- Der Blumenkräuter-Rasen setzt sich aus den verschiedensten Samenarten zusammen und ist die natürliche Alternative zur Grasmonokultur.
- Anfang April ist der beste Zeitpunkt für die Einsaat.
- Zu Beginn ist regelmäißiges Mähen wichtig, weil es die Entwicklung des Blumenkräuter-Rasens fördert. Danach wird nach Bedarf und ästhetischen Ansprüchen gemäht.
Die Geschichte unseres heutigen Rasens beginnt mit den alten Weidelandschaften früherer Jahrtausende und zieht sich bis in die Englischen Landschaftsgärten der Aufklärung. In ihnen galt das Ideal der lebendigen Natur statt barocker Strenge. Für die Bonner Diplom-Biologin Ulrike Aufderheide sind diese historischen Vorbilder ein Schlüssel zum Verständnis dafür, wie ein schöner, robuster Familienrasen auch heute aussehen kann.
"Ein typischer Schurrasen bereitet den meisten Hobbygärtnern vor allem Arbeit und Probleme", sagt Ulrike Aufderheide. "Dabei ginge es viel einfacher und ökologisch wertvoller, wenn man einen artenreichen Blumenkräuter-Rasen anlegt – ein Rasen wie er früher aussah."
Die Gartenplanerin kennt sich bestens aus an der Rasenkante. Sie ist Vorstandsmitglied im deutschlandweit aktiven Natur- Garten e.V., sie engagiert sich in der Umweltbildung und plant mit ihrem Büro "Calluna-Naturgarten" Gärten und Grünflächen. Und sie hat etliche Fachbücher zum naturnahen Gärtnern geschrieben.
Ein Blumenkräuterrasen bereichert die Artenvielfalt
Eines ihrer Lieblingsthemen ist die Anlage eines Blumenkräuter-Rasens – weil er die Artenvielfalt extrem bereichert und zugleich sehr robust ist. "Der Blumenkräuter-Rasen ist die natürliche Alternative zur Grasmonokultur und ein so vielseitiger Rasen wie früher – bevor begonnen wurde, die Flächen mit Herbiziden und Fungiziden zu behandeln."
Zudem ist er viel resilienter gegen Trockenheit. Er setzt sich aus verschiedensten Samenarten zusammen, die teils sofort und teils erst nach Monaten keimen. "Die ruhenden Samen sorgen dafür, dass sich die Fläche auch nach Trockenperioden gut regeneriert", sagt Ulrike Aufderheide.
Tipps zum Einsäen des Blumenkräuterrasens
Wann ist der beste Zeitpunkt für die Einsaat?
Anfang April, wenn sich die Böden ausreichend erwärmen und lockern und der Löwenzahn beginnt zu blühen, sei der beste Zeitpunkt für die Einsaat des Blumenkräuterrasens.
Welche Fläche eignet sich am besten?
Für eine neue Fläche sei eine abgefräste Schwarzbrache ideal, von der alte Grassoden komplett entfernt wurden.
Woher bekomme ich passende Saatgutmischungen?
Für die Einsaat halten spezialisierte Anbieter extra Saatgutmischungen bereit. Die Kampagne "Tausende Gärten – Tausende Arten" der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft 1822 e.V. will der mangelnden Verfügbarkeit einheimischer Wildpflanzen ein Angebot entgegensetzen und bietet spezifische Mischungen für verschiedene Regionen Deutschlands. Sie sind im kooperierenden Handel erhältlich.
Die Kampagne wird über das Bundesprogramm "Biologische Vielfalt" vom Bundesamt für Naturschutz gefördert. Auch Mitgliedsbetriebe des Natur-Garten e.V. bieten Saatgutmischungen für Blumenkräuter-Rasen an. Listen finden Sie unter Fachbetriebe und Mitgliedsbetriebe des Vereins.
Worauf muss ich beim Einsäen achten?
