Wenn sie an den damals noch jungen und rebellischen Mick Jagger zurückdenkt, der Mitte der 60er-Jahre oberkörpfrei seine unerfüllte sexuelle Befriedigung herausposaunte, bekommt so manche Rockoma noch immer Hitzewallungen - und so manche Mama erleidet noch heute Schnappatmung, wenn sie an ihre Konzertbesuche bei den Backstreet Boys oder Take That zurückdenkt. Elvis, The Beatles, Nirvana oder Bushido: Jede Generation hat ihre Stars, die wiederum merklichen Einfluss auf ihre Fans ausüb(t)en. Heutzutage fällt das Künstlern und Newcomern durch die sozialen Medien besonders leicht.
Was die Stars von heute auf Youtube und Co. verbreiten, ist allerdings nicht immer unkritisch zu sehen. Ein negatives Beispiel gab im Mai dieses Jahres Julien Sewering auf seinem Kanal Juliens Blog ab. 1,2 Millionen Abonnenten hat er auf Youtube. In seinem Video, das laut Medienberichten in kurzer Zeit mehr als 200.000-mal angeklickt worden sein soll, tobt Sewering über die Streikwelle der Lokführergewerkschaft GDL. Sogar Holocaustvergleiche scheut er nicht. "Wisst ihr noch, wie die Juden mit Zügen nach Auschwitz transportiert wurden? Man sollte die Zugführer alle dahinbringen", kommentiert er, während Schwarz-Weiß-Bilder Juden bei ihrer Deportation zeigen. Nicht bei allen Fans stieß der Youtuber, der zu den beliebtesten in Deutschland gehören soll, auf Zustimmung - und das, obwohl er ansonsten für seine scharfen und beleidigenden Töne gefeiert wird. Andere hingegen schlugen sich auf die Seite ihres Idols. Leidenschaftlich und völlig unkritisch verteidigten sie ihn und den Beitrag in den sozialen Medien und Kommentarspalten diverser Zeitungswebsites. "Schwarzer Humor" sei das Anti-GDL-Video laut einer Stellungnahme Sewerings gewesen. Viele seiner Teeniefans kauften ihm das ab.
Spaßiger geht es bei anderen Videobloggern (kurz: Vlogger) zu, etwa bei Erik Range alias Gronkh, der Let's Play-Videos hochlädt und sein Publikum beim Zocken zuschauen lässt sowie bei den Comedy- und Musiktrios ApeCrime und Y-Titty. Eine gefeierte Youtuberin ist DagiBee. In ihren Videos spricht sie über Mode, gibt Stylingtipps oder zeigt ihrer Community, was sie in ihrer Handtasche herumschleppt. What's in my bag nennen sich solche Videos, in denen sie etwa ein nicht rezeptpflichtiges Grippemedikament vor die Linse hält, ihre Haarkur in den Himmel lobt oder sich mit einer pinken Bürste durch die Haare streicht. Die Markennennung darf da nicht fehlen.
Freilich sprechen DagiBee und Co. keine Kaufempfehlung offen aus. Dennoch: Große wie kleine Unternehmen sind längst hellhörig geworden bei Werbereichweiten innerhalb einer jungen Zielgruppe, die außerhalb dieser wachsenden Szene ihresgleichen suchen. Das ist dann wohl auch ein Grund, weshalb nur wenige Videos starten, ohne dass ein Werbeclip vorgeschaltet ist oder wenigstens davon unterbrochen wird. Abgerechnet wird nach Klickzahlen, der Youtuber entsprechend beteiligt. Wie sehr, bleibt trotz wilder ...