28 Ostprodukte im Test

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ÖKO-TEST November 2009 | | Kategorie: Essen und Trinken | 30.10.2009

28 Ostprodukte im Test

Nach der Wiedervereinigung haben sich viele Ostmarken einen Platz in den heimischen Supermarktregalen zurückerobert, einige auch in den alten Bundesländern. Wir haben anlässlich des 20. Jahrestages des Mauerfalls mehr als 25 Ostklassiker unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Viele Produkte schneiden mit "sehr gut" und "gut" ab.

Mit der DDR-Mark war am Samstag, den 30. Juni 1990, Schluss. Die fünf neuen Bundesländer wurden auf die D-Mark umgestellt. Doch als das Centrum-Warenhaus auf dem Berliner Alexanderplatz am darauffolgenden Montag die Türen wieder öffnete, war nicht nur die Ostmark weg, erinnert sich ein Studienkollege aus Halle, der die Wendezeit in Berlin erlebte. Weg waren auch die Tempo-Linsen, der Bautz'ner Senf, der Kuko Reis und alle anderen Ostmarken. Stattdessen standen die Regale randvoll mit Westprodukten.

Doch bereits 1991 ließ sich bei den Ostdeutschen eine Sehnsucht nach Waren aus der ehemaligen DDR ausmachen, schreibt der Historiker Dr. Rainer Gries in seinem Buch Vertrauen Kaufen. "Schon bald nach der Wendezeit tauchten typische Ostmarken wieder auf und eroberten sukzessive die Regale", bestätigt Dr. Volker Müller vom Institut für Marktforschung Leipzig.

Müller beobachtete die Warenwelt bis 1990 in der DDR und seither im vereinigten Deutschland. Der Leipziger Marktforscher erklärt, die Ostmarken mussten lernen, wie Marktwirtschaft funktioniert, wie man sich behauptet gegen die finanzstarke Westindustrie mit ihren Werbeprofis. Die Ostmarken befinden sich aus Marketingsicht heute in einer Phase, in der es darum geht, den Westen zu erobern und sich vom Ostimage zu emanzipieren. Geschafft haben das bisher erst wenige Ostklassiker. Etwa das Radeberger Pils oder Kosmetik der Marke Florena. Und auch das Waschmittel Spee ist eine der wenigen ostdeutschen Marken, die sich in den alten Bundesländern mit Erfolg durchsetzen konnte.

"Viele Unternehmenskonstrukte zeigen aber auch, dass die meisten Ostmarken in der Hand von Westunternehmen sind", erklärt Marktforscher Müller. Die Firmen aus den alten Bundesländern merkten bald, die üblichen Marktanteile sind im Gebiet der ehemaligen DDR nicht leicht zu holen. Ostklassiker und neue Ostprodukte sind aber gefragt. So kaufte im Jahr 1992 die bayerische Firma Develey Senf & Feinkost den Ostklassiker Bautz'ner Senf, die Firma Henkel griff zu Spee und Beiersdorf verleibte sich Florena ein. Hinter dem Radeberger Pils steht das Familienunternehmen Dr. Oekter in Bielefeld.

Wieso aber können sich einige Marken durchsetzen und andere nicht? Der Erfolg ist nicht zuletzt eine Frage des Geldes, das in die Modernisierung von Produktionsanlagen und Jobs investiert werden muss. Den Platz im Supermarktregal und die Einlistung bei den Handels- und Supermarktketten gibt es nicht umsonst, das kostet Gebühren und verpflichtet zu teurer Werbung. Mit starken Mutterkonzernen im Hintergrund ist das besser machbar.

Wir haben 28 Produkte, darunter 27 Lebensmittel aus dem DDR-Alltag sowie ein Einkaufsnetz, eingekauft und in die Labore geschickt.

Made in Ostdeutschland

Nach Umfragen des Instituts für Marktforschung Leipzig ist 64 Prozent der in Ostdeutschland Befragten wichtig, ob die Alltagsprodukte in der Region hergestellt sind oder nicht. Besonders die über 50-Jährigen (74 Prozent) achten auf "Made in Ostdeutschland", bei den 18 bis 30-Jährigen sind es noch 37 Prozent.

DDR-Alltagskultur

... zum Anfassen gibt es in folgenden Museen:

Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR, Erich-Weinert-Allee 3, 15890 Eisenhüttenstadt, www.alltagskultur-ddr.de, Dienstag bis Freitag von 13 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag 10 bis 18 Uhr, Eintritt, 3,00 Euro ermäßigt 1,00 Euro

DDR Museum Berlin, Karl-Liebknecht-Str. 1, 10178 Berlin, www.ddr-museum.de, Montag bis Sonntag von 10 bis 20 Uhr, Eintritt 5,50 Euro und ermäßigt 3,50 Euro

DDR Museum Wasapark, Wasastraße 50, 01445 Radebeul, www.ddr-museum-dresden, Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, Eintritt 7,00 Euro und ermäßigt 5,50 Euro.

Wichtige Wirtschaftszweige

In den fünf neuen Bundesländern erwirtschaftet die Lebensmittelbranche rund 23,7 Milliarden Euro und damit rund 15 Prozent des Gesamtumsatzes im produzierenden Gewerbe. Wichtige Wirtschaftszweige sind:

Brandenburg: Obst- und Gemüseverarbeitung, Mineralwasser, Erfrischungsgetränke

Mecklenburg-Vorpommern: Fisch-, Kartoffel-, Milchverarbeitung

Thüringen: Fleischverarbeitung

Sachsen: Milchverarbeitung, Brauwirtschaft

Sachsen-Anhalt: Frucht- und Gemüsesäfte

Berlin: Süßwaren, Kaffeeröstereien.

Ostprodukte im ÖKO-TEST-Magazin

Etliche neue Ostprodukte haben wir in diesem Jahr bereits unter die Lupe genommen. Bier von Radeberger, der Hasseröder Brauerei, der Brauerei Landsberg und von sieben weiteren Brauereien in den neuen Bundesländern ließen wir für unsere Augustausgabe (8/2009) analysieren und verkosten - mit jeweils "sehr gutem" Gesamtergebnis. Für das ÖKO-TEST-Magazin 9/2009 hatten wir u.a. frische Milch von Ökodorf Brodowin ("sehr gut"), Gläserne Meierei ("gut") und Hemme Milch ("befriedigend") eingekauft. Der Born Senf ("sehr gut"), der Bautz'ner Senf und der Jüteborger Senf (beide "gut") waren im Test Senf in unserer Juniausgabe (6/2009) dabei und mehr als 15 Mineralwassermarken aus Ostdeutschland haben wir für unsere Juliausgabe (7/2009) getestet. Diese Ausgaben des ÖKO-TEST-Magazins sind im Internet unter www.oekotest.de erhältlich.

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

20 Jahre Mauerfall - ein Jubiläum, das auch wir mit einem ganz speziellen Test würdigen wollten. Wir haben Ostklassiker wie Spreewald-Gewürz-Gurken und Nudossi Nuss-Nougat Crème eingekauft. So kamen wir auf 27 Lebensmittel, von denen es viele unter der gleichen Marken- oder Produktbezeichnung bereits in der DDR gab. Einige der Ostprodukte im Test waren jederzeit in der DDR erhältlich, andere Mangel- oder Bückware, wie das Wernesgrüner Pils, das vornehmlich für den Export produziert wurde. Knapp zwei Drittel der Ostprodukte haben wir in Frankfurt bekommen, rund ein Viertel haben wir in Berlin eingekauft und die Riesa Gold Traum Makkaroni-Chips und den Hansa Keks besorgten wir in Dresden. Ein Ostprodukt, das Einkaufsnetz aus der Kunstfaser Dederon, gab es nur in einem Spezialshop für Ostprodukte.

Die Testparameter

28 verschiedene Produkte testen, heißt auch genauso viele verschiedene Prüfprogramme durchzuführen. Süße und salzige Snacks, Nudeln und Knäcke wurden auf Schimmelpilzgifte, das Krebsgift Acrylamid oder den Fettschadstoff 3-MCPD-Fettsäureester untersucht, Getränke wie Bier und Cola auch auf bedenkliche Schwermetalle wie Arsen und Uran. Beim Sekt haben Profischmecker nicht nur Geschmack, Geruch, Aussehen und Farbe überprüft, sondern auch analysieren lassen, ob er Fremdkohlensäure oder zu viel konservierende Sulfite enthält. Bei den Milchprodukten gehörte die Keimbelastung zum Programm und beim Erdbeerquark eine Prüfung auf echtes Fruchtaroma und synthetische Aromastoffe.

Die Bewertung

So unterschiedlich das Prüfprogramm ist - die Bewertung orientiert sich meist an vergangenen Tests. Wir legen dabei den Schwerpunkt auf die Qualität der Inhaltsstoffe - ein Lebensmittel, das frei von Schadstoffen ist, ist uns wichtiger, als die Frage, ob professionelle Sensoriker Abweichungen von typischen Eigenschaften wie Geschmack, Farbe oder Konsistenz feststellen. Nicht zuletzt lässt sich über Geschmack immer streiten.