Das Saatgut kann mit feuchtem Sand gemischt werden, damit es nicht vom Winde verweht wird und gut sichtbar ist. "Das Saatgut darf nicht eingeharkt werden, denn die meisten Wildkräuter sind Lichtkeimer", betont Ulrike Aufderheide. Stattdessen wird die Fläche nur mit einer Walze oder einer Schaufel angedrückt.
Wer nur Bereiche eines vorhandenen Rasens umgestalten will, kann auf quadratmetergroßen Teilflächen einzelne Soden herausstechen und dort neu einsäen. Blumen, die dort wachsen, breiten sich dann langsam in die artenarme Fläche aus.
Spielen und Feiern ist auf Blumenkräuter-Rasen erlaubt
Wann kann der Blumenkräuter-Rasen genutzt werden?
Im ersten Jahr darf eine neue Fläche erst belastet werden, wenn eine fast geschlossene Pflanzendecke entstanden ist, empfiehlt die Expertin. Das dauert je nach Standort zwei bis sechs Monate. Regelmäßiges Mähen fördert die Entwicklung. "Danach mähen wir nach Bedarf und ästhetischen Ansprüchen", sagt Ulrike Aufderheide.
Spielen, Toben und Feiern sind auf diesen Wiesen ausdrücklich erlaubt. Denn Blumenkräuter-Rasen seien mit den alten Weiden für Nutzvieh vergleichbar und extrem robust. Um gut zu wachsen und zu gedeihen, brauchen sie sogar ein aktives Leben: "Die Nutzung und Mahd durch den Menschen ersetzt die Weidetiere", sagt Ulrike Aufderheide. Anders gesagt: Auf Wiesenarten, über die einst schon Wildpferde und Auerochsen gezogen sind, müssen die Menschen auch heute kein schlechtes Gewissen haben.
Was gilt es beim Mähen zu beachten?
Beim Mähen sollte immer ein Teil der Grasfläche stehen bleiben, wie bei einem Mosaik. "Bei jeder Mahd", sagt die Biologin, "kann man sich einen neuen Garten mähen."
Sitzecken im Garten naturnah gestalten
Auch Sitzplätze und andere Nutzflächen im Garten lassen sich naturnah gestalten. "Funktionsflächen sind Lebensräume", sagt Gartenplanerin Aufderheide. Um einen gut befestigten Platz anzulegen, könne man Schotter ausbringen und mit einem Stampfer gut verdichten, darüber Perlkies oder Grünkompost verteilen und spezielle Wildpflanzen ansäen. So entstehen schöne Plätze und zugleich Biotope für wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten, Insekten und blühende Kräuter.
Als Sitzgelegenheit biete sich ein dicker Baumstamm an, der irgendwo in der Nachbarschaft oder am Waldrand gefällt wurde. Im Garten wird das Totholz-Mobiliar zum Lebensraum für viele Insektenarten.
Weiden bieten Schutz und sind ökologisch wertvoll
Zum Schutz vor Wind, Sonne oder fremden Blicken empfiehlt die Biologin einen Paravent aus frisch geschnittenen, grünen Weidenzweigen, die im Frühjahr bei der Kopfweidenpflege gut zu bekommen seien.
Sie werden in einen 30 Zentimeter tiefen Graben im Boden gesteckt, der hinterher wieder verfüllt wird. Aufderheide: "Die Weiden nehmen nicht viel Platz ein, bieten sofort Schutz und sind ökologisch wertvoll." Im ersten Jahr müssten sie allerdings täglich gegossen werden, bis sie anwachsen.
Ruhige Plätze kann man auch mit Beerensträuchern, Wildrosen und Ranken einfassen. "Für alle, die gern naschen, sind Beerensträucher eine prima Idee", sagt Ulrike Aufderheide. "Sie sind wichtig für Pflanzen und Tiere – und die Regelkreise der Natur sorgen für uns."
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