Bier zu Hause selbst zu brauen, ist in Deutschland nicht nur erlaubt, es besitzt auch eine lange Tradition. Mindestens seit dem frühen Mittelalter habe es eng mit dem Backen zusammengehangen und üblicherweise der Selbstversorgung gedient, schreibt die Volkskundlerin Dr. Birgit Speckle. Nicht umsonst singt das Rumpelstilzchen: "Heute back' ich, morgen brau' ich..." Gegenwärtig erfreut sich das Selberbrauen im Windschatten eines allgemeinen Trends zum Selbermachen steigender Beliebtheit. "Es gibt Tausende Hobbybrauer in Deutschland. Und ihre Zahl wird noch eine Zeit lang steigen, auch aufgrund der Bierbrausets", schätzt Pascal Collé von der Vereinigung der Haus- und Hobbybrauer in Deutschland, einer Art Dachverband für mehrere lokale Braugruppen.
Die Anbieter von Bierbrausets versprechen Laien, in relativ kurzer Zeit mit überschaubarem Aufwand eigenhändig Bier brauen zu können. Einerseits wollen sie ein Brauerlebnis vermitteln, an dessen Ende ein handgemachter Erfolg steht: das eigene Bier. Andererseits gilt es, den komplizierten Brauvorgang für Anfänger möglichst einfach zu gestalten. Alle Sets bestehen mindestens aus einem Gärbehälter, Hopfen, Malz, Hefe und einer Anleitung. Unterschiede gibt es zum einen in der Art der Zutaten; auf den Internetseiten der Anbieter können Kunden zwischen Pils, Weizen und anderen Sorten wählen. Zum anderen variiert der Schwierigkeitsgrad, denn die Zutaten kommen in unterschiedlichen Verarbeitungsstufen beim Hobby-brauer an. In manchen Sets liegt das Malz geschrotet bei, man muss es selbst zur Würze verarbeiten. Andere Anbieter nehmen ihren Kunden diesen Schritt ab und liefern zähflüssige oder pulverisierte Malzextrakte. Verbraucher geben hier nur noch Hopfen und Hefe selbst bei. Und wieder andere liefern fertige Würzekonzentrate, die sogar bereits den Hopfen beinhalten. Man muss diese nur noch mit Wasser verdünnen, erhitzen und vergären.
Doch lässt sich mit solchen Instantmethoden tatsächlich gutes Bier brauen? "Ich erwarte von Bierbrausets maximal mittlere Qualität", meint Hubert Hanghofer, Chemiker und Diplom-Biersommelier. "Die Würze ist nicht frisch, sondern eingedickt. Dabei kann sie durch den Kontakt mit Sauerstoff belastet werden", erklärt der Bierexperte. Ein weiterer Qualitätsverlust droht durch den Zusatz von Zucker. Traditionell ernährt sich die Hefe während des Gärprozesses vom Zucker und den Aminosäuren des Malzes. Doch viele Anbieter von Brausets setzen daneben auf handelsüblichen Zucker - günstig und für den Anwender relativ leicht zu dosieren. "Dies führt zu mostartigen Geschmacksnoten", sagt Hubert Hanghofer. Das Getränk schmeckt dann mehr nach Cider denn nach Bier.
Nun kann man argumentieren, dass die Erwartungen an selbstgebrautes Bier eher gering sind und es in erster Linie um den Spaß und das Ausprobieren geht. Mag sein, doch der Spaß ist kein billiger. Stolze sechs Euro pro Liter kostet etwa das Braufässchen des Münchner Start-ups Custo...