertreibt günstige Produkte großer Hersteller, allerdings unter eigenem Namen. So kommt es, dass wir drei Modelle des Herstellers ITC im Test haben: Eines bestellten wir im Fachhandel, zwei kauften wir bei Baumärkten ein.

Die Materialprüfung

Veloursteppichböden werden im Tuftingverfahren hergestellt. Dabei wird das Garn in das vorgefertigte Trägermaterial eingestickt, in der Regel ein Gewebe oder Vlies aus Polyester oder Polypropylen. Von unten werden die Fäden mit einem Klebstoff fixiert. Da kann einiges an problematischen Stoffen zusammenkommen, weshalb wir die Böden ein straffes Programm haben durchlaufen lassen, etwa auf Weichmacherphthalate und Flammschutzmittel. Über die Oberflächenbehandlung oder den Färbeprozess können umstrittene halogenorganische Verbindungen in die Teppiche gelangen, über die Farben allergisierende Dispersionsfarbstoffe oder krebserregende Azofarbstoffe, aber auch Schwermetalle.

Zum Teil können die verarbeiteten Stoffe natürlich auch ausgasen, weshalb wir eine Messung von flüchtigen organischen Verbindungen beauftragt haben. Darüber hinaus wollen wir wissen, wie stark sich der Boden bei üblicher Reibung mit Socken, nackten Füßen oder Schuhsohlen elektrostatisch auflädt - eine Standardprüfung bei ÖKO-TESTs von Bodenbelägen.

Der Praxistest

Wie sieht der neue Teppichboden in ein paar Jahren aus? Die DIN-Norm EN 1307 sieht zwei Prüfungen vor, die die zu erwartende Abnutzung simulieren. Die Ergebnisse dienen dazu, die Teppiche einer Beanspruchungsklasse zuzuordnen - oder auch nicht. Bei der Tretradprüfung wird der Boden auf Verschleißerscheinungen getestet. Die vier besohlten "Füße" des Tretrads laufen auf einer Teppichbahn vor und zurück, 2.000 Mal. Dann wird gemessen, wie viel Material der Teppich verloren hat. Bei der Aussehensveränderung wird geprüft, ob die Oberfläche des Velours noch lange samtig aussieht und ihre Farbe behält. Dafür wird das Innere der Vetterman-Trommel, die man sich wie ein Hamsterrad vorstellen muss, mit dem jeweiligen Teppichboden ausgekleidet. Das Rad dreht sich, unten rollt eine Stahlkugel mit Kunststoffnoppen hin und her. Nach 5.000 Umdrehungen begutachten fünf Sachverständige, wie sich Oberseitenstruktur und Farbe verändert haben - nach 22.000 Umdrehungen noch einmal. Für die Bestimmung der Komfortklasse wird der Produkt­aufbau geprüft. Je mehr "Luxus-Krönchen" ein Produkt trägt, desto mehr Material muss zum Einsatz gekommen sein, was sich natürlich auch am Preis bemerkbar macht. Die Prüfer kontrollierten deshalb Gewicht und Höhe der Nutzschicht, sowie die Anzahl der Noppen pro Quadratdezimeter. Dann wurde verglichen: Hält der Boden, was uns beim Einkauf versprochen wurde?

Die Bewertung

Bodenbeläge nehmen viel Raum in einer Wohnung ein. Bestenfalls tun sie das schadstofffrei. Nicht weniger wichtig ist, dass ein Teppichboden die sieben bis zehn Jahre, die er seinen Besitzern im Schnitt zu Füßen liegt, ohne größere Blessuren übersteht. Die Kunden müssen sich hierbei auf die Infos verlassen können, die sie beim Kauf des Bodens erhalten. Halten die Böden nicht der Beanspruchung stand, die versprochen wird oder wird bei der Komfortklasse zu hoch gestapelt, so gibt das Punktabzug. Alles in allem kann ein Boden nicht besser sein als sein schlechtestes Einzelergebnis